Zentralperspektive

Die Zentralperspektive, auch Frontperspektive, bildet in der Kunst eine Möglichkeit, um Raumtiefe auf einer zweidimensionalen Fläche zu erschaffen, die auf den Betrachter so wirkt, als wäre der Raum dreidimensional. Mithilfe der Zentralperspektive entsteht der Eindruck, als würden sich die dargestellten Objekte eines Bildes so verhalten, wie sie es auch unter Sehbedingungen in der Wirklichkeit tun würden. Dabei verlaufen sämtliche Linien, die in die Tiefe des Raumes gehen, auf einen Fluchtpunkt zu, der auf der Horizontlinie liegt. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Verkürzung, da die Linien, welche in die Tiefe gehen, kürzer dargestellt werden. Entwickelt wurde die Zentralperspektive in der Renaissance, wodurch das Abgebildete realistischer erschien.


Effekt und Beispiele

Die Zentralperspektive sorgt also letzten Endes dafür, dass die Objekte, die im Hintergrund eines Bildes sind, immer kleiner werden, wohingegen die Dinge, die im Vordergrund sind, größer erscheinen. Dieser Effekt wird zusätzlich verstärkt, wenn der Maler gleiche oder ähnliche Gegenstände zeigt und in der Entfernung verkürzt, was oftmals durch Säulen, Straßen oder Häuserreihen realisiert wurde. Im nachfolgenden Bild wird dieser Effekt durch eine einfache geometrische Figur erzeugt.Zentralperspektive in der Kunst

Das obige Beispiel-Bild verdeutlicht das Prinzip. Es gibt eine Horizontlinie, die parallel zu allen waagerechten Linien ist, welche auf dem Bild liegen. Alle senkrechten Linien sind ebenfalls parallel zueinander. Auf ebendieser Horizontlinie liegt der sogenannte Fluchtpunkt. Auf diesen Fluchtpunkt laufen sämtliche Linien des Bildes zu, die in die Tiefe laufen. Dadurch entsteht der Effekt von Dreidimensionalität, weshalb das Dargestellte Objekt so wirkt, als würde es in den Raum ragen. Dieser Effekt lässt sich am leichtesten mit geometrischen und einfachen Figuren realisieren.

Wichtig ist hierbei, dass sich die Perspektive verändert, wenn die Position der Horizontlinie wandert. Im obigen Beispiel ist die Horizontlinie über dem Objekt angesetzt, wodurch der Eindruck entsteht, man würde von oben auf den Körper schauen (Vogelperspektive). Ist die Horizontlinie in der Mitte des Objekts, scheint es so, also würde der Betrachter genau vor dem Objekt stehen, ist sie unter dem jeweiligen Objekt angesetzt, wandert die Perspektive nach unten (Froschperspektive). Ein Beispiel:Perspektive verändert sich, wenn der Horizont verschoben wird

Im obigen Beispiel ist die Horizontlinie unter den Körper gewandert, weshalb sich die Perspektive geändert hat. Es scheint nun so, als ob der Betrachter das Objekt von unten sehen würde und nicht mehr – wie noch im obigen Beispiel – von oben. Darüber hinaus kann sich nicht nur die Position der Horizontlinie ändern, sondern auch die Position des Fluchtpunkts auf der Horizonlinie selbst. Dadurch entsteht der Effekt, dass das Objekt nicht mehr zentriert ist, sondern leicht versetzt erscheint. Ein Beispiel:Prinzip der Zentralperspektive in der Malerei

Im obigen Beispiel ist die Horizontlinie mittig angelegt und alle Linien, die in die Tiefe gehen, laufen auf einen Fluchtpunkt zu, der dieses Mal nicht mittig, sondern rechts platziert ist. Dadurch entsteht für den Betrachter der Eindruck, dass er das jeweilige Objekt von vorn sowie von der Seite betrachtet. Das Besondere bei alln Beispielen ist, dass die die Frontfläche des jeweiligen Objekts stets unverzerrt ist – die waagerechten Linien des Körpers sind also parallel zum Horizont – wohingegen sämtliche Linien, die in die Tiefe gehen, auf einen zentralen Fluchtpunkt hinauslaufen. Dass es einen zentralen Fluchtpunkt gibt, ist außerdem der Grund, warum diese Art der Darstellung als Zentralperspektive bezeichnet wird.

Zentralperspektive in der Malerei

Das Wissen um die Zentralperspektive stammt aus der Renaissance. Zuvor bediente man sich in der Malerei zumeist zweier Ebene: einem Hintergrund und einem Vordergrund. Objekte, die im Vordergrund standen, verdeckten alle Objekte, die auf der Hintergrundebene angelegt waren. Dadurch entstand allerdings noch nicht der Eindruck von Dreidimensionalität. In der Renaissance entstand mittels der Zentralperspektive erstmalig der Eindruck, als würden sich die Objekte eines Bildes so verhalten, wie sie es auch unter Sehbedingungen in der Wirklichkeit tun würden.

