Der Familienroman, auch Generationenroman oder Familiensaga, ist ein Roman–Genre, dessen Handlung sich vordergründig mit dem Schicksal einer Familie befasst. Die Figurenkonstellation ist also vor allem von den Mitgliedern einer Familie geprägt. Die erzählte Zeit erstreckt sich also in der Regel über mehrere Generationen und umfasst folglich meist mehrere Jahrzehnte. Da das Figurenensemble innerhalb der Familie oder eben im Umfeld dieser angesiedelt ist, tauchen im Familienroman natürlich stets ähnliche Konflikte auf (bspw. Erbschaften, Generationskonflikte …).
Inhaltsverzeichnis
Begriff
Die Begriffe Familienroman, Generationenroman, Familiensaga sowie Familienchronik werden in der Literatur bisweilen synonym verwendet. Per Definition lässt sich der Familienroman aber insofern von anderen Genres abgrenzen, als dass er zumeist leiglich zwei Generationen umfasst, wobei deren Leben und Konflikte gezeigt werden. Es geht also in der Regel um die Geschichte von Eltern und ihren Kinder.
Alle anderen Begriffe – vor allem der Generationenroman – lassen sich also abgrenzen, da sie sich über mehr als zwei Generationen erstrecken und zumindest die Geschichte dreier Familiengenerationen umfassen. Diese Abgrenzung wird aber in der Regel nicht vollzogen und auch dieser Artikel trennt nicht so scharf, da die grundsätzlichen Konflikte aller Genres – unabhängig von der Figurenzahl – identisch sind.
Geschichte des Familienromans
Das grundsätzliche Thema – die Familie und das Zusammenspiel verschiedener Generationen – findet sich schon seit Jahrhunderten in ganz verschiedenen Formen und Ausprägungen. Allerdings wandelte sich in den einzelnen Epochen der Schwerpunkt, der im Familienroman gezeigt wurde.
Als eines der ersten Beispiele in deutscher Sprache sowie als Vorstufe des späteren Familienromans gilt Von guten und bösen Nachbarn (1556) von Jörg Wickram, einem Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, dessen Werk sich vor allem durch Dramen, Prosawerke und Übersetzungen auszeichnet. Allerdings ist wohl das erste große Hoch des Genres in der Empfindsamkeit (etwa 1740 bis 1790) zu verorten. In zahlreichen Briefromane steht sehr häufig die Familie und außerdem die Rolle der Frau im Vordergrund. Ferner wird häufig die Kindererziehung thematisiert, wodurch der Erziehungsroman an Bedeutung gewinnt.
In folgenden Epochen spielt der familienroman eher eine untergeordnete Rolle und prägt – sieht man von Johann Wolfgang von Goethes „Die Wahlverwandtschaften“ (1809) ab – in der Klassik oder auch Romantik kaum das literarische Feld. Eher findet er sich hier in der seichten Unterhaltungs- oder Trivialliteratur.
Bis in die Gegenwart verändert sich der Familienroman beständig und ist schwer als eigenständiges Genre festzumachen. Denn einerseits lassen sich natürlich Familienschicksale in zahlreichen Werken ausmachen, doch andererseits sind sie diese selten der wesentliche Grund der Gestaltung, sondern sind eher Hintergrund im jeweiligen Genre (Bauernroman, Heimatdichtung, Ständeroman etc.). Stark geprägt wird der Familienroman allerdings nochmals durch die Eheromane von Lew Tolstoi, Fjodor Dostojewski und Theodor Fontane sowie der Geschlechterroman von Émile Zola.
Beispiele
- Witiko (1867), Adalbert Stifter
- Les Rougon-Macquart (Zwanzigteiler, 1871-1893), Émile Zola
- Die Brüder Karamasow (1880), Fjodor Dostojewski
- Effi Briest (1896), Theodor Fontane
- Buddenbrooks (1901), Thomas Mann
- The Way of All Flesh (1903), Samuel Butler