Rainer Maria Rilke

Rainer Maria Rilke, geboren am 4. Dezember 1875 in Prag; gestorben am 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont sur Territet bei Montreux (Schweiz), war ein deutscher Dichter und Schrifsteller.


Rilke gilt als einer der wesentlichen Vertreter der literarischen Moderne, wobei seine Werke dem Impressionismus und Symbolismus zugeordnet werden können, teils aber auch Motive des Jugendstils aufgreifen.

Sein literarisches Schaffen umfasst Werke in Prosa und lyrische Erzeugnisse, aber auch einige Abhandlungen über Kunst und Literatur, wobei er darüber hinaus die Gattung des Dinggedichts maßgeblich beeinflusste (vgl. Der Panther, Gedichtformen).

Lebenslauf

  • Am 4. Dezember 1875 wird Rainer Maria Rilke in Prag (Prag gehörte damals zu Österreich-Ungarn) geboren. Sein vollständiger Name ist René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke.

  • 1875–1891: Rilke besucht die Militärschule in St. Pölten. Abbruch der Militärschule, 1891, aus gesundheitlichen Gründen.

  • 1892: Besuch der Handelsakademie von Linz. Bereits 1892 verhindert eine Affäre mit einem Kindermädchen einen längeren Akademieaufenthalt.

  • 1895 – 1896: Rilke legt erfolgreich die Matura ab. Er schreibt sich an der Universität von Prag zum Studium der Kunstgeschichte, Literatur und Philosophie ein. 1896 wechselt er an die juristische Fakultät der Universität von Prag. Im September 1896 wechselt er an die Universität von München.

  • 1897: Er unternimmt seine erste Reise nach Venedig. Rilke trifft Lou Andreas-Salomé. Umzug nach Berlin. In Berlin begegnet er dem Geschwisterpaar Mathilde und Karl Gustav Vollmoeller. Rilke ändert seine Vornamen von René in Rainer um.

  • 1898: Er unternimmt eine weiter Reise nach Italien.

  • 1899: Rilke trifft in Moskau Lew Tolstoi.

  • 1900: Er ist in Russland auf Reisen gemeinsam mit Lou Andreas-Salomé. Sie besuchen unter anderem Moskau und Sankt Petersburg und bereisen Teile des Landes. Begegnung mit Boris Pasternak. Lou Andreas-Salomé trennt sich von Rainer Maria Rilke.

  • 1901: Rilke heiratet die Bildhauerin Clara Westhoff. Seine Tochter Ruth wird geboren.

  • 1902: Rilke trennt sich von Ehefrau Clara Westhoff und geht nach Paris. Er arbeitet an seiner Monografie über den Bildhauer Auguste Rodin.

  • 1905 – 1906: Er tritt in die Dienste von Auguste Rodin. Sein Vater verstirbt 1906. Er lernt Sidonie Nádherný von Borutin kennen.

  • 1907 – 1908: Rilke trifft das Ehepaar Vollmoeller in Paris, Sorrent und Florenz. Er verfasst sein Werk Neue Gedichte und Der neuen Gedichte anderer Teil.

  • 1909 – 1910: Rilke verfasst die beiden Requiem-Gedichte und vollendet Die Aufzeichnungen des Malte Laurids.

  • 1910 – 1912: Rilke übersetzt mehrere französische Werke. Er verfasst Teile der Duineser Elegien. Aufenthalt Rilkes auf Schloss Duino der Prinzessin Marie von Thurn und Taxis. Seine lyrischen Erzählungen Die Weise von Liebe und Tod des Cornets sind auf Platz Nummer eins der Insel Bücherei in Leipzig.

  • 1914 – 1916: Rilke lebt in München. Er wird zum Militärdienst eingezogen und am 9. Juni 1916 wieder entlassen. Rilke befindet sich in einer schöpferischen Krise.

  • 1919: Rilke zieht in die Schweiz um. Er setzt seine Arbeit an den Duineser Elegien fort.

  • 1922: In der Schweiz vollendet Rainer Maria Rilke seine Duineser Elegien.

  • 1923: Rilke erkrankt schwer, verfasst aber noch mehrere Gedichte und ein lyrisches Werk in französischer Sprache.

