Anagramm

Das Anagramm, auch Letterkehr, Letterwechsel oder Schüttelwort, ist ein Wort oder eine Wortfolge, welche aus den Buchstaben eines anderen Wortes oder einer anderen Wortfolge gebildet wurde. Wesentlich ist, dass alle Buchstaben des ursprünglichen Wortes im späteren Anagramm verwendet werden. So wäre das Nomen Mehl ein Anagramm von Lehm, da es sich aus den gleichen Buchstaben zusammensetzt. Ähnlich sind Ambigramm und Palindrom. Ambigramme sind Wörter und Symbole, die in der üblichen Darstellung genauso aussehen, wie nach dem Drehen um 180°, wobei Palindrome Zeichenfolgen sind, die vorwärts und rückwärts identisch sind (bspw. Otto, Rentner, Lagerregal etc.).


Begriff

Der Begriff leitet sich vom griechischen anagraphein ab, was sich in etwa mit umschreiben übersetzen lässt. Folglich beinhaltet die Übersetzung grundsätzlich, worum es bei einem Anagramm geht. Einerseits ist es nämlich das tatsächliche Umschreiben eines Wortes, wenn dabei die Buchstaben neu angeordnet werden und weiterhin können Anagramme zur Verschlüsselung – also auch als Art der Umschreibung – gebraucht werden.

Das Ziel des Anagrammierens ist es also, dass durch die Umstellung ein neuer Sinn oder ein neues Wort entsteht. Als besonders kunstvoll gilt, wenn durch das Anagrammieren des ursprünglichen Wortes ein Begriff entsteht, der zum ursprünglichen in einer Beziehung steht. Schauen wir nun auf ein exemplarisches Beispiel:Beispiel eines Anagramms (Lampe zu Ampel)

Im obigen Beispiel wird ersichtlich, dass das Wort Ampel aus den Buchstaben des Wortes Lampe bilden lässt. Da hierbei sämtliche Buchstaben Verwendung finden, spricht man hierbei von einem Anagramm. Häufig lassen sich aus einem Wort oder einer Wortfolge verschiedene Wörter kreieren. Auch beim Nomen Ampel ist noch ein anderes Wort möglich: nämlich Palme. So sind Palme, Ampel und Lampe Anagramme voneinander.Ein weiteres Beispiel-Anagramm

Die Anagrammisierung von Lampe, Ampel und Palme lässt ganze Wörter entstehen. Als einfachste Form des Anagramms gilt allerdings der Buchstabendreher. Als solcher gelten Wörter, bei denen einzelnen Buchstaben verdreht sind oder auch einzelne Silben vertauscht wurden, wie etwa in arseitblos (arbeitslos), Batendank (Datenbank) oder Mammelsappe (Sammelmappe), was häufig die Folge von Versprechern ist.

Anagramme als Verschlüsselung und Rätsel

Es wurde beschrieben, dass es ein Ziel der Anagrammisierung ist, aus einem Wort oder einer Wortfolge ein anderes Wort oder eben eine andere Wortfolge zu krieren, die Sinn ergibt. Das gilt aber nicht immer, denn mitunter kommen Anagramme auch als Rätsel oder als Verschlüsselung daher. Hierbei kommen mitunter Kunstwörter oder auch scheinbar sinnlose Buchstabenketten zum Einsatz.

Als Verschlüsselung sind solche Anagramme nahezu unknackbar, was darin begründet ist, dass aus einer Buchstabenfolge ausreichender Länge natürlich zahlreiche Möglichkeiten der Anagrammisierung entstehen. Denken wir etwa an die obigen Beispiele, wird ersichtlich, was hier das Problem ist: der Empfänger des Anagramms Lampe würde nicht eindeutig wissen, ob nun Palme oder eben Ampel gemeint ist. Erschwert wird das Ganze, da nicht immer bekannt ist, in welcher Sprache das Anagramm verfasst wurde.

Ein sehr populäres Beispiel für die Verschlüsselung durch Anagrammisierung stammt vom italienischen Philosophen, Mathematiker, Physiker und Astronomen Galileo Galilei. Als Galilei Erkenntnisse über den Planeten Saturn und dessen Ringe erlangte, tat er dies kurzerhand mit dem nachfolgenden Anagramm kund: SMAISMRMILMEPOETALEVMIBVNENVGTTAVIRAS. Seine Zeitgenossen konnten den Sinn, der dahinter steckt, allerdings nicht entschlüsseln, bis Galileo Galilei den lateinischen Klartext nannte: Altissimvm planetam tergeminvm observavi (dt: „Ich beobachtete den höchsten Planeten in dreigestaltiger Form“).

