Agnese

Als Agnese, teils auch Agnesenrolle, wird in der Literatur und auch im Theater die Rolle eines naiven, leichtgläubigen, oftmals bäuerlichen (Land-)Mädchens bezeichnet. Der Begriff leitet sich – auch wenn häufig angenommen – nicht vom lateinischen Nomen Agnus, das Schaf bedeutet, ab, sondern von der Rolle der Agnès aus der fünfaktigen Komödie Die Schule der Frauen (1663, Originaltitel: L’école des femmes) des französischen Dichters Molière. Die Agnesenrolle findet darüber hinaus ein Pendant in August von Kotzebues Drama Die Indianer in England (1790): hier ist es die Rolle der Gurli, die ähnliche Charaktereigenschaften aufweist. Daraus leitete sich später der Begriff Gurli-Rolle ab, der sinnverwandt mit der Agnese ist. Beide Begriffe meinen ein leichtgläubiges Mädchen.


Die Agnès in Molières Schule der Frauen, das als erstes Meisterwerk des Dichters gilt, ist das Ziehkind des reichen, 42-jährigen Bürgers Arnolphe. Arnolphe, der selbst Junggeselle ist, fasste den Plan, Agnès, als sie ein junges Mädchen von vier Jahren war, bei sich aufzunehmen und sie in der Abgeschiedenheit eines Klosters aufwachsen zu lassen. Sein Plan sieht vor, das junge Mädchen, wenn es denn zur Frau herangewachsen ist, zu ehelichen, während sie nach seinen Vorstellungen erzogen wird. Dies soll ihn vor Ehebruch bewahren.

Nach 13 Jahren im Kloster quartiert er sie in einem seiner Häuser ein und lässt sie von beschränkten Dienern bewachen. Die junge Frau wurde im Kloster zur Unschuld, Unwissenheit sowie Unterwürfigkeit erzogen und verhält sich dementsprechend. Sie ist leichtgläubig, einfach sowie naiv und das ist, was im Theater als Agnese oder eben Agnesenrolle bezeichnet wird. Einen ganz ähnlichen Typus stellt die Rolle der Gurli dar.

Gurli, ist die Tochter des reichen Kaberdar in Kotzebues Lustspiel Die Indianer in England. Sie weist ganz ähnliche Eigenschaften auf. Um das Bild abzurunden, soll sie an dieser Stelle selbst zu Wort kommen. Mit den folgenden Worten charakterisiert sich Gurli im 12. Auftritt des ersten Aktes selbst:„Ja Vater das tut Gurli auch; aber Gurli ist so ungeschickt, sie verdirbt alles. Wenn ich nähe, so reißt mir bald der Zwirn, bald zerbricht mir die Nähnadel; wenn ich stricke, so laß ich die Maschen fallen, und wenn ich lese, so schlaf ich ein.“


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