  • 1926: Rainer Maria Rilke verstirbt am 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont sur Territet bei Montreux. Er wird am 2. Januar 1927 auf dem Bergfriedhof von Raron in der Schweiz beigesetzt.

Biografie

Rainer Maria Rilke (geb 4. Dezember 1875 in Prag; † 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux, Schweiz; eigentlich René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke) kam in Prag zur Welt.

Er zählt zu den bekanntesten deutschsprachigen Dichtern der literarischen Moderne. Für viele Generationen gilt er bis heute als die manifestierte Genialität des Dichterischen. Er verkörperte damals wie auch heute den Inbegriff des poetischen Schaffens. Er verfasste umfangreiche Briefwechsel, Aufsätze, Erzählungen und einen Roman. Darüber hinaus war er ein begabter Übersetzer von Lyrik und Literatur.

Geburt und Elternhaus

Der Dichter wurde am 4. Dezember 1875 in Prag geboren. Seine Eltern waren der Bahninspektor Josef Rilke (1839–1906) und dessen Frau Sophie Phia Entz (1851–1931).

Rilkes Vater scheiterte an einer Militärkarriere und war gezwungen, den Weg eines Beamten einzuschlagen, was insbesondere für seine Ehefrau ein nur sehr schwer zu akzeptierender Umstand war. Rilkes Mutter war der Spross einer gut gestellten Unternehmerfamilie aus Prag. Sie hatte den Anspruch auf ein bequemes und vornehmes Leben, hinter dem ihre Familie, durch das berufliche Versagen ihres Mannes, zurückblieb.

Das Verhältnis zu seiner Mutter

Rilkes Mutter war eine ambitionierte und dominierende Frau, deren Ehrgeiz dem Wohlstand der Familie galt. Dem unglücklichen Umstand, dies nicht erreichen zu können und der sich daraus ergebenden angespannten Familiensituation verdankte der junge Rilke seine erste Prägung. Rilkes Mutter übertrug ihre unerfüllten Ambitionen auf den Sohn und brachte ihn dadurch in eine Abhängigkeit, die er bis zu seinem Tod nicht vollständig abschütteln konnte.

Hinzu kam das traurige Ereignis des frühen Todes seiner älteren Schwester, die 1874 kurz nach ihrer Geburt verstarb. Rilkes Mutter war dieser emotionalen Situation psychisch nicht gewachsen. Sie projizierte den Verlust auf ihren Sohn, was dazu führte, dass dieser die Rolle des verstorbenen Mädchens einnehmen musste und in seinen ersten Kinderjahren auch als weibliches Kind erzogen wurde.

Schule und Studium

Rilke zeigte bereits als Junge künstlerische Begabungen, er besaß Talent für Dichtung und Zeichnung. Im Jahr 1885 wurde er jedoch zur Militärschule nach St. Pölten geschickt, um die Vorbereitungsjahre einer Offizierslaufbahn zu absolvieren.

Für den stets überbehüteten Rilke, dessen Eltern ihn ohne nennenswerte Kontakte zu Gleichaltrigen aufwachsen ließen, war dies eine Tragödie. Daher liefen für ihn die Jahre in St. Pölten traumatisch ab. Rilke war weder dem militärischen Drill gewachsen noch dem Umgang mit hunderten jungen Burschen, unter denen er sich dort befand.

Nachhaltig prägte diese Zeit den heranwachsenden Dichter. Seinem späteren außerordentlichen Umgang mit dem Erlebten und der familiären Situation, aus der er kam, ist hoher Respekt zuschulden. Er überstand diese Bedrohung seines individuellen Charakters und der Identifikation mit sich selbst. Im späteren Leben war er sogar in der Lage, eine positive Wendung für die verstörenden Lebenseindrücke seiner Existenz zu finden.

Nach sechs Jahren (1891) brach er schließlich seine militärische Ausbildung ab und besuchte die Handelsakademie von Linz. Bereits 1892 verhinderte allerdings eine Affäre mit einem Kindermädchen, das mehrere Jahre älter war als er, einen ausgedehnteren Akademiebesuch.

Rilke sah sich danach der militärischen als auch der kaufmännischen Karriere beraubt. Er fing an, sich auf die Matura vorzubereiten und bestand diese im Jahr 1895. Nur kurz darauf schrieb er sich in Prag zum Studium für Kunstgeschichte, Literatur und Philosophie ein.

