Bedeutung
In der Regel meint man jedoch, dass Zustände, Ereignisse und Entwicklungen vorweggenommen werden, bevor sie eintreten. Daraus folgt, dass man sich auf das Erwartete einstellen und adäquat, also angemessen, darauf reagieren kann.
Beispielsweise können wir die Gedanken eines guten Freundes antizipieren, bevor er diese geäußert hat oder die Bewegungen eines Mitspielers, um dann im richtigen Augenblick die Flanke zu verwandeln. Und wer eine positive Kursentwicklung auf dem Aktienmarkt antizipiert, kann Gewinn machen.
Der Begriff leitet sich vom lateinischen Verb anticipare, das vorausnehmen oder verkürzen bedeutet, ab. Dieses setzt sich aus ante für vor und dem Verb capere für nehmen zusammen.
Darüber hinaus spricht man in der Literaturwissenschaft vom Stilmittel der Antizipation. Hiermit wird eine Vorausdeutung, also eine Vorausschau, ein Zeitsprung in die Zukunft oder eine durch den Text geweckte Lesererwartungen beschrieben.
Aber auch in sehr vielen anderen Fachbereichen ist das Nomen gebräuchlich, wie etwa in der Psychologie, Philosophie, Musik oder auch Linguistik. Grundsätzlich geht es dabei aber stets um die Vorwegnahme oder Erwartung eines zukünftigen Verhaltens und Erlebens oder das Erkennen von Absichten.
In der deutschsprachigen Literatur ist der Begriff vor allem seit dem 19. Jahrhundert belegt, wenngleich er auch schon früher zu finden ist, wie etwa 1581 in Johann Fischarts De Magorum Daemonomania als Anticipation. Seit den 1950er Jahren wird das Wort allerdings vermehrt verwendet.[1]
1. Quelle: Ngram Viewer
Beispiele
Ich weiß, was du sagen willst. Ich kann deine Gedanken antizipieren. Wir kennen uns doch schon ewig.
Hast du gesehen, wie Klose den steilen Pass von Müller ins Tor geknallt hat? Der muss den Ball antizipiert haben, sonst hätte er ihn nicht bekommen. Die sind echt ein Team!
"Denk an die hungernden Kinder in Afrika", sagte meine Mutter immer zu mir, wenn ich nicht aufessen wollte [...] Mit der Zeit konnte ich den Satz genau antizipieren. Mitgefühl oder gar Einsicht bewirkte er bei mir allerdings nicht.
Von SZ-Autoren, “Senf macht dumm!”
Voraussichtliche Mindereinzahlungen sind unter gewissen Bedingungen zu antizipieren, also vor der Fälligkeit zu zahlen.
Grammatik
- Wortart Verb
- Worttrennung an·ti·zi·pie·ren
Präsens | Präteritum | Perfekt |
---|---|---|
ich antizipier(e) | ich antizipierte | ich habe antizipiert |
du antizipierst | du antizipiertest | du hast antizipiert |
er antizipiert | er antizipierte | er hat antizipiert |
wir antizipieren | wir antizipierten | wir haben antizipiert |
ihr antizipiert | ihr antizipiertet | ihr habt antizipiert |
sie antizipieren | sie antizipierten | sie haben antizipiert |
Plusquamperfekt | Futur I | Futur II |
ich hatte antizipiert | ich werde antizipieren | ich werde antizipiert haben |
du hattest antizipiert | du wirst antizipieren | du wirst antizipiert haben |
er hatte antizipiert | er wird antizipieren | er wird antizipiert haben |
wir hatten antizipiert | wir werden antizipieren | wir werden antizipiert haben |
ihr hattet antizipiert | ihr werdet antizipieren | ihr werdet antizipiert haben |
sie hatten antizipiert | sie werden antizipieren | sie werden antizipiert haben |
Konjunktiv I | Konjunktiv I | Imperativ |
ich antizipiere | ich antizipierte | - |
du antizipierest | du antizipiertest | antizipier(e) |
er antizipiere | er antizipierte | - |
wir antizipieren | wir antizipierten | antizipieren |
ihr antizipieret | ihr antizipiertet | antizipiert |
sie antizipieren | sie antizipierten | antizipieren |
Infinitiv | Partizip | |
antizipieren | antizipierend | |
zu antizipieren | antizipiert |
Synonyme
- vorausahnen
- vorausnehmen
- vorhersehen
- vorgreifen
- vorweggreifen
- vorwegnehmen
- zuvorkommen
- im Voraus zahlen
- vor der Fälligkeit zahlen