Barbara Allen

    1. Es war im Herbst, im bunten Herbst,
    2. Wenn die rothgelben Blätter fallen,
    3. Da wurde John Graham vor Liebe krank,
    4. Vor Liebe zu Barbara Allen.

 

    1. Seine Läufer liefen hinab in die Stadt
    2. Und suchten bis sie gefunden:
    3. „Ach, unser Herr ist krank nach Dir,
    4. Komm, Lady, und mach’ ihn gesunden.“

 

    1. Die Lady schritt zum Schloß hinan,
    2. Schritt über die marmornen Stufen,
    3. Sie trat an’s Bett, sie sah ihn an:
    4. „John Graham, Du ließest mich rufen.“

 

    1. „Ich ließ Dich rufen, ich bin im Herbst
    2. Und die rothgelben Blätter fallen,
    3. Hast Du kein letztes Wort für mich?
    4. Ich sterbe, Barbara Allen.“

 

    1. „John Graham, ich hab’ ein letztes Wort,
    2. Du warst mein All und Eines;
    3. Du theiltest Pfänder und Bänder aus,
    4. Mir aber gönntest Du Keines.

 

    1. John Graham, und ob Du mich lieben magst,
    2. Ich weiß, ich hatte Dich lieber,
    3. Ich sah nach Dir, Du lachtest mich an
    4. Und gingest lachend vorüber.

 

    1. Wir haben gewechselt, ich und Du,
    2. Die Sprossen der Liebesleiter,
    3. Du bist nun unten, Du hast es gewollt
    4. Ich aber bin oben und heiter.“

 

    1. Sie ging zurück. Eine Meil’ oder zwei,
    2. Da hörte sie Glocken schallen;
    3. Sie sprach: „Die Glocken klingen für ihn,
    4. Für ihn und für – Barbara Allen.

 

  1. Liebe Mutter mach ein Bett für mich,
  2. Unter Weiden und Eschen geborgen;
  3. John Graham ist heute gestorben um mich
  4. Und ich sterbe um ihn morgen.“
Der oben stehende Gedichttext orientiert sich an der Schreibung Theodor Fontanes. Folglich haben wir die Rechtschreibung kaum angepasst und sämtliche Einrückungen des Autors beibehalten.

Erläuterungen

Hintergrund

Die Ballade Barbara Allen von Theodor Fontane aus dem Jahr 1875 gibt uns Einblicke in die unerfüllte Liebesgeschichte von Barabara Allen und John Graham, eine Liebe, die nie zeitgleich auf Gegenseitigkeit beruhte und somit erzählt die Ballade von verschmähter Liebe.

Das Erzählte ist allerdings nicht allein Fontane zuzuschreiben, sondern findet sich erstmalig im 17. Jahrhundert, wo das Motiv der Barbara Allen in zahlreichen Liedern durchaus populär war.

Die meisten dieser ursprünglichen Werke erzählen von einem schwer erkrankten Mann, der vergeblich auf die Liebe von Barbara Allen hofft, aber sie nie erfährt, was letzten Endes zum Tod führt. Am Sterbebett bricht Barbara Allen in Tränen aus und stirbt selbst kurz darauf

Die Ballade ist eine der unbekannteren des Dichters und wird erst in den letzten Jahren häufiger im Deutschunterricht aufgegriffen.


Stichwortverzeichnis