Rilke studierte jedoch nur halbherzig, wechselte 1896 an die juristische Fakultät in Prag und bereits im September desselben Jahres an die Universität von München. Nach einiger Zeit entschloss er sich kurzerhand dazu, sein Studium ganz abzubrechen und fortan als freier Dichter zu arbeiten.

Wanderleben und Begegnung mit Lou Andreas-Salomé

Mit seiner Entscheidung für ein Leben als Dichter begann für Rilke die Zeit der Reisen. Jedoch hielt es ihn in keiner Ortschaft länger, ständig zog es ihn weiter. Er führte ein eher unkonventionelles Wanderleben, wohnte in Mietswohnungen oder bei Freunden und Gönnern. Im März 1897 führten ihn seine Wege erstmalig nach Venedig und nur zwei Monate darauf machte er wieder in München Station, wo er auch Lou Andreas-Salomé antraf.

Lou Andreas-Salomé war eine Schriftstellerin und Psychoanalytikerin, die nicht nur zu Rilkes Freundin wurde, sondern auch zur emanzipierten und geistigen Lebenspartnerin. Rilke verliebte sich in sie und änderte kurze Zeit nach ihrer Begegnung seinen ursprünglichen Namen René in Rainer um. Lou empfand den Namen Rainer als zutreffender und passender für einen Dichter. In dieser Zeit beschäftigte sich Rilke auch intensiv mit Nietzsche und Siegmund Freud.

Gegen Herbst des Jahres 1897 zog Rilke nach Berlin um. Seine Wohnung befand sich in der direkten Nachbarschaft von Lou Andreas-Salomé. In Berlin kam es auch zu einer ersten Begegnung mit dem Geschwisterpaar Mathilde und Karl Gustav Vollmoeller, die er im Haus der Künstler Sabine und Reinhold Lepsius kennenlernte.

Vom Reisen und Umherziehen nicht müde, zog es ihn 1898 weiter nach Italien. Auch Russland besuchte er zweimal und traf dort im Jahr 1899 Lew Tolstoi. Im Jahr 1900 war er dann mit Lou Andreas-Salomé in Russland unterwegs und besuchte gemeinsam mit ihr die Städte Sankt Petersburg und Moskau. Auf ihren Wegen trafen sie Boris Pasternak, der ihre Begegnung später in seinem autobiografischen Werk Der Schutzbrief niederschrieb.

Seine Beziehung mit der verheirateten Lou Andreas-Salomé dauerte drei Jahre an, bis ins Jahr 1900. Auch über die Liebes-Beziehung hinaus war Lou ihm im späteren Leben eine enge Freundin, die ihm Halt und Unterstützung gab. Für Rilke waren ihre psychoanalytischen Kenntnisse hilfreich, um die prägenden traumatischen Erfahrungen seines Lebens zu erkennen, zu bekämpfen und zu überwinden.

Der Versuch ein bürgerliches Leben zu führen

Als Rilke davon erfuhr, dass Lou Andreas-Salomé sich von ihm trennen wolle, war er gerade in Worpswede bei Heinrich Vogeler, der ihn zu einem längeren Aufenthalt eingeladen hatte. Im Haus von Vogeler verkehrte unter anderen auch die Bildhauerin Clara Westhoff, die im Frühjahr 1901 Rilkes Frau wurde. Im Dezember desselben Jahres kam dann seine Tochter Ruth (1901 – 1972) zur Welt.

Rilke entzog sich allen seiner zahlreichen Liebesbeziehungen, bevor sie zu seinem Schicksal werden konnten. Sobald Zuneigung und Liebe für ihn zur Verpflichtung wurden, verließ er seine Beziehungen. Trotzdem versuchte er, durch die Ehe mit Clara Westhoff, zum wirklichen familiären Leben durchzustoßen, was allerdings nur bei einem Versuch blieb.

Nach nur einem knappen Jahr (1902) trennt sich Rilke auch von seiner Ehefrau Clara Westhoff. Er verließ die gemeinsame Wohnung und begab sich auf den Weg nach Paris. In Paris entstand seine Monografie über den Bildhauer Auguste Rodin. Rilke blieb über alle weiteren Lebensjahre hinweg mit Clara Westhoff verbunden. Er sah sich selbst allerdings zu keiner Zeit als Familienmensch und ebenso nicht dazu in der Lage, ein bürgerliches und beständiges Leben an einem einzigen Ort zu führen.

