Leserbrief

Der Leserbrief ist die schriftliche Reaktion auf einen veröffentlichten Beitrag (Zeitung), weshalb er zur Darstellung einer persönlichen Meinung dient. Der Leserbrief fällt, wie auch der Kommentar und die Rezension, in den journalistischen Bereich. Er macht es möglich, den eigenen Standpunkt einer Öffentlichkeit vorzustellen und wird in der Schule genutzt, um eine Position darzulegen und die eigenen rhetorischen Fähigkeiten zu schulen (→ Schreiben).


Demnach zeigt der Leserbrief eine ablehnende oder zustimmende Reaktion auf einen Artikel (meist Zeitung oder Zeitschrift) und bezieht somit Stellung zum Inhalt des Beitrags. Allerdings ist es auch denkbar, dass wir ausschließlich den Stil des Artikels würdigen oder auch angreifen und weniger auf den eigentlichen Inhalt Bezug nehmen. Möglich ist ebenso ein Leserbrief zu einem veröffentlichten Leserbrief (→ Stilmittel).

Hinweis: In diesem Beitrag möchten wir Ihnen zeigen, welche Merkmale die Textform auszeichnen, wie Sie selbst einen Leserbrief schreiben können und worauf es diesbezüglich zu achten gilt. Außerdem werden wir auf den Aufbau des Leserbriefs eingehen und Tipps zur Gestaltung geben. Weiterhin möchten wir den Unterschied zwischen freiem und textbezogenem Leserbrief verdeutlichen.

Was ist ein Leserbrief?

Der Leserbrief dient der Darstellung der eigenen Position im Bezug auf eine dargestellte Position in einem journalistischen Artikel. Mitunter kann so aber auch Stellung zu einem Blogbeitrag oder einer anderen Form des schriftlichen Ausdrucks bezogen werden.

Dabei greift der Leser einen Inhalt auf, berichtigt, kommentiert, ergänzt, widerspricht oder stellt diesen richtig, woraufhin die Redaktion des jeweiligen Mediums den Brief entweder veröffentlicht und unter Umständen kommentiert oder dem Sender lediglich eine persönliche Antwort schreibt.

Die Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, insonderheit für die lieben Landleute alt und jung (aufgrund des roten Umschlags auch Rothe Zeitung genannt), war die erste deutschsprachige Zeitung, die aktiv um die Zusendung von Leserbriefen warb und diese abdruckte. Die Rothe Zeitung wurde vom evangelischen Pastor Hermann Bräss von 1786 bis zu seinem Tode 1797 herausgeben → Literaturepochen

Der Leserbrief wird normalerweise per E-Mail, Brief oder Fax an die Redaktion der entsprechenden Zeitung übersandt. Zeitungen haben dafür vorgesehene Rubriken, die eine Sammlung solcher Einsendungen abbilden. Meist werden die eingesandten Briefe in gekürzter sowie kommentierter Form veröffentlicht.

Bei Zeitungen gibt es meist einen Mitarbeiter, der die Einsendungen sichtet und dabei die Spreu vom Weizen trennt. Eine solche Vorauswahl ist wichtig, da große Magazine von vielen Zuschriften überschüttet werden und so nicht jeder die Einsendungen sichten muss. Oft haben Briefe, die kurzfristig ein aktuelles Thema aufgreifen oder Fehler in der Berichterstattung finden, die größte Chance auf einen Abdruck.

Hinweis: In der Sprachwissenschaft gelten Leserbriefe als judizierende Textform, wie auch die Glosse, Filmkritik, Rezension, Buchbesprechung, Diagnose oder das Gutachten. Judizierend bedeutet, dass diese Textformen urteilend sind und einen Sachverhalt bewerten und von außen beurteilen.

Einen Leserbrief schreiben

Grundsätzlich ist jeder Brief, der klar Bezug auf einen Beitrag nimmt, als Leserbrief zu bewerten. Folglich gibt es keine Formalia zur Gestaltung eines solchen Schreibens. Allerdings wird der Leserbrief auch als Aufsatz im Deutschunterricht verwendet, wobei klare Regeln gelten.

Wichtig ist hierbei, dass im Unterricht eine argumentierende Stellungnahme gefordert wird, was heißt, dass ein einzelner Aspekt des ursprünglichen Beitrags herausgegriffen und argumentativ kritisiert wird. Hierbei reicht die einfache Meinungsäußerung, wie im journalistischen Bereich oder bei Privatpersonen üblich, nicht mehr aus und einige Dinge sind beim Schreiben zu beachten.