Galilei hielt die Ringe des Saturn zwar fälschlicherweise für Objekte links und rechts des Planeten, was Christiaan Huygens nur 45 Jahre später korrigierte. Gewissermaßen als Hommage an Galilei publizierte auch er seine Erkenntnisse über den Planeten in Form eines Anagramms, wobei er die Buchstaben des Klartextes in alphabetischer Sortierung angab, weshalb auch seine Beobachtungen vorerst nicht entschlüsselbar waren.Christiaan Huygens nutzte ein Anagramm, um die Ringe des Saturns zu beschreiben

In der Wissenschaft haben solche Veröffentlichung als Anagramm aber noch einen anderen Effekt, als die einfache Wortspielerei. Wer seine Thesen oder Erkenntnisse nämlich auf diesem Wege veröffentlichte, um unter Umständen nochmals die Richtigkeit der eigenen Behauptung zu überprüfen, konnte später – wenn der Klartext veröffentlicht wurde – zeigen, dass diese Erkenntnis bereits vorab gemacht wurde.

Dadurch konnte im Nachhinein zweifelsfrei bewiesen werden, dass man selbst der erste Wissenschaftler war, der ebendiese Erkenntnis hatte. Bei wissenschaftlichen Publikationen wird die erste Offenbarung eines wissenschaftlichen Ergebnisses als Priorität bezeichnet. Folglich diente das Anagrammisieren außerdem zur Sicherung der Priorität von wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Anagramm als Rätsel

Zwar wurde zuvor beschrieben, dass komplexe Wortfolgen, ganze Sätze oder Texte, welche mittels Anagrammisierung verschlüsselt wurden, nahezu unknackbar sind, aber trotzdem kommen solche Buchstabenspiele oftmals als Rätsel oder witzige Hommage zum Einsatz. Die Verdrehungen sind hierbei aber meist nicht ganz so komplex, wenn das Rätsel gelöst werden soll.

Vor allem auf der Rätselseite einer Zeitung oder in Rätselzeitschriften werden solcherlei Rätsel recht häufig gestellt. Oftmals gilt es hierbei anhand des Namens sowie des Wohnortes einer fiktiven Person den Beruf ebendieser Person zu erraten. Beispielsweise könnte ein solches Visitenkartenanagramm folgendermaßen lauten: Fr. Inge C. Sonst, Rheine. Daraus ließe sich die Berufsbezeichnung Schornsteinfegerin bilden, wohingegen Katerina Reit, Ems zur Karatemeisterin werden könnte.

Anagramm-Beispiele

Wort oder Wortfolge Anagramme
Lampe Ampel, Palme …
Mehl Helm, Lehm …
Subventionen Venus in Beton …
Asche Achse, Sache …
Brei Bier, Brie …
Eichel Leiche …
Kater Karte, Kreta …
Regen gerne, Genre, Neger …
Tor Rot, Ort …
Schaefchen Chefsachen …
Atheismus Mietshaus …
Einbrecher bereichern …
Gartenbeet abgeerntet …
Behoerdenbauten ohrenbetaeubend …
Zitronensaft Fronteinsatz …
Ferien feiern, Reifen …
Schaden Schande …
Leben Nebel, Elben …
Atlas Salat …
Anagramme aus Namen
William Shakespeare I’ll make a wise phrase (Ich werde eine weise Bemerkung machen)
Justin Timberlake I’m a Jerk, but listen (Ich bin ein Idiot, aber hör zu)
Albert Einstein Etablierte Sinn
Martin Luther Lehrt in Armut
Angela Merkel Karamelengel; klare Maengel; gare Kamellen; lange Makrele
Edmund Stoiber morbide Stunde
Pamela Anderson Das Paar Melonen
Elvis Lives (lebt)
Tom Cruise So I’m cuter (Also ich bin süßer)
Jennifer Aniston Fine in torn jeans (schön in zerrissenen Jeans)
Pseudonyme aus Anagrammen (Ananym)
Paul Ancel Paul Celan
Tom Vorlost Riddle … ist Lord Voldemort
Dracula Alucard
Giulia Siegel Giulia Legeis
Anagramme von Walter Moers
Hinweis: Der Autor Walter Moers nutzt in seinen Werken häufig Anagramme für die handelnden Figuren. Vor allem im Werk Die Stadt der träumenden Bücher kommen sie exzessiv zum Einsatz. Die sogenannten Buchlinge bilden hier oft ein Pendant zu einem Dichter.
Johann Wolfgang von Goethe Ojahnn Golgo van Fontheweg
Gottfried Keller Gofid Letterkerl
Edgar Allan Poe Perla La Gadeon
Rainer Maria Rilke Ali Aria Ekmirrner
Annette von Droste-Hülshoff Sanotthe von Rhüffel-Ostend
Kurt Schwitters T. T. Kreischwurst
Lord Byron Ydro Blorn
Selma Lagerlöf Göfel Ramsella
E.T.A. Hoffmann Fatoma Hennf
Dostojewski Woski Ejstod
Iwan Gontscharow Wonog A. Tscharwani
Oscar Wilde Orca de Wils
Honoré de Balzac Balono de Zacher
Friedrich Hölderlin Dölerich Hirnfidler
Adalbert Stifter Reta Del Bratfist
Hugo Ball Hulgo Bla
William Shakespeare Eseila Wimpershlaak
Victor Hugo Ugor Vochti
Hans Christian Andersen Nartinan Schneidhasser
Eduard Mörike Akud Ödreimer
Friedrich von Schiller Heidler von Clirrfisch

