Aufklärung

Die literaturwissenschaftliche Epoche, die als Aufklärung bezeichnet wird, dauerte etwa von 1720 bis 1790. Sie wird als Anbruch der modernen Zeit angesehen. Ihre Vertreter stammten aus dem europäischen Bürgertum und strebten nach Freiheit und Vernunft. Gegen die vorherrschenden Machtverhältnisse lehnten sie sich auf. Ein Leitmotiv der Aufklärung besagte, dass sich jeder Mensch seines eigenen Verstandes bedienen und sich so aus Unfreiheit befreien sollte. Es geht auf Philosophen Immanuel Kant zurück, der die Epoche maßgeblich prägte.


Begriff und zeitliche Einordnung der Aufklärung

Die Aufklärung war nur eine Literaturepoche des 18. Jahrhunderts, die sich an die Epoche des Barocks anschloss und damit als Übergang von der Frühen Neuzeit zur Moderne verstanden wurde. Sie dauerte von 1720 bis etwa 1790/1800. Gegenbewegungen der Aufklärung waren Empfindsamkeit und Sturm und Drang, die sich ebenfalls ab Mitte des Jahrhunderts entwickelten. Im Gegensatz zu diesen von Gefühl und Genie bestimmten Strömungen wurde in der Aufklärung die rationale Vernunft als wichtigste menschliche Eigenschaft angesehen.

Der Begriff “Aufklärung” wurde um 1770 erstmals für die Epoche im deutschsprachigen Raum verwendet. Immanuel Kant prägte ihn in seinem berühmten Aufsatz “Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?” in der Berlinischen Monatsschrift 1784. Im Französischen wird hingegen die Bezeichnung “Siècle des lumières”, also “Jahrhundert der Lichter”, verwendet. Im englischsprachigen Raum ist der Begriff für die Aufklärung “Enlightenment”. Das Licht der Erkenntnis steht dabei als Symbol dafür, Licht in die Dunkelheit des Mittelalters zu bringen. Eines der Hauptanliegen des aufklärerischen Zeitalters war es dementsprechend auch, den Menschen aus den mittelalterlichen Abhängigkeiten vom Adel und der Kirche zu befreien.

 

 

Epochen der Literatur als Zeitstrahl

Französische Revolution

Die Epoche des Barocks litt am Dreißigjährigen Krieg und weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen innerhalb des in über 300 Einzelstaaten aufgeteilten Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Da das Bürgertum an Bildung und Wohlstand zunahm, hinterfragten dessen Vertreter verstärkt die mittelalterliche Ständegesellschaft und damit den absolutistischen Herrschaftsanspruch von Adel und Kirche. Die Forderungen nach Freiheit und Toleranz resultierten schließlich in der Französischen Revolution, deren Anhänger für “Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit” kämpften.

 

Die Revolution dauerte zehn Jahre, von 1789 bis 1799. Am bekanntesten sind die Ereignisse des ersten Revolutionsjahres. In diesem begann der Kampf für die bürgerlichen Freiheitsrechte und die Schaffung einer konstitutionellen Monarchie. Der absolutistische französische König Ludwig XVI wollte Bauern und Bürgertum noch stärker mit Steuern belasten, woraufhin sich dieser dritte Stand zur Nationalversammlung erklärte und die Abschaffung der Privilegien für Klerus und Adel sowie der Leibeigenschaft beschloss. Es entstand die neue Klasse des Bürgertums. Auch die Erklärung der Menschenrechte wurde 1789 von der Nationalversammlung verabschiedet. Wie von den Jakobinern gefordert, wurde Ludwig XVI auf der Guillotine hingerichtet. Diese Anhänger des Revolutionärs Maximilien de Robespierre ergriffen im Folgenden die Macht, hatten aber mit ihrer gewaltsamen Schreckensherrschaft nichts mehr mit den aufklärerischen Idealen gemein. Das Ende der Revolution und damit einer der bedeutendsten politisch-sozialen Wendepunkte der europäischen Geschichte wurde am 13. Dezember 1799 erklärt. An diesem Tag verkündete Napoleon Bonaparte die neue Verfassung.