Häufig finden sich dabei geometrische Formen in den Gemälden der Renaissance, die in der Entfernung kleiner werden, sowie wiederkehrende und gleichartige Objekte, die den Effekt der Tiefenwahrnehmung zusätzlich verstärken. Solche gleichartigen Objekte wurden – wenn die Entfernung zunahm – gleichmäßig verkürzt und machten die Illusion der Tiefe makellos. Ein Beispiel von Raffael, einem Renaissance-Maler:Beispiel der Zentralperspektive in der Malerei am Beispiel Raffaels

Bild: Schule von Athen des Malers Raffael (1510/1511)


Das obige Beispiel-Bild zeigt ein Fresko (Wandmalerei) des italienischen Malers Raffael. Anhand des Bildes lässt sich exemplarisch die Zentralperspektive verdeutlichen, da zahlreiche eindeutige Linien zum mittigen Fluchtpunkt hinauslaufen. Hier ist außerdem zu erkennen, wie das Verkürzen gleichartiger Objekte den Effekt verstärkt, wenn man die hin­ter­ei­n­an­der­ste­henden Säulen mit Fluchtlinien verbindet.

Die Entdeckung und Verwendung der Zentralperspektive lässt sich erstmalig in Italien nachweisen. Allerdings finden sich auch bei deutschen Malern sehr schnell ähnliche Darstellungen. Beispielsweise finden sich im Werk von Albrecht Dürer (1471-1528), einem deutschen Maler, Grafiker, Mathematiker und Kunsttheoretiker, viele, die gezielt mithilfe der Zentralperspektive Tiefe erzeugen. Ein Beispiel:Der zentrale Fluchtpunkt findet sich auch im Werk von Albrecht Dürer.

Bild: Der heilige Hieronymus im Gehäus (1514) von Albrecht Dürer


Das obige Beispiel ist einer der drei Meisterstiche Dürers und trägt den Titel Der heilige Hieronymus im Gehäus, wobei diese Bezeichnung darauf zurückzuführen ist, dass Dürer mit den drei Meisterstichen den Kupferstich nahezu perfektionierte (vgl. Meisterwerk). Auch in diesem Bild lässt sich die Zentralperspektive tadellos nachzeichnen: der Fluchtpunkt findet sich mittig in der rechten Hälfte und Linien, die in den Raum gehen, schneiden diesen Punkt, wobei waagerechte Linien parallel zum Horizont verlaufen.

Kurzübersicht: Das Wichtigste im Überblick


  • Als Zentralperspektive, auch Frontperspektive, wird in der Kunst, die Darstellung des Raumes auf einer zweidimensionalen Fläche bezeichnet, der auf den Betrachter allerdings so wirkt, als wäre er dreidimensional. Dabei entsteht der Eindruck, dass sich die Objekte eines Bildes so verhalten, wie sie es auch unter realen Sehbedingungen tun würden
  • Um diesen Effekt umzusetzen, wird in das Bild eine waagerechte Horizonlinie gezeichnet und auf dieser ein Punkt platziert. Dieser Punkt wird als Fluchtpunkt bezeichnet. Alle Linien des Bildes, die in die Tiefe gehen, laufen auf diesen zentralen Punkt zu und werden somit verkürzt. Senkrechte und und waagerechte Linien sind parallel zueinander.
  • Wird die Horizontlinie über dem Objekt angesetzt, entsteht der Eindruck, der Betrachter würde von oben auf das Dargestellte blicken (Vogelperspektive), ist sie mittig angesetzt, wirkt es als, als würde der Betrachter vor dem Objekt stehen, ist sie am untersten Ende angesetzt, entsteht die sogenannte Froschperspektive. Liegt der Horizont sogar unter dem Dargestellten, wird dieser Effekt noch verstärkt und das Objekt scheint zu schweben.
  • Durch das Verschieben des FLuchtpunkts auf der Horizontlinie kann der der Standpunkt des Betrachters variiert werden. Liegt der Punkt mittig, wird das Dargestellte frontal gezeigt, liegt er in einer Bildhälfte, kann der Betrachter auch die Seiten des Objekts sehen.

  • Hinweis: Die Zentralperspektive trägt ihren Namen, weil sämtliche Linien, die in den Raum gehen, auf einen zentralen Punkt hinauslaufen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, dass zwei Fluchtpunkte eingesetzt werden. Dann spricht man von einer Zweifluchtpunktperspektive.


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