Der Stabreim ist eine Reimart und die deutschsprachige Entsprechung der Alliteration. Allerdings wird der Begriff vor allem im Zusammenhang mit germanischer Dichtung gebraucht. Im Stabreim gibt es einen gleichen Anlaut benachbarter tontragender Silben. Das meint, dass Wörter, die nebeneinander stehen, mit einem gleichem Laut beginnen. Wörter staben miteinander, wenn sie mit gleichen Konsonanten oder einem beliebigen Vokal gleicher Quantität beginnen.
Prinzipiell meinen das Stilmittel der Alliteration und der Begriff Stabreim das Gleiche: nämlich den Umstand, dass die betonten Stammsilben benachbarter Wörter den gleichen Anfangslaut besitzen. Schauen wir zur Veranschaulichung auf ein einfaches Beispiel aus der Werbung.
Diesen Werbeslogan kreierte die westdeutsche Milchwirtschaft in den 1950er Jahren. Alle Anfangslaute, in diesem Fall der Konsonant m, sind identisch. Somit ist der Vers alliterativ und die einzelnen Wörter staben: sie bilden also einen Stabreim. Wenn der Stabreim so verstanden wird, ist er eindeutig mit der Alliteration gleichzusetzen. Weitere Beispiele finden Sie in den Beispiel-Alliterationen.
Jedoch kann der Stabreim auch abgrenzend verstanden werden. In diesem Fall ist er einer bestimmten Verssprache vorbehalten und bildet die Grundlage für den sogenannten Stabreimvers. Dieser stammt aus der germanischen Versdichtung und war die metrische Grundlage für die Versmaße Dróttkvætt und Fornyrðislag sowie deren Urform, die germanische Langzeile.
Hinweis: Nachfolgend stellen wir den Stabreim in der germanischen Versdichtung vor. Das heißt, dass im folgenden Abschnitt der Stabreim als Bestandteil des Stabreimverses betrachtet wird und eben nicht nur als synonymer Begriff der Alliteration, auch wenn das mitunter im Fachbereich Deutsch üblich ist.
Stabreim und Langzeile
Das Prinzip des Stabreims soll anhand der germanischen Langzeile gezeigt werden. Immerhin war der Stabreim für die altgermanische Versdichtung charakteristisch, bis er vom Endreim abgelöst wurde. Es ist naheliegend, ihn an der Langzeile zu veranschaulichen, die schon der Vers des germanischen Heldenliedes war und Vorlage weiterer Versmaße ist.
Die Langzeile teilt sich in zwei Kurzzeilen. Diese nennen sich An- und Abvers. Verbunden werden Anvers und Abvers mithilfe von Stabreimen. Die Kurzzeilen sind in zwei Vierviertel- oder Langtakte gegliedert. Getrennt werden die Kurzzeilen durch eine Zäsur (Redepause). Weiterhin gilt, dass beide Kurzzeilen zwei Hebungen aufweisen, die die Stäbe tragen.
Der Garbensohn Scyld hat oft grimme Feinde
Das Beispiel ist dem Heldengedicht Beowulf entnommen. Anvers und Abvers sind hierbei durch eine Zäsur getrennt (||), beide unterteilen sich in zwei Langtakte (/). Die Hebungen liegen auf scyld, scefing, sceaþena und þreatum. Das bedeutet, dass die Stäbe sich auf diese Wörter verteilen könnten.
Nun ist es aber so, dass in der Langzeile nur der Anvers auf beiden betonten Wörtern Stäbe tragen darf, wohingegen im Abvers nur das erste betonte Wort einen Stab aufweisen soll. Genau nach diesem Muster sind die einzelnen Stäbe im Beispiel auch gesetzt, scyld, scefing, sceaþena staben, sind also durch den Stabreim miteinander verbunden, weil sie den gleichen Anfangskonsonanten aufweisen (s).
Dadurch ergibt sich im Beispiel die Abfolge 1 2 || 3 4. Das heißt, dass der Stabreim auf dem ersten, zweiten und dritten betonten Wort liegt. Denkbar sind außerdem die Kombinationen 1 2 || 3 4 und 1 2 || 3 4.
- Grundsätzlich kann der Stabreim mit der Alliteration gleichgesetzt werden. Dann beschreiben beide Begriffe den Umstand, dass nachfolgende Wörter den gleichen Anfangslaut aufweisen. Allerdings kann der Stabreim auch als bindendes Element der germanischen Langzeile betrachtet werden und weist dabei einige Besonderheiten auf.
- Dennoch ist beiden Begriffen gemein, dass sie einzelnen Wörter unmittelbar aufeinander beziehen, was durch die Reimbindung erfolgt. Mitunter vermag der Reim nämlich – noch stärker als das Metrum – zwei oder mehrere Wörter miteinander zu verbinden und sie so zur Einheit zu machen.
- In der heutigen Zeit kommen alliterative Verse oder eben Stabreime vor allem in der Werbung zum Einsatz. Das liegt darin begründet, dass sich aufeinander folgende Wörter mit gleichen Anlauten besser einrpägen lassen und somit im Gedächtnis bleiben.
- Oftmals ist der Stabreim für den sogenannten Hakenstil prägend. Ursprünglich endet hierbei eine Sinneinheit in der Versmitte der Langzeile und wird erst in der folgenden Langzeile vervollständig. Der Vers erhält so einen über dessen Ende “hinaushakenden” Satz- oder Sinnzusammenhang.