Ebenfalls prägend für die Epoche der Aufklärung waren die einsetzende Säkularisierung, das Bevölkerungswachstum, die zunehmende Verstädterung sowie der technische Fortschritt, etwa durch Erfindung der Dampfmaschine. Die Erfindung des Buchdruckes im 15. Jahrhundert durch Johannes Gutenberg hatte ebenfalls großen Einfluss auf die Entwicklung der Aufklärung. So waren Bücher und damit einhergehend die Bildung für das Bürgertum immer leichter zugänglich und das Lesen und Schreiben nicht mehr nur dem ersten und zweiten Stand vorbehalten.

Zusammenfassung: Begriff und zeitliche Einordnung der Aufklärung


  • Begriff: Aufklärung, Siècle des lumières, Enlightenment im Sinne von Licht der Erkenntnis
  • Zeitraum: 1720 bis etwa 1790
  • Einordnung: zwischen Barock und Klassik (Übergang der Frühen Neuzeit zur Moderne)
  • historischer Kontext: Französische Revolution, Bildung des Bürgertums

Motive und Themen der Aufklärung

Mit dem Ende der Klassenzugehörigkeit und der neuen Möglichkeit der Bildung verschob sich das Welt- und Menschenbild. In der Aufklärung rückte der Mensch als eigenständiges Individuum in den Mittelpunkt. Zwei zentrale Motive der Aufklärung stammen von dem Philosophen Immanuel Kant:

 

“Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.”

 

“Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.”

 

Die beiden Leitmotive folgten der Auffassung, dass der Mensch von Natur aus die Fähigkeit und das Recht hat, rational-vernünftig zu denken. Daraus ergab sich das Ziel, dass der Mensch seine eigene Kompetenz entdeckt und durch Bildung ein selbstbestimmtes Leben führt. Diese Entwicklung wurde auch als Emanzipation bezeichnet. Darüber hinaus gab es zwei prägende philosophische Strömungen innerhalb der Aufklärung.

Rationalismus

Anhänger des Rationalismus gingen davon aus, dass Wissen durch Vernunft entsteht. Eigenständiges Denken hatte in dieser philosophischen Strömung den höchsten Stellenwert, bestehendes Wissen durfte nicht einfach angenommen und weitergeführt, sondern musste hinterfragt werden. René Descartes galt als Begründer dieser Strömung. Von ihm stammte der Satz: “Ich denke, also bin ich.”

Empirismus

Den Rationalisten gegenüber standen die Vertreter des Empirismus. Für diese stammte das Wissen hauptsächlich aus der eigenen Erfahrung. Beobachtung und Wahrnehmung waren für die Empiristen die wichtigste Voraussetzung für die menschliche Erkenntnis. Begründet wurde der Empirismus von John Locke.

Sowohl der Rationalismus als auch der Empirismus hatten das aufklärerische Ziel, die Menschen durch Erkenntnis von der Unterdrückung zu befreien. Im Idealfall ergänzten sich beide Strömungen: Die empirische Beobachtung war damit die Grundlage für die rational-vernünftige Erkenntnis. Diese Entwicklung galt als Grundlage der modernen Wissenschaft.

Neben philosophischen fanden sich auch religiöse Themen in der Literatur der Aufklärung wieder. Hierbei stand der Toleranzgedanke im Vordergrund, insbesondere unter den monotheistischen Weltreligionen des Islams, Christentums und Judentums. Die Theodizee stellte erstmals die Religion in Frage und beschäftigte sich mit der Überlegung, weshalb Gott es zulässt, dass Menschen leiden.

Die weiteren Themen der Aufklärung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Kritik an Kirche und Staat, an der vorherrschenden Ordnung, Emanzipation, Erziehung und Bildung, Fortschrittsglaube und Bürger- beziehungsweise Menschenrechte, Forderung nach Gleichheit und Toleranz, Individualismus und bürgerliches Leben.