Mama rang und Anagramm

Ein weiteres Beispiel findet sich bei der bekannten Suchmaschine Google. Tippt man hier nämlich den Suchbegriff Anagramm in die Suchmaske ein, um eine Suche im Internet danach auszulösen, blendet die Suchmaschine über den Ergebnissen den Vorschlag Meinten Sie: mama rang ein, was als Witz der Entwickler gelten kann, da mama rang aus den gleichen Buchstaben wie Anagramm gebildet wird und somit selbst eines ist (→ ausprobieren!).Die Eingabe von Anagramm in die Google-Suche gibt den Vorschlag mama rang aus-

Ursprünge des Anagramms

Anagramme gibt es bereits seit Jahrtausenden und folglich lassen sich bereits in der Antike erste Buchstabenspiele dieser Art ausmachen. Als Erfinder oder auch Vater des Anagramms gilt Lykophron aus Chalkis, der mithilfe eines Anagramms dem König Ptolemaios II. schmeichelte.

Lykophron, ein griechischer Dichter und Grammatiker vertauschte hierfür einzelne Elemente des Namens des Königs, der auf griechisch Πτολεμαίος geschrieben wird. Lykophron formte daraus die Wortfolge απο μελίτος, was sich mit von Honig übersetzen lässt. Demzufolge huldigte er auf diesem Weg dem König durch die Anagrammisierung seines Namens.

Wenig später, als das Lateinisch die hauptsächliche Sprache der Literatur war, gab es ebenfalls allerhand kunstvolle Buchstabendreher. So findet sich in der Bibel eine Stelle (Joh 18,38 EU), wo Pontius Pilatus, ein Präfekt des römischen Kaisers, das Wort an Jesus Christus richtet und diesen fragt: Quid est veritas? (auf deutsch: Was ist Wahrheit?). In der Bibel selbst antwortet Jesus nicht und dennoch findet sich ein schönes Anagramm, das mit den Buchstaben der Frage spielt: Est vir qui adest (auf deutsch: Es ist der Mann, der hier ist). Allerdings lässt sich hierfür kein eindeutiger Urheber ausmachen.

Die genannten Beispiele sollen verdeutlichen, dass Anagramme schon seit Jahrhunderten in der Literatur belegt sind. Eine fortführende Dokumentation solcher Äußerungen ist allerdings kaum zielführend. Fortan überschlagen sich die Funde nämliche, wobei sich in sämtlichen Epochen Anagramme – sei es als Antwort, Pseudonym, Wortspiel oder Rätsel – Anagramme ausmachen lassen.

Unterschied zu Ambigramm, Palindrom, Spinonym

  • Palindrom: Ist ein Wort oder eine Wortfolge, die vorwärts und rückwärts identisch ist. Beispielsweise die Vornamen Otto und Anna, aber auch der Satz Die Liebe ist Sieger; stets rege ist sie bei Leid, wobei die Leerstellen und die Interpunktion zumeist ignoriert wird. Allerdings können Ambigramme natürlich aus Palindromen gebildet werden oder selbst eines erzeugen. Das ist allerdings nicht immer der Fall.

  • Spinonym: Ist eine Sonderform des Ambigramms. Bei einem Spinonym wird ein Wort aus einem einzigen Zeichen gebildet, das für alle Buchstaben verwendet wird. Entscheidend ist, dass dieses Zeichen bei jedem Buchstaben gedreht wird, sodass das Zeichen durch die Drehung stets wie ein anderer Buchstabe aussieht.

  • Ambigramm: Meint ein Wort, eine Wortfolge oder auch ein Symbol, die aus mehreren Perspektiven gleich aussehen. Zumeist wird damit ein Schriftzug gemeint, der beim normalen Lesen genauso aussieht, wie wenn er um 180° gedreht, also auf den Kopf gestellt, wird.

  • Anagramm: Meint den Umstand, dass aus sämtlichen Buchstaben eines Wortes oder einer Wortfolge ein anderes Wort oder Wortfolge gebildet wird. Demnach wäre Mehl ein Anagramm von Lehm, Palme eines von Lampe sowie Atheismus eines von Mietshaus. Dabei können durchaus komische Konstellationen entstehen. Weiterhin gibt es Künstler, die unter dem Anagramm ihres Namens bekannt sind (bspw. hieß der bekannte Dichter Paul Celan tatsächlich Paul Ancel). Anagrammisierte Pseudonyme nennt man Ananym.
Kurzübersicht: Das Wichtigste zum Begriff im Überblick


  • Als Anagramm werden Wörter oder Wortfolge bezeichnet, die sich aus sämtlichen Buchstaben eines anderen Wortes oder einer anderen Wortfolge bilden lassen. Als besonders kunstvoll gilt es, wenn das Anagramm eines Wortes auch noch etwas mit diesem zu tun hat.
  • Werden Anagramme verwendet, um Inhalte zu verschlüsseln oder um Anagrammrätsel zu erstellen, ist es natürlich nicht erforderlich, dass das Anagramm tatsächlich ein reales, sinnvolles Wort ergibt. Hierbei können durchaus auch Buchstabenfolgen zum Einsatz kommen.