Seine Jahre in Paris

Paris war für Rilke sowohl ein Ort der Inspiration und des Schaffens als auch ein Ort der geheimnisvollen Schatten und fremden Gefahren. Später erzählte Rilke in seinem einzigen Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge von seinen Erlebnissen in der großen Stadt. Anregungen und Ideen fand er in Paris viele. Ihn faszinierten Künstler wie Auguste Rodin und Paul Cézanne und er machte deren Arbeiten zu seinen Studienobjekten.

Die französische Stadt entwickelte sich für Rilke in dieser Zeit zur zweiten Heimat. Für kurze Monate, in den Jahren 1905 bis 1906, trat er sogar als Sekretär in die Dienste des Malers Auguste Rodin. Im Jahr 1906 verstarb auch Rilkes Vater und fast zur gleichen Zeit beendete er den Dienst bei Rodin. Später im Jahr 1906 lernte er Sidonie Nádherný von Borutin kennen, mit der er bis zu seinem Tod einen aufwendigen literarischen Briefwechsel führte.

Sein Verhältnis zu Sidonie Nádherný von Borutin war nicht von erotischen Motiven geprägt, jedoch auch nicht frei von brennender Eifersucht. Rilke nahm sich heraus, seiner literarischen Freundin Sidonie von der Heirat mir Schriftsteller Karl Kraus im Jahr 1913 abzuraten, was er nach einiger Zeit jedoch bereute.

In Paris entwickelte sich auch Rilkes Verhältnis zu Mathilde und Karl Gustav Vollmoeller weiter. Er nutzte das Atelier der Künstler und besuchte Vollmoeller 1907 in dessen Villa in Sorrent (Italien). Etwas später, 1908, traf er dann Vollmoeller in dessen Domizil in Florenz. Das Ehepaar Vollmoeller sah er danach noch einige weitere Male in Paris.

Bedeutende Werke seiner Pariser Zeit

In seinen Jahren in Paris entstanden mehrere von Rilkes wichtigsten Werken. Darunter die Neuen Gedichte (1907), Der neuen Gedichte anderer Teil (1908) und die beiden Requiem-Gedichte (1909).

Außerdem vollendete er in diesen Jahren, im Januar 1910, seinen Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge. Dabei skizziert er in den erdachten Tagebuchaufzeichnungen seines Stellvertreters Malte die schockierenden Erfahrungen des Pariser Stadtlebens, die für ihn aus Reizüberflutung, Gewalt, Krankheit, Armut, Angst und Tod bestanden.

Es gelang ihm mit diesen Erzählungen auch die literarische Aufbereitung seiner Kindheit und die Neuschaffung seiner Identität. Zur Vollendung seiner Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge begab er sich nach Leipzig. Rilke wurde für den Leipziger Insel Verlag zum führenden Autor zeitgenössischer Werke. Der Verlag sicherte sich damals für mehrere Jahre (bis 1913) die Rechte an allen Werken, die Rilke bis dahin verfasst hatte.

Aufenthalt bei der Prinzessin Marie von Thurn und Taxis

Nach seinen Jahren in Paris und seiner Fertigstellung der Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge folgte für Rainer Maria Rilke eine Schaffenskrise, die länger als eine Dekade andauerte. Von 1910 bis 1912 beschäftigte er sich mit zahlreichen Übersetzungen von literarischen französischen Werken.

Um zu neuer Inspiration zu finden, setzte es sich zu dieser Zeit auch erstmalig mit den Werken Goethes und Shakespeares auseinander. Im Jahr 1912 verfasste er dann die Duineser Elegien, die er erst später, im Februar 1922, vollendete. Der Gedichtzyklus bekam seinen Namen nach einem Aufenthalt Rilkes auf Schloss Duino der Prinzessin Marie von Thurn und Taxis. Dort hielt er sich von Oktober 1911 bis Mai 1912 auf.

Im Jahr 1912 rangierte eine Neuausgabe der lyrischen Erzählungen Die Weise von Liebe und Tod des Cornets auf Platz Nummer eins der Insel Bücherei in Leipzig. Eine sehr hohe Auflage und eine herausragende Beliebtheit führten das Werk schließlich zum Erfolg, nachdem es bereits 1906 von Axel Juncker, dem ersten Verleger Rilkes, bereits als Ladenhüter in Form einer Liebhaberausgabe herausgegeben wurde.