Zahlreiche Aufsätze und wissenschaftliche Arbeiten entstanden während der Epoche zu diesen Überlegungen.

 

Zusammenfassung: Motive und Themen der Aufklärung

  • – selbstdenkendes und selbstbestimmtes Individuum
  • – Emanzipation
  • – Rationalismus
  • – Empirismus
  • – Religion: Toleranz, Theodizee

Literatur der Aufklärung

Mit den neuen Themen der Literatur änderte sich auch die Rolle der Schriftsteller. Statt als Hofdichter im Auftrag des Adels für die höfische Gesellschaft zu schreiben, wandten sich diese freischaffend den bürgerlichen Themen zu. Die oft philosophischen Ansichten wurden in den Texten verarbeitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, um diese durch die Lektüre aufzuklären und zu erziehen. Das resultierte zum einen in einer Etablierung des Hochdeutschen und einem klaren und sachlichen Stil. Zum anderen verdiente das Schreiben keinen Lebensunterhalt mehr und Schriftsteller mussten sich einen Nebenverdienst suchen.

Mit Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks wird Literatur und Bildung der Öffentlichkeit zugänglich. (Bild GDJ@pixabay)

 

Aufklärung Lyrik

In der aufklärerischen Lyrik entwickelten sich unterschiedliche Strömungen, die die Ideale der Aufklärung vermitteln sollten. So schilderten Lehrgedichte Beobachtungen und logische Überlegungen und sollten auf diese Weise ein Thema reflektieren. In der Gedankenlyrik wurden gedankliche Prozesse über Philosophie und Religion thematisiert. Werte wie Freundschaft, Naturnähe und Authentizität der Gefühle wurden als Gegenentwurf zu adeligen Hierarchien und unkritischem Gehorsam in Gedichten entworfen. Die Behandlung von Gefühlen fand aber vor allem in der die Vernunft relativierenden Empfindsamkeit ihren Ausdruck.

 

Aufklärung Dramatik

Die beliebteste literarische Gattung innerhalb der Epoche war das Drama, da es zur Aufklärung und Erziehung des Publikums am besten geeignet war. Das moderne klassische Drama wurde durch den Literaturtheoretiker Johann Christoph Gottsched entwickelt, der sich unter anderem an der Antike orientierte. Eine wirklichkeitsnahe Handlung und ein moralischer Lehrsatz gehörten zu den Regeln des aufklärerischen Dramas. Bei dem bürgerlichen Trauerspiel sollten nun erstmals statt des Adels die bürgerlichen Protagonisten Identifikationsmöglichkeiten bieten und moralische Konflikte durchleben.

 

Aufklärung Epik

Die Epik mit ihren Liebes-, Abenteuer- oder Schelmenromanen um adlige Helden geriet im 18. Jahrhundert in Kritik. Stattdessen entstand der bürgerliche Roman, in dem ebenfalls bürgerliche Protagonisten die Hauptrolle spielten. Die Erzählweise wurde klarer und sachlicher, um didaktische und moralische Vorstellungen zu thematisieren und zugleich persönliche Empfindungen zum Ausdruck zu bringen.

 

Zu den wichtigsten Erzählformen der Aufklärung gehörten zudem Fabeln und Parabeln. Durch ihre sowohl unterhaltende als auch belehrende Funktion sollten Lesende zum Nachdenken gebracht werden. Während in der Fabel eine kurze Erzählung über Tiere mit menschlichen Verhaltensweisen eine moralische Lehre vermittelt, stellt die Parabel einen lehrhaften Vergleich dar. Das bekannteste Beispiel ist die Ringparabel aus Gotthold Ephraim Lessings Bürgerspiel “Nathan, der Weise”. Auch satirische Kurzformen wie Aphorismen (vor allem vom Physiker Georg Christoph Lichtenberg) waren weit verbreitet.