Ästhetizismus

Der Ästhetizismus ist eine Unterepoche der Klassischen Moderne um die Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts. Ihre Wurzeln hatte diese Strömung bereits in der Romantik.


Begriff und zeitliche Einordnung der Ästhetizismus

Während er die Kunst schon einige Jahre früher beeinflusste, zog der Ästhetizismus 1890 bis 1920 auch in der Literatur Einzug. Bei dieser sowohl Kunst- als auch Lebensanschauung wurde das namensgebende Ästhetische zum allein gültigen Maßstab und alle anderen Werte vernachlässigt. Als philosophisches Konzept prägte diese Lehre des Schönen auch weitere moderne Unterepochen wie die Dekadenz, den Symbolismus und den Impressionismus. Im Grunde beruhte die ästhetische Anschauung auf eine Verachtung der Welt. Dem Zynismus und Nihilismus der Zeit war nur die Kunst entgegenzusetzen. Die Anhänger des Ästhetizismus postulierten aus diesem Weltbild heraus die Selbstgenügsamkeit der Kunst, ihr Motto lautete demnach “L’art pour l’art”.

 

 

Epochen der Literatur als Zeitstrahl

Merkmale des Ästhetizismus

Das Hauptmerkmal des Ästhetizismus ist die Verabsolutierung des Schönen. Es galt als höchstes Gut und hatte Vorrang vor allen anderen Werten. Auch in der Literatur standen daher die ästhetischen Kriterien über alle politischen, moralischen und religiösen Maßstäbe. Thematisch wurden somit oft Situationen und Dinge verarbeitet, die sich außerhalb moralischer Bewertung befanden. Es sollte Kunst erschaffen werden, die einzig und allein schön war und darüber hinaus jeden Wert und Zweck entbehrte. Weder sollte die Welt geändert noch die Wirklichkeit überwunden werden. Als Schlüsselwörter des Ästhetizismus sind also “das Schöne” und “die Kunst” zu nennen.

Ästhetizismus in der Literatur


Unter den europäischen Anhängern des literarischen Ästhetizismus galten Oscar Wilde und Gustave Flaubert als Hauptvertreter. Letzterer prägte den Begriff der Ungerührtheit als Ideal der Künstler für diese Literaturepoche. Schriftsteller sollten sich nicht von Meinungen, vom Glauben oder von Dogmen beeinflussen lassen, für sie galten keine moralischen und gesellschaftlichen Regeln und Werte. Das ästhetische Konzept wiederum fand in der Literatur unter anderem in der  “absoluten Dichtung” von Stephane Mallarmé oder in den “statischen Gedichten” von Gottfried Benn ihre Umsetzung.


Zusammenfassung: Ästhetizismus

Im Ästhetizismus, einer Epoche der Klassischen Moderne, waren alle drei Gattungen der Literatur vertreten. Hier sind einige Merkmale und Beispiele für jede Gattung während des Ästhetizismus:

Lyrik im Ästhetizismus:

In der lyrischen Dichtung des Ästhetizismus lag der Fokus auf der ästhetischen Gestaltung und dem Spiel mit Sprache, Klang und Bildern. Die Lyrik dieser Epoche war oft von symbolischen Motiven, Stimmungen und ästhetischen Idealen geprägt. Sie versuchte, das Schöne und Ästhetische in poetischer Form auszudrücken.

Epik im Ästhetizismus:

In der epischen Literatur des Ästhetizismus wurden Geschichten und Erzählungen präsentiert, die oft von ästhetischen Idealen geprägt waren. Die epischen Werke dieser Zeit konzentrierten sich auf die Darstellung von ästhetischen Erfahrungen und das Spiel mit sprachlichen und stilistischen Mitteln.

Dramatik im Ästhetizismus:

Im ästhetischen Drama des Ästhetizismus stand die ästhetische Inszenierung und die Darstellung von ästhetischen Idealen im Vordergrund. Die dramatischen Werke dieser Zeit konzentrierten sich oft auf das Spiel mit Ästhetik, Sinnlichkeit und Stilistik.

 

Vertreter und Werke (Auswahl)

Autor Lebensdaten Werk Erscheinungsjahr
Gustav Flaubert 1821-1880 Madame Bovary (frz. 1857/dt. 1858) 1857/1858
Oscar Wilde 1854-1900 Das Bildnis des Dorian Gray (The Picture of Dorian Gray, 1890) 1890
Friedrich Wilhelm Nietzsche 1844-1900 Dionysos-Dithyramben (Gedichtzyklus 1889 vollendet) 1889


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit der Germanistin Bianca Körner veröffentlicht.