Erster Weltkrieg und Militärdienst in Wien

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, war es für Rilke bereits zu spät, um nach Frankreich zurückzukehren. Er konnte von Leipzig aus nicht mehr nach Paris reisen. Sein gesamtes Hab und Gut, das sich noch in Frankreich befand, wurde beschlagnahmt und veräußert.

Daher verbrachte er nun eine längere Zeit in München, von 1914 bis 1916, wobei er Gelegenheit hatte, seine Freundschaft zu den Vollmoellers weiterzupflegen. Gleichzeitig unterhielt er eine leidenschaftliche Affäre mit der Malerin Lou Albert-Lasard.

Zu Beginn des Jahres 1916 wurde Rilke dann zum Militärdienst eingezogen. Er musste dazu in Wien eine Grundausbildung durchlaufen und schaffte es, durch die Mithilfe einiger einflussreicher Freunde, danach im Kriegsarchiv eingesetzt zu werden. Bereits einige Zeit später, am 9. Juni 1916, wurde er aus dem Militärdienst entlassen. Fortan hielt er sich erneut in München auf und versuchte, die traumatischen Erlebnisse seiner Militärzeit, die ihn an die Militärschule erinnerten, zu verarbeiten.

In den Jahren von 1916 bis 1919 stellte er seine Arbeit als Dichter fast vollständig ein. Der Erste Weltkrieg nahm ihm seine schöpferische Kraft und seine bereits andauernde Schaffenskrise verlängerte sich um weitere Jahre. Für ihn wurden sein lebenswichtiger Kulturraum sowie die Umgebungen, aus denen er seine Vitalität für seine Arbeiten zog, im Ersten Weltkrieg zerstört. Eine Starre befiel ihn, die sich erst im Jahr 1922 mit der Vollendung seiner Duineser Elegien wieder löste.

Umzug und Schaffensphase in die Schweiz

Um sich aus den Wirren der Nachkriegszeit zu befreien, begab sich Rilke am 11. Juni 1919 auf den Weg in die Schweiz. Er hatte die Einladung zu einem Vortrag bekommen und nahm diesen Anlass als willkommenes Geschenk, um in die Schweiz überzusiedeln.

Dort setzte er seiner Arbeit an den Duineser Elegien fort und war bemüht, einen geeigneten Wohnsitz für sich zu finden. Sein Aufenthalt in der Schweiz brachte ihn nach Soglio, Locarno und Berg am Irchel.

Schließlich wurde er im Château de Muzot, einem Schlösschen oberhalb von Siders im Kanton Wallis, ansässig. Inspiriert durch seinen Ortswechsel und erwacht aus seiner Vereisung vollendete Rilke 1922 seine Duineser Elegien. Auch die beiden Teile seines Gedichtzyklus Sonette an Orpheus entstanden in dieser Lebensphase des Dichters und gehören heute zu den bedeutendsten Werken seines Schaffens.

Erkrankung und letzte Tage

1923 erkrankte Rilke schwer und musste sich zur Behandlung in unterschiedliche Sanatorien begeben. Dazu besuchte er im Jahr 1925 auch erneut Paris.

Trotz Krankheit und verschlechterten Lebensumständen verfasste Rainer Maria Rilke in den Jahren von 1923 bis 1926 noch mehrere Werke. Darunter eine Vielzahl von Gedichtzyklen und ein in französischer Sprache verfasstes lyrisches Werk, das an die Lyrik des französischen Spätsymbolisten Paul Valéry anknüpfte.

Rainer Maria Rilke verstarb nach einer letzten und bedeutenden Schaffensphase am 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont sur Territet bei Montreux. Er erlag seiner qualvollen Erkrankung, die kurz nach seinem Tod als Leukämie diagnostiziert wurde.

Rilke wurde am 2. Januar 1927 auf dem Bergfriedhof von Raron in der Schweiz beigesetzt. Raron befindet sich in der Nähe seines letzten Wohnorts, der ihn in seinen späten Jahren, trotz Krankheit, noch die Kraft zu außerordentlichen dichterischen Meisterleistungen verlieh.

