Die Leiden des jungen Werther

Einleitung

Die Leiden des jungen Werther ist ein Briefroman des Dichters Johann Wolfgang von Goethe aus dem Jahre 1774. Das Werk ist ein Hauptstück des Sturm und Drang.

Der Werther verhalf dem jungen Dichter Goethe zu einem viel beachteten Erfolg im Inland und im Ausland. Dieses Werk ist eines der bekanntesten Goethes und ist darüber hinaus eine der berühmtesten Liebesgeschichten überhaupt. In dem Roman ist der Topos des unglücklichen sowie zurückgewiesenen Liebhabers in einer von Emotionalität getragenen Sprache dargestellt.

Der Roman spielt im Zeitraum vom 4. Mai 1771 bis zum 24. Dezember 1772. Ort der Handlung ist die Kleinstadt Wahlheim sowie die idyllische Umgebung. In dem Roman berichtet der junge Künstler und Rechtspraktikant Werther in mehreren Briefen an seinen Freund Wilhelm von seiner äußerst emotionalen Liebe zu einer bereits verlobten Frau.

Bei der Frau handelt es sich um die schöne Tochter des Amtmanns Lotte, die mit dem elf Jahre älteren Beamten Albert verlobt ist. Zunächst versucht Werther, sein Leben weiterzuführen. Er besucht Lotte und freundet sich mit Albert an, obwohl dieser kaum Gemeinsamkeiten mit dem jungen Werther teilt. Vorerst scheint die Dreiecksbeziehung zu funktionieren. Werthers Liebe zu Lotte ist dabei stets platonischer Natur, also nicht körperlich, sondern auf eienr geistigen Ebene angesiedelt.

Doch nach einem leidenschaftlichen Gespräch beschließt er, die Stadt zu verlassen. Darüber hinaus erfährt der bürgerliche Werther eine Ausgrenzung durch den herrschenden Adel, wobei seinem Umfeld missfällt, dass er sich mit wachsender Heftigkeit in sein Unglück hineinsteigert. Werther erfährt, dass Lotte und Albert mittlerweile – ohne ihn zu informieren – geheiratet haben.

Als er wieder nach Wahlheim kommt, bedrängt er Lotte in Abwesenheit von Albert so sehr, dass sie sich in einem Zimmer einschließt. Die Handlung endet mit dem Selbstmord Werthers am Weihnachtstag, den der Protagonist durchgeführt hat, um seine Geliebten nicht länger in ihrer Ehre zu verletzen.

Inhaltsangabe

1. BUCH


Zu Beginn des Romans ist Werther noch ganz von einer unglücklichen Liebe zu seiner verstorbenen Freundin Leonore geprägt. Dennoch überwiegt in ihm der Wunsch, mit seiner Vergangenheit abzuschließen und ein neues Leben zu beginnen („ich will das Gegenwärtige genießen, und das Vