Georg Herwegh

Georg Herwegh, geboren am 31. Mai 1817 in Stuttgart; gestorben am 7. April 1875 in Lichtental, war ein revolutionärer deutscher Dichter und Revolutionär. Seine Arbeiten und sein Wirken sind im Vormärz zu verorten, wobei Herwegh als ein wichtiger Vertreter ebendieser Epoche gilt.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts galt er – neben Heinrich Heine und Ferdinand Freiligrath – als einer der populärsten deutschsprachigen Dichter, was vor allem durch sein Werk Gedichte eines Lebendigen bedingt ist, welches eine polemische Antwort zu den Briefen eines Verstorbenen von Hermann von Pückler-Muskau darstellte und den jungen Dichter schlagartig berühmt machte. Herwegh war zeit seines Lebens der Arbeiterklasse verbunden. Dennoch ist sein Gesamtwerk bis heute umstritten.

Lebenslauf

  • Am 31. Mai 1817 wird Georg Herwegh in Stuttgart geboren. Er ist der Sohn des Gastwirts Ludwig Ernst Herwegh und dessen Ehefrau Rosine Catharina Herwegh.

  • 1828: Besuch der Lateinschule in Balingen. Georg Herwegh wohnt während der Schulzeit bei Verwandten.

  • 1831 – 1835: Herwegh besucht das Gymnasium (evangelische Seminar) in Kloster Maulbrunn. Er besteht das Landexamen.

  • 1835: Studium der Theologie und Rechtswissenschaft in Tübingen (Tübinger Stift). Er wird Mitglied der burschenschaftlichen Vereinigung der Patrioten Tübingen.

  • 1836: Verweis vom Tübinger Stift. Tätigkeit als freier Schriftsteller in Stuttgart.

  • 1837: Mitarbeit an der Zeitschrift Europa und am Blatt Telegraph für Deutschland.

  • 1839: Flucht in die Schweiz wegen Zwangsrekrutierung. Aufenthalte in Emmishofen und Zürich. Er arbeitet in der Redaktion der Zeitschrift Volkshalle.

  • 1841 – 1842: Der erste Teil seiner Gedichte eines Lebendigen erscheinen. Reise nach Paris und Treffen mit Heinrich Heine. Geldstrafe wegen Publikation im Blatt Schweizerischer Republikaner. In Köln lernt er Karl Marx kennen.
  • Audienz bei König Friedrich Wilhelm IV. König Friedrich Wilhelm IV. lässt ihn aus Preußen ausweisen. Auf seiner Rückreise in die Schweiz lernt er Michail Bakunin kennen. Georg Herwegh erhält das Bürgerrecht des Kantons Basel-Landschaft. Hochzeit mit Emma Siegmund.

  • 1843: Mitarbeit bei der Zeitschrift Die junge Generation. Veröffentlichung seiner Artikelsammlung Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz. Er wird begnadigt und muss aus Deutschland auswandern. Herwegh zieht nach Paris um. In Paris trifft er u.a. Victor Hugo, George Sand, Carl Vogt und Jenny Marx.

  • 1844: Der zweite Teil seiner Gedichte eines Lebendigen erscheint.

  • 1848: Herwegh wird Vorsitzender der Deutschen Demokratischen Legion und nimmt an der Pariser Februarrevolution teil. Er muss erneut in die Schweiz flüchten.


  • 1850er Jahre: Künstler und Schriftsteller treffen sich in Herweghs Haus in der Schweiz. Darunter Franz Liszt, Richard Wagner, Gottfried Semper und Wilhelm Rüstow.

  • 1863: Georg Herwegh wird zum Bevollmächtigten des ADAV (Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins). Er schreibt Das Bundeslied.

  • 1866: Herwegh kehrt nach Deutschland zurück.

  • 1869: Er wird Mitglied der SDAP (Sozialdemokratische Arbeiterpartei).

  • 1875: Georg Herwegh stirbt am 7. April in Lichtental. Er wird in Liestal in der Schweiz begraben.

Biografie

Georg Friedrich Rudolph Theodor Herwegh (geb. 31. Mai 1817 in Stuttgart; † 7. April 1875 in Lichtental) wurde 1817 als Sohn des Gastwirts Ludwig Ernst Herwegh und dessen Ehefrau Rosine Catharina Herwegh geboren. Er war Dichter sowie Übersetzer der VormärzEpoche und galt neben Heinrich Heine und Ferdinand Freiligrath als beliebtester deutschsprachiger Autor seiner Tage. Seine Arbeit und seine Werke gelten bis heute als umstritten.


Frühe Jahre und schulische Ausbildung

Georg Herwegh besuchte ab 1828 die Lateinschule in Balingen. Einer seiner bekannten Mitschüler war Gottlieb Rau, der spätere Industrielle, Publizist, Politiker sowie republikanischer Agitator in der Deutschen Revolution von 1848/1849.

Nach Abschluss und bestandenem Examen wechselte er an das evangelische Seminar, einem Gymnasium im Kloster Maulbronn. Ab 1835 studierte er Theologie und Rechtswissenschaften in Tübingen.

Wegen Schulden und Streitereien wurde er bereits 1836 wieder aus dem Tübinger Stift verwiesen. Er begann kurz darauf, als freier Schriftsteller in Stuttgart zu arbeiten. Zu seinen journalistischen Stationen zählten August Lewalds Zeitschrift Europa und Karl Gutzkows Blatt Telegraph für Deutschland.

Flucht in die Schweiz und Erfolg als Dichter

Nach seiner Zwangsrekrutierung im Jahr 1839 setzte sich Georg Herwegh in die Schweiz ab. Seine Flucht führte ihn zunächst nach Emmishofen wo er als Feuilletonredakteur der Zeitschrift Deutsche Volkshalle arbeitet sowie als Redakteur der Waage, dem damaligen Beiblatt der Stuttgarter Allgemeinen Zeitung.

Von Emmishofen verschlägt es ihn etwas später nach Zürich, wo 1841 der erste Teil seiner überwiegend politischen Gedichte eines Lebendigen erschienen. In seinen Gedichten rief er zum Kampf für politisch-soziale Veränderungen auf und erntete dafür überaus großen Erfolg und Zuspruch.

Trotz des Verbots seiner Arbeiten in zahlreichen deutschen Staaten wurden innerhalb von nur vier Jahren circa 16.000 Exemplare seines Werks verkauft. Zu Herweghs Gedichten, die 1840 bis 1841 entstanden, gehörten die Titel Wiegenlied, Die bange Nacht und O Freiheit, Freiheit! Auch bekannte Autoren seiner Zeit, wie Gottfried Keller und Theodor Fontane, waren von Herweghs Schaffen sehr angetan.

Heinrich Heine und Ausweisung aus Preußen

In den Jahren 1841 bis 1842 unternahm Herwegh mehrere Reisen, die ihn nach Paris und nach Deutschland führten. In Paris traf er Heinrich Heine, der ihn später in einem seiner Gedichte erwähnte und ihn als eiserne Lerche bezeichnete.

Als Herwegh im Spätherbst 1842 in Deutschland ankam, erfuhr er einen triumphalen Empfang. Mittlerweile arbeitete Herwegh für die Rheinische Zeitung und war bemüht, den Deutschen Boten aus Zürich zu einem Kampfblatt gegen die in Deutschland existierenden politischen Zustände umzugestalten.

Während seines Besuchs in Deutschland lernte er auch Karl Marx kennen. Herwegh hatte bereits zuvor für dessen Zeitung gearbeitet. Im Zuge seiner erfolgreichen Veröffentlichungen gewährte ihm der preußische König Friedrich Wilhelm IV. eine Audienz. Der König war allerdings von Herweghs Schaffen weniger angetan und ließ bereits kurz nach seinem Treffen mit dem Dichter die Zeitschrift bzw. Herweghs Zeitungsprojekt verbieten. Als Herwegh daraufhin in einem offenen Brief an den König seinen Protest ausdrückte, ließ ihn Friedrich Wilhelm IV. kurzerhand aus Preußen ausweisen.

Hochzeit mit Emma Siegmund

Michail Bakunin, einen russischen Revolutionär und Anarchist, lernte Herwegh auf seiner Rückreise in die Schweiz kennen. Er war von dessen Wirken begeistert und nahm in seinen späteren Schriften immer wieder Bezug auf Bakunins Ansichten und Aussagen.

Die Schweiz gewährte Herwegh nach seiner Rückkehr das Bürgerrecht im Kanton Basel-Landschaft. Kurz darauf heiratete Georg Herwegh die vermögende Emma Siegmund. Sie war die Tochter eines wohlhabenden Bankiers aus Berlin. Die Heirat ermöglichte ihm einen aufwendigen Lebensstil und den späteren Aufenthalt in Paris.

Herwegh pflegte in den Jahren um 1941 rege Kontakte und den Meinungsaustausch mit Ludwig Büchner und August Becker sowie mit Wilhelm Weitling, der einer der prägenden Theoretiker des Bundes der Gerechten war.

In den Jahren von 1842 bis 1843 schrieb Herwegh als Redakteur für die Zeitschrift Die junge Generation. Fast gleichzeitig, 1843, erschien auch sein Werk Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz, bestehend aus einer Sammlung unveröffentlichter Artikel, die er für die Zeitschrift – welche die Zwanzigbogenklausel deutscher Zensur umgehen sollte – anfertigte (vgl. Demagogie, Vormärz).

Jahre in Paris

Vom württembergischen König wurde Herwegh 1843 begnadigt. Dieser stellte dabei allerdings die Forderung, dass Herwegh auszuwandern hätte. Daher zog Georg Herwegh im selben Jahr nach Paris um, wo er noch einmal auf Karl Marx und Michael Bakunin traf.

Paris bot ihm damals auch die Gelegenheit, zahlreiche weitere bekannte Intellektuelle seiner Zeit zu treffen und kennenzulernen. Unter ihnen waren Persönlichkeiten wie Victor Hugo, Moses Hess, Lamartine, Carl Vogt, Jenny Marx und George Sand. Etwas später, im Jahr 1844, veröffentlichte Georg Herwegh in Paris seinen zweiten Teil der Gedichte eines Lebendigen, der jedoch an die Erfolge des ersten Teils nicht anknüpfen konnte.

Märzrevolution: Herwegh und der Sozialismus

Nach der Beendigung der Pariser Februarrevolution im Jahr 1848 nahm Georg Herwegh die Rolle des Präsidenten des Republikanischen Komitees an. Außerdem wurde er Vorsitzender der Deutschen Demokratischen Legion.

Herwegh erfuhr Häme und Spott, nachdem am 27. April 1848 die Deutsche Demokratische Legion von württembergischen Truppen besiegt wurde.

Der tragische Ausgang der beherzten Revolution, an der Herwegh als politischer Führer teilnahm, degradierte Herweghs Ansehen bei den liberalen Oppositionellen deutlich. Die Ereignisse zwangen ihn erneut zur Flucht in die Schweiz und ebenfalls zum Bruch mit seinen Weggefährten im Kampf für den wissenschaftlich realisierbaren Sozialismus. Seine Bemühungen um die Revolution waren gescheitert.

Herwegh und der ADAV

Während einer Reise nach Frankreich kam es zu Begegnungen mit Alexander Herzen und Iwan Sergejewitsch Turgenew. Herweghs Haus in der Schweiz war der beliebte Aufenthaltsort für Intellektuelle und Künstler der damaligen Zeit.

So besuchten ihn dort bekannte Persönlichkeiten wie Richard Wagner, Wilhelm Rüstow und Franz Liszt. Sein berufliches Engagement galt damals auch der liberalen Presse des Alpenlandes sowie dem Satireblatt Kladderadatsch, für das er anonym schrieb.

Als 1863 der neu ins Leben gerufene Allgemeine Deutsche Arbeiterverein einen Vorsitzenden in der Schweiz suchte, wurde Georg Herwegh vorgeschlagen und als Bevollmächtigter eingesetzt. Der ADAV war ein früher Zusammenschluss von sozialdemokratisch engagierten Menschen aus dem sich die heute existierende Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) entwickelte.

Anlässlich der Gründung des ADAV verfasste Herwegh 1863 sein Bundeslied, das nach seiner Veröffentlichung umgehend verboten wurde. Heute zählt das Bundeslied von Herwegh zu den bekanntesten Liedern der deutschen Organisationen im Arbeiterkampf. Georg Herwegh distanzierte sich in späteren Jahren gegenüber dem ADAV.

Rückkehr in die alte Heimat und Tod

Nach der Rückkehr ins deutsche Heimatland 1866 wurde Herwegh zum Ehrenkorrespondenten der ersten Internationale ernannt, einem internationalen Zusammenschluss von Arbeitergesellschaften, der das Ziel verfolgte, den Schutz, den Fortschritt und die vollständige Emanzipation der Arbeiterklasse zu sichern. Nur drei Jahre später trat er der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) bei. 1875 erfolgte dann der Zusammenschluss von ADAV und SDAP.

Georg Herwegh schrieb seither permanent für das sozialdemokratische Blatt Der Volksstaat. Darin veröffentlichte er einige Artikel, in denen er den preußischen Militarismus sowie den Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871) und das angestrebte Deutsche Kaiserreich aufs Schärfste verurteilte.

Herwegh war ein entschiedener Gegner des nach 1871 aufkeimenden Nationalismus. Die Bedeutung und Wirkung seiner Schriften, Gedichte und Texte sind allerdings auch heute noch umstritten. Er benutzte ebenso wie seine Gegner und Feinde eine eher gewaltbereite Ausdrucksform, die dem späteren aggressiven Nationalismus auch den Weg bereitetet haben soll. Er war darüber hinaus sicherlich einer der talentiertesten politischen Autoren seiner Tage.

Georg Herwegh verstarb am 7. April 1875 in Lichtental bei Baden-Baden. Beigesetzt wurde er in Liestal, im Kanton Basel-Landschaft (Schweiz).

Werke

  • Leicht Gepäck (1840)
  • Gedichte eines Lebendigen (1841, Band 1)
  • Einundzwanzig Bogen aus der Schweiz (1843)
  • Gedichte eines Lebendigen (1843, Band 2)
  • Zwei Preußenlieder (1848)
  • Viertägige Irr- und Wanderfahrt mit der Pariser deutsch-demokratischen Legion in Deutschland und deren Ende durch die Württemberger bei Dossenbach (1850)
  • Die Schillerfeier in Zürich (1860)
  • Das Bundeslied (1863, Hymne des ADAV, der Vorgängerpartei der heutigen SPD)
  • Neue Gedichte (1877)
  • Das Lied vom Hasse (1841)