Zu seinem Grabspruch bestimmte Rainer Maria Rilke testamentarisch den Vers:

„Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, Niemandes Schlaf zu sein unter soviel Lidern.“

Werke

  • Lyrik
    • Leben und Lieder. Bilder und Tagebuchblätter (1894)
    • Larenopfer (1895)
    • Wegwarten. Lieder dem Volke geschenkt (1896)
    • Traumgekrönt. Neue Gedichte (1896)
    • Advent (1897)
    • Mir zur Feier (1899)
    • Das Stunden-Buch (1905)
    • Das Buch vom mönchischen Leben (1899)
    • Das Buch von der Pilgerschaft (1901)
    • Der Panther (Dinggedicht, 1902/3)
    • Das Buch von der Armut und vom Tode (1903)
    • Das Buch der Bilder (1902; Überarbeitung: 1906)
    • Neue Gedichte (1907)
    • Der neuen Gedichte anderer Teil (1908)
    • Requiem (1909)
    • Das Marien-Leben (1912)
    • Erste Gedichte (1913; enthält: Larenopfer, Traumgekrönt und Advent)
    • Duineser Elegien (1923, geschrieben 1912–1922)
    • Die Sonette an Orpheus (1923, vgl. Sonett)
    • Gedichte auf Französisch
    • Vergers (1926)
    • Les Quatrains Valaisans (1926)
    • Les Roses (1927)
    • Les Fenêtres (1927)
  • Prosa / Lyrische Prosa
    • Feder und Schwert (1893)
    • Pierre Dumont (1894)
    • Die Näherin (1894/5)
    • Was toben die Heiden? (1894/5)
    • Das Eine (1894/5)
    • Der Rath Horn (1894/5)
    • Der Dreiklang (1894/5)
    • Schwester Helene (1894/5)
    • Silberne Schlangen (1894/5)
    • To (1894/5)
    • Der Tod (1894/5)
    • Der Ball (1894/5)
    • Der Betteltoni (1894/5)
    • Eine Heilige (1894/5)
    • Zwei Schwärmer (1894/5)
    • Bettys Sonntagstraum (1894/5)
    • Die goldene Kiste (1895)
    • Der Apostel (1896)
    • Ein Charakter (1896)
    • Ihr Opfer (1896)
    • Im Vorgärtchen (1896)
    • Sonntag (1896)
    • Totentänze. Zwielicht-Skizzen (1896)
    • Requiem (1897)
    • Heiliger Frühling (1897)
    • Masken (1898)
    • Leise Begleitung (1898)
    • Generationen (1898)
    • Am Leben hin, Novellen und Skizzen (1898)
    • Ewald Tragy (1898)
    • Der Kardinal. Eine Biographie (1899)
    • Frau Blahas Magd (geschrieben 1899)
    • Fernsichten. Skizze aus dem Florenz des Quattrocento (1899)
    • Zwei Prager Geschichten (1899)
    • Im Leben (1899)
    • Teufelsspuk (1899)
    • Das Lachen des Pán Mráz (1899)
    • Wladimir, der Wolkenmaler (1899)
    • Ein Morgen (1899)
    • Das Haus (1900)
    • Die Letzten (1901)
    • Reflexe (1902)
    • Der Drachentöter (1902)
    • Die Turnstunde (1. Fassung: 1899; 2. Fassung: 1902)
    • Der Grabgärtner (1899, endgültige Fassung: Der Totengräber, 1903)
    • Vom lieben Gott und Anderes (1900, ab 1904 Geschichten vom lieben Gott)
    • Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke (1906; Neuauflage 1912)
    • Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910)
  • Dramatische Schriften
    • Jetzt und in der Stunde unseres Absterbens (Einakter, 1896)
    • Im Frühfrost (Dreiakter, 1897)
    • Höhenluft (Einakter, geschrieben 1897, Erstdruck 1961)
    • Ohne Gegenwart (Zweiakter, 1897)
    • Mütterchen (Einakter, 1898)
    • Die weisse Fürstin (1898, Überarbeitung 1904)
    • Waisenkinder (Szene, 1901)
    • Das tägliche Leben (Zweiakter, 1901)
  • Abhandlungen zu Kunst / Literatur
    • Moderne Lyrik (1898)
    • Worpswede (1902)
    • Auguste Rodin (1903)
    • Briefe über Cézanne (1952, posthum)