Als Praeteritio, auch Präterition oder Paralipse, wird ein rhetorisches Stilmittel bezeichnet. Die Praeteritio beschreibt, dass der Sprechende eine Sache besonders hervorhebt, indem er ausdrückt, dass er diese Sache übergehen und folglich nicht besprechen möchte. Der Redner gibt hierbei vor, dass etwa unwichtig oder selbstvertändlich ist und widmet sich dem nächsten Inhalt. Somit wird aber das Ungenannte betont und so in den Vordergrund gebracht, wo es nicht wäre, wenn der Sprechende das jeweilige Thema tatsächlich nicht benannt hätte. Dadurch, dass der Sprechende darauf verweist, dass er eine Sache nicht ausführen möchte, macht er also das Gegenteil von dem, was er sagt, weshalb es eine Ähnlichkeit zur Ironie gibt.
Inhaltsverzeichnis
Begriff & Beispiel
Die Bezeichnung der Stilfigur geht auf das lateinische Verb praeterire zurück, das sich mit auslassen oder übergehen übersetzen lässt. Die Bezeichnung Paralipse findet ihren Ursprung im griechischen Nomen paraleipsis, das Unterlassung bedeutet. Folglich verweist bereits die Übersetzung der Stilfigur darauf, worum es hierbei geht: nämlich um das Auslassen oder Übergehen einer Sache. Ein einfaches Beispiel:
Zur Politik gibt es viel zu sagen, aber lassen wir das!
Das Beispiel ist deshalb eine Praeteritio, weil der Redner vorgibt, ein Thema nicht besprechen zu wollen und es dadurch indirekt benennt. Hierbei soll die Politik nicht besprochen werden, auch wenn es viel zu sagen gäbe. Somit wird etwas benannt, aber nicht ausgeführt, wodurch der Blick erst recht auf das Thema gelenkt wird.
Zumeist wird die Praeteritio aber gebraucht, um im gleichen Zug auf ein anderes – unter Umständen wichtigeres – Thema zu verweisen. In diesem Fall ist es teils schwierig, von einem bewusst genutzten Stilmittel zu sprechen, da dies eventuell aus Zeitgründen geschieht oder um das Wesentliche wieder in den Mittelpunkt zu rücken.
Zum 3. Punkt der Tagesordnung sage ich nichts!
Starke Form der Praeteritio
Die Paralipse kann das Nicht-Benannte jedoch auch benennen und es gleichzeitig verneinen und wirkt somit unter Umständen schärfer und stärker, da sie dadurch einen Sachverhalt transportieren kann und das Nicht-Benannte eindeutig, wenn auch indirekt, aussagt.
Diese stärkere Form der Paralipse ist vor allem in (politischen) Reden auszumachen und lässt sich bereits seit der Antike in Texten und Debatten belegen (vgl. Redeanalyse). Ein einfaches Beispiel:
Ich möchte nicht darüber mutmaßen, ob Frau Dietze ein Alkoholproblem hat.
In diesem Beispiel wird also direkt auf das mögliche Alkoholproblem einer Person verwiesen, wobei angemerkt wird, dass über das Thema nicht zu sprechen ist. Somit wird allerdings erst dadurch das Thema besprochen. Diese Form der Praeteritio kann durchaus als passiv-aggressiv gelten, da der Vorwurf indirekt kommuniziert wird.
Solche indirekten Attacken, die durch die Nicht-Benennung erfolgen, sind tatsächlich häufig in der Politik zu finden. Ein sehr prominentes Beispiel findet sich etwa in einem Tweet des 45. amerikanischen Präsidenten Donald Trump, den er im Januar 2016 verfasste.
I refuse to call Megyn Kelly a bimbo, because that would not be politically correct. Instead I will only call her a lightweight reporter!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 27. Januar 2016
Im Beispiel schreibt Donald Trump, dass er die Reporterin nicht als Bimbo bezeichnen möchte und tut es somit indirekt doch. Das Wort Bimbo ist übrigens ein englischer Slangausdruck und steht für eine attraktive, aber einfältige Frau. Im Deutschen kann das Ganze mit Tussi oder eben (blondes) Dummchen übersetzt werden.
Dieser rhetorische Kniff lässt sich natürlich auf sämtliche Inhalte beziehen und kann unter Umständen auch ein Mittel sein, um sich rechtlich abzusichern, denn wer sagt, dass er einen anderen niemals mit diesem oder jenem Schimpfwort beleidigen würde, sagt es eben nicht wirklich. Aber das müssen im Zweifel Gerichte entscheiden.
- Ich möchte diesen Punkt übergehen.
- Ich vergebe dir deine Eifersucht, also werde ich nicht einmal erwähnen, was für ein Verrat es war.
- Hierzu wäre viel zu sagen, aber lassen wir das!
- Dazu sage ich garnichts!
- Ganz zu schweigen davon, dass …
- Demnach will ich nicht sagen, dass …, aber …
- Heute ist nicht der Tag, darauf hinzuweisen, dass …
- Wir sind völlig unserem Kaiser ergeben, so dass wir nie behaupten würden, dass seine neuen Kleider ein durchsichtiger Schwindel sind.
- Ich wollte, es wäre mir gegeben, in die letzten Worte dieses voraussichtlich letzten Briefes, den ich an Francis Bacon schreibe, alle die Liebe und Dankbarkeit, alle die ungemessene Bewunderung zusammenzupressen, die ich für den größten Wohltäter meines Geistes, für den ersten Engländer meiner Zeit im Herzen hege und darin hegen werde, bis der Tod es bersten macht.
Zusammenfassung
- Als Praeteritio, auch Präterition oder Paralipse, wird ein rhetorisches Stilmittel bezeichnet. Die Praeteritio beschreibt, dass ein Redner eine Sache besonders hervorhebt, indem er ausdrückt, dass er diese Sache übergehen und folglich nicht besprechen möchte.
- Dadurch, dass der Redner aber ausdrückt, dass er dieses oder jenes nicht sagen will, sagt er es eben doch und lenkt erst durch diesen rhetorischen Kniff die Aufmerksamkeit auf das jeweilige Thema.
- Die Paralipse kann sehr allgemein gehalten werden und muss dann auch nicht in jedem Fall als Stilmittel gewertet werden. Umso detaillierter aber benannt wird, was nicht benannt werden soll, umso mehr wird dann eben auch gesagt. Dann kann die Stilfigur als solche erkannt und durchaus mit der Ironie verglichen werden.