Das Sujet ist der Gegenstand, das Motiv oder eben Thema einer (künstlerischen) Darstellung, wie beispielsweise eines Theaterstücks oder eines Films. Das Sujet ist demnach die etwas unscharfe Bezeichnung für Grundeinfall, Handlungsschema, Plot oder den Stoff des Werkes. Überdies kann der Begriff als Synonym für den eigentlichen Stoff von Geschichten oder Vorträgen verwendet werden. In der Linguistik bezeichnet das Sujet (sjužet) eine bestimmte Ebene des Erzählens, wobei es mit der Fabel (Fabula) ein ähnliches Paar wie discours und histoire bildet.
Der Begriff leitet sich aus dem Französischen ab und lässt sich mit Gegenstand übersetzen. Demzufolge ist das Sujet der eigentliche Gegenstand einer Darstellung. In diesem Fall zeigt die Übersetzung, worum es prinzipiell geht: den kennzeichnenden und thematisch prägenden inhaltlichen Gegenstand eines Werks.
Hinweis: Nachfolgend soll es nun um die linguistischen Aspekte des Begriffs gehen und darum, wie ihn Viktor Borisovič Šklovskij erstmals nutzte und inwiefern Boris Viktorovič Tomaševskij die Begriffe in das Werk „Theorie der Literatur“ von 1925 einfließen ließ, das die Literaturwissenschaft prägte.
Fabel und Sujet in der Linguistik
Fabula und sjužet sind Begriffe des russischen Formalismus. Sie meinen Ebenen des Erzählens, die eng miteinander verwoben sind. Die fabula meint die Ereignisse und Motive des Werkes in ihrer logischen, kausal-temporalen Verknüpfung, wobei das sjužet die Gesamtheit der Motive meint, aber in der Reihenfolge, wie sie im Werk vorliegen (dt. Bezeichnung ~ Fabel / Sujet).
Viktor Borisovič Šklovskij war es, der die künstlerische Darstellung eines Erzähltextes erstmals als Sujet bezeichnete, wohingegen die eigentliche Geschichte, unabhängig von ihrer Darstellung, als Fabel benannt wurde. Ähnlich verwendete Boris Viktorovič Tomaševskij die Begriffe in seinem Werk Theorie der Literatur (1925). Dieses wurde kanonisch, weshalb meist seine Definition von Fabel und Sujet genutzt wird:
Die Gesamtheit der Ereignisse [in einer erzählten Geschichte] in ihrer wechselseitigen inneren Verknüpfung bezeichnen wir auch als Fabel. […] Es ist jedoch nicht damit getan, eine unterhaltsame Kette von Ereignissen zu erfinden, die man durch Anfang und Ende begrenzt. Man muß diese Ereignisse verteilen, sie in eine bestimmte Ordnung bringen, sie darlegen, – man muß aus dem Fabelmaterial eine literarische Kombination machen. Die künstlerisch aufgebaute Verteilung der Ereignisse in einem Werk wird als Sujet bezeichnet.
Die Fabel [ist] die Gesamtheit der Motive in ihrer logischen, kausal-temporalen Verknüpfung, das Sujet die Gesamtheit derselben Motive in derjenigen Reihenfolge und Verknüpfung, in der sie im Werk vorliegen. […]
Tomaševskij, Boris Viktorovič.: Fabel und Sujet (1925)
Dieser Auszug aus Tomaševskijs Werk fasst gut, worum es ihm grundsätzlich bei der Differenzierung geht. Die Gesamtheit aller Ereignisse wird als Fabel bezeichnet, wohingegen die künstlerische Art und Weise, wobei es primär um die Anordnung der einzelnen Ereignisse geht, als Sujet bezeichnet wird.
- Fabula nach Tomaševskij (engl. story):
- Sämtliche Ereignisse und Motive in der kausal-temporalen, logischen Verbindung
- unabhängig und somit autonom von der jeweiligen Art der Darstellung
- Sujet nach Tomaševskij (engl. plot):
- Motive der Fabel, allerdings in der Ordnung und Verknüpfung, wie im Werk gegeben
- tangiert die jeweilige Art der Darstellung einer Geschichte
- zu dieser Darstellungsweise gehören:
- 1. Struktur der Zeit als Abfolge von Ereignissen
- 2. Struktur des Raumes
- 3. Wahl der Erzählperspektive
Hinweis: Einige Jahre später verknüpfte der Erzähltheoretiker Tzvetan Todorow die Begriffe histoire und discours von Émile Benveniste mit den Beobachtungen Tomaševskijs. Somit sind fabula und sjužet zwar nicht gänzlich synonym zu histoire und discours, allerdings inhaltlich sehr ähnlich.