Allgemeine Regeln für das Verfassen eines Leserbriefes

  • Stellen Sie deutlich klar, auf welchen Teil des jeweiligen Artikels Sie sich beziehen und benennen Sie korrekt, an welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt Sie das Ganze gefunden haben.
  • Verweisen Sie außerdem darauf, welche Rolle Sie selbst einnehmen. Sind Sie ein Experte auf dem jeweiligen Gebiet oder sind Sie unter Umständen selbst von der Thematik betroffen?
  • Achten Sie grundsätzlich darauf, die eigenen Argumente logisch und sachlich zu formulieren. Dies erhöht die Chance, dass das Ganze abgedruckt wird und wirkt auch für andere nachvollziehbarer.
  • Machen Sie ihre Argumente an eindeutigen Beispielen fest und greifen Sie außerdem neue Aspekte der Thematik auf, die mitunter im ursprünglichen Beitrag nicht beleuchtet wurden.

Aufbau des Leserbriefes

Der nachfolgende Aufbau ist als Richtlinie zu verstehen. Das bedeutet, dass Sie grundsätzlich dabei variieren können und die textliche Gestaltung durchaus freier formulieren können.

  • Mögliche Gestaltung für einen Leserbrief
    • Anrede: Entweder Nennung, wenn ersichtlich, des jeweiligen Autoren oder Anrede der Redaktion.
    • Bezugnahme: Auf welchen Beitrag (Datum, Titel) beziehen Sie sich und welchen Teil davon möchten Sie kommentieren? Fassen Sie komplexe Abschnitte zusammen.
    • Eigener Standpunkt: Verdeutlichung des eigenen Standpunktes und Verweis darauf, welche Rolle Sie selbst einnehmen (Schüler, Experte, Betroffener).
    • 1. Argument: Stützen Sie nun Ihren Standpunkt oder Ihre These mit einem Argument, entkräften Sie möglichst die mögliche Argumentation der Gegenseite (Indirektes Argument → Argumenttypen)
    • 2. Argument und Beispiel: Untermauern Sie Ihre These durch ein weiteres Argument und machen Sie dieses für eine größere Bildhaftigkeit an einem Beispiel aus Ihrer Erfahrung fest.
    • Schlussteil: Machen Sie erneut deutlich, worauf es Ihnen ankommt und schlussfolgern Sie, was sich aus ihrer Argumentation ableiten lässt.
    • Stilmittel: Die eigene Argumentation kann durch rhetorische Kniffe fundierter erscheinen. Geeignet sind hierbei vor allem die rhetorische Frage und der Appell, die sehr gut in den Schlussteil passen.
  • Hinweis: Grundsätzlich können auch noch mehr Argumente in den Leserbrief einfließen. Allerdings sollten Sie beachten, dass die Textform eher als kurze Meinungsäußerung zu verstehen ist. Lange Ausführungen sind hierbei also eher hinderlich und eine knackige Argumentation ist zu bevorzugen.

Freie und textbezogene Leserbriefe

Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen zwei Formen des Leserbriefs: dem freien und dem textbezogenen. Nachfolgend möchten wir Ihnen aufzeigen, aufgrund welcher Merkmale sich beide Formen voneinander unterscheiden lassen und worum es prinzipiell geht.

  • Der textbezogene Leserbrief nimmt Bezug auf einen Artikel und greift bestimmte Abschnitte oder Meinungen auf, um diese zu kommentieren. Er ist somit eine Stellungnahme zu einem Sachverhalt oder einer primären Äußerung über ein Problem oder eine Zeiterscheinung.
  • Der freie Leserbrief bezieht sich im Gegensatz dazu nicht unmittelbar auf den eigentlichen Text, sondern greift vielmehr eine bestimmte Tendenz des Artikels auf und kommentiert sie allgemein. Das Leserbrief-Beispiel im nächsten Abschnitt kann zu dieser Sorte gezählt werden.

Leserbrief-Beispiel

<strong>Beispiel eines Leserbriefs</strong> (Klappt beim Klicken auf)
Sehr geehrte Redaktion,

in Ihrem Beitrag vom 26.05.2014 Fremdsprachenerwerb: Schüler lernen nur noch Englisch, der sich mit dem Fremdsprachenangebot an unseren Schulen beschäftigt, zeigen Sie exemplarisch auf, dass der Französisch- und Spanischunterricht an deutschen Grundschulen immer mehr vom Englischen verdrängt und abgelöst wird, wodurch das Englisch alleinige und erste Fremdsprache bleibt.

Ich, als Spanischlehrer an einem Gymnasium, kann diese fatale Entwicklung aus meiner langjährigen Erfahrung bestätigen und erachte sie als folgenschwer. Es ist ein Fehler, die Schüler erst in der Oberstufe mit der französischen oder spanischen Sprache vertraut zu machen.

Die Folge ist, dass den Schülern die Zeit fehlt, die Kenntnisse in eben diesen Sprachen zu erweitern, wohingegen eine Begegnung mit der englischen Sprache auch durch die Musik und allgegenwärtige Medien sichergestellt ist, weshalb weniger Berührungsängste seitens der Schüler bestehen. Würden Schüler also schon in der Grundschule mit anderen Fremdsprachen konfrontiert werden, würde dies die Sicherheit der Schülerschaft ungemein steigern.

Weiterhin ist es ein Fehler, anzunehmen, dass das Englische viel leichter zu erlernen sei. Zwar ist die Einstiegshürde ins Französische ein wenig höher (bspw. muss der Artikel beim Nomen mitgelernt werden), doch betrachten wir den gesamten Wortschatz beider Sprachen, können wir feststellen, dass das Englische weder leichter, noch das Französische umfangreicher wäre.

Warum das Englische also bevorzugen und andere Sprachen im Grundschulbereich vollkommen außer Acht lassen? Setzen wir uns also gemeinsam dafür ein, die Sprachvielfalt an den Schulen zu stärken und erhöhen den Druck auf Regierung und Entscheidungsträger, den Lernraum, nicht so einseitig zu gestalten – zumal die deutsch-französische und deutsch-spanische Beziehung essentiell für unseren Wirtschaftsraum ist.

Mit freundlichen Grüßen
Walther Wortwuchs

<em><strong>Hinweise</strong> zum obigen Leserbrief-Beispiel</em>
Das obige Beispiel ist nur ausgedacht und stellt lediglich eine mögliche Form der Textgestaltung dar. Nachfolgend möchten wir Ihnen den Aufbau verdeutlichen.


  • Anrede: Anrede der gesamten Redaktion (Sehr geehrte Redaktion)
  • Bezugnahme: Nennung des Beitrages und das entsprechende Datum. Hier ist es der 26.05.2014 und der Verweis auf den Titel des Artikels.
  • Eigener Standpunkt: Verfasser gibt sich als Gegner des ausschließlichen Englischunterrichts zu erkennen und verweist darauf, dass er Ahnung hat, wovon er spricht (Fremdsprachenlehrer).
  • 1. Argument: Verweis, dass das Englische allgegenwärtig ist und die Berührungsängste somit eh gering sind, wobei es in anderen Sprachen anders aussieht. Der möglich Einwand, dass es so keinen Bezug zum Englischen gibt, wird schon vorab verneint, indem auf englische Medien und Musik verwiesen wird.
  • 2. Argument + Beispiel: Anmerkung, dass das Englische eben so schwierig ist, wie andere Fremdsprachen, was mit einem Beispiel (Nomen und deren Artikel sowie Menge des gesamten Wortschatzes) bekräftigt wird.
  • Schlussteil: Im Schluss wird ein Appell an den Leser gerichtet (Setzen wir uns also gemeinsam dafür ein […]), der durch eine rhetorische Frage (Warum das Englische also bevorzugen […]?) eingeleitet wird. Solche rhetorischen Stilmittel können den Leserbrief verstärken.
  • Grußformel: Der Leserbrief wird mit einem formlosen Gruß geschlossen, der durchaus individuell und thematisch passend, aber natürlich höflich, gestaltet sein kann.

Das Wichtigste und eine Kurzübersicht zum Leserbrief


  • Der Leserbrief ist eine Form des meinungsäußernden Schreibens und demnach mit der Glosse und Rezension sowie dem Kommentar und der Kritik verwandt.
  • Er ist die schriftliche Reaktion auf einen Artikel, der in irgendeinem Medium veröffentlicht wurde und berichtigt, kommentiert, ergänzt, widerspricht oder stellt diesen richtig.
  • Im Deutschunterricht wird er dafür genutzt, die eigene Meinung argumentativ zu belegen und ist somit eine typische Aufsatzform im Fachbereich Deutsch.
  • Da der Leserbrief argumentativ aufgebaut ist, wird er meist als Einstieg in die Themenfelder der Erörterung und Argumentation genutzt. Der Leserbrief ist mit diesen Aufsatzformen verwandt.