Der lateinische Ausspruch Ad fontes ist ein wesentliches Motto des Humanismus – der geistigen Strömung der Renaissance – und lässt sich mit „Zu den Quellen“ übersetzen. Der Renaissance-Humanismus, dessen Ursprünge im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts liegen, setzte sich für eine umfassende Bildungsreform ein. Diese sah vor, dass es das höchste Ziel sein müsste, den Menschen zu bilden, was die geistigen Fähigkeiten des Einzelnen zur vollen Entfaltung treiben sollte. Die Pflege des sprachlichen Ausdrucks war wichtig, weshalb dem Umgang mit Sprache eine zentrale Rolle beigemessen wurde, wobei der fehlerfreie Ausdruck – mündlich und schriftlich – in Latein zum Ziel erklärt wurde. Der Leitsatz Ad fontes meint, dass man sich bei seinem Studium auf die Originaltexte und Quellen der griechischen sowie römischen Dichter und Philosophen stützen sollte, um die Hintergründe von Theorien, Weltbildern und literarischen Arbeiten erfassen zu können. Geprägt wurde das Motto im Jahr 1511 durch den Humanisten Erasmus von Rotterdam.
Der Theologe, Philosoph, Philologe sowie Autor Erasmus von Rotterdam (um 1466/67-1536), der als wesentlicher Gestalter des Humanismus gilt, galt als Vielschreiber. Über 150 Bücher stammen aus seiner Feder, wobei er ausschließlich auf Latein schrieb und für sein Œuvre schon zu Lebzeiten eine enorme Aufmerksamkeit bekam. Erasmus von Rotterdam vertrat die Ansicht, dass Menschen nicht als Menschen geboren, sondern zu solchen erzogen werden. Dabei ging er davon aus, dass das Studium der antiken Gelehrten, vor allem der griechischen Philosophen, und die Rückbesinnung auf deren Originaltexte, wesentlich dafür sei. So schreibt er in De ratione studii ac legendi interpretandique auctores (1511):
Sed in primis ad fontes ipsos properandum, id est graecos et antiquos.
Übersetzung: Vor allem muss man zu den Quellen selbst eilen, das heißt zu den Griechen und den Alten überhaupt.
Diese Schrift Rotterdams ist für den Humanismus programmatisch geworden, also zur wesentlichen Grundlage, die die Ziele der Strömung beschrieb. Der wesentliche Aspekt ist, dass Rotterdam darauf verweist, dass man die ursprünglichste Quelle einer Sache konsultieren sollte, um diese Sache korrekt zu erfassen. Ebendieser Ansatz prägte und inspirierte auch den Theologen Martin Luther.
Während des Mittelalters war vor allem die lateinische Bibelübersetzung Vulgata gebräuchlich, die sich seit der Spätantike gegen andere Übersetzungen der Evangelien durchsetzte. Als Martin Luther nun im Zuge der Reformation die Bibel ins Deutsche übertrug, nutzte er – eben dem Ansatz ad fontes folgend – nicht diese Übersetzung, sondern griff auf althebräische, aramäische und altgriechische Quellen zurück.
Diese Überlegung findet sich in der Folge bei zahlreichen Autoren des Humanismus. So forderte beispielsweise der Philologe, Philosoph, Humanist, Theologe und Lehrbuchautor Philipp Melanchthon (1497-1560) von den Studenten der Wittenberger Universität, dass sie „Griechisch zum Lateinischen [lernten], damit [sie], wenn [sie] die Philosophen, die Theologen, die Geschichtsschreiber, die Redner, die Dichter [lesen], bis zur Sache selbst [vordringen], nicht ihre Schatten [umarmen].“
- Der lateinische Ausspruch Ad fontes bedeutet Zu den Quellen. Er gilt als ein Motto des Humanismus und wurde vor allem von Erausmus von Rotterdam geprägt. Der Ausspruch meint, dass man sich beim Studium eines Textes auf dessen Original beziehen sollte, um das Wesentliche zu verstehen und sich nicht auf falsche Annahmen zu stützen.
- Verwandt ist der Ausspruch mit der Wendung Ab initio, die sich mit Von Anfang an übersetzen lässt und meint, dass eine Sache vom Anfang an erschlossen oder erlernt wird. Außerdem erinnert das Motto an die Erzähltechnik Ab ovo, die vom Ei bedeutet, und meint, dass ein Text vom Anfang erzählt wird und die Vorgeschichte der Handlung zeigt.