Als acte gratuit wird in der Literatur eine plötzliche, sinnlose und außerdem impulsive sowie spontane Handlung bezeichnet. Für eine solche Handlung wird kein Grund angegeben und sie verfolgt darüber hinaus keinen Zweck. Oft ist die Handlung kriminell und gewalttätig kriminell, wenngleich dies nicht in jedem Fall zutrifft. In der französischen Literatur kann ein solcher acte gratuit oftmals als ein Zeichen der symbolischen Auflehnung gegen den Determinismus gedeutet werden. Als Determinismus wird die Auffassung bezeichnet, dass Ereignisse – frühere sowie zukünftige – durch Vorbedingungen bereits festgelegt und nicht beeinflussbar sind. Der acte gratuit folgt einer spontanen Eingebung.
Begriff
Die Wortfolge stammt aus dem Französischen und lässt sich mit willkürliche Handlung übersetzen. Eine solche Tat findet sich mitunter bei den Protagonisten der modernen französischen Literatur, wie etwa in den Romanen des französischen Literaturnobelpreisträgers André Gide (1869-1951). Gide selbst bezeichnet eine solche Tat auch als l’acte autochtone. So heißt es im Werk Der schlechtgefesselte Prometheus (1899):
Übersetzung: […] die Tat ohne Ziel, also ohne Herrn; die freie Tat; die autochthone Tat
Gemeint ist mit der Wendung aber ein identischer Inhalt, wie er von Gide selbst in seinem Roman Die Verliese des Vatikans (1914) dargestellt wird. Im Abschnitt Lafcadio fährt der titelgebende Lafcadio mit dem Zug. Kurz hinter Rom steigt Amédée in das Abteil, in dem Lafcadio allein sitzt. Die beiden kennen sich nicht. Da kommt Lafcadio, der ein Abenteuer sucht, die Idee, dass ein Verbrechen doch kurzweilig wäre und stürzt Amédée kurzerhand aus dem fahrenden Zug in den Tod. Diese Tat ist folglich impulsiv und sinnlos.
- Als acte gratuit wird in der Literatur eine sinnlose, impulsive, spontane und meist gewalttätige sowie kriminelle Handlung bezeichnet. Diese ist für den Leser vollends unmotiviert, wobei auch im Laufe der Geschichte kein Grund oder ein Motiv für sie angegeben wird.
- Dennoch hat ein solcher Akt natürlich eine Wirkung: er bricht mit der Erwartung und begehrt folglich dagegen auf, dass alle Abläufe und Ereignisse entweder schon im Voraus festgelegt sind (Determinismus) oder jeder Wirkung eine tatsächliche Ursache haben muss (Kausalität).
- Hinweis: Solche Taten lassen sich aber auch in zahlreichen anderen Werken ausmachen, wie etwa bei Jean-Paul Satre (Der Ekel, französisch La nausée) oder auch bei Albert Camus (Der Fremde, französisch L’Étranger). Charakteristisch sind sie für moderne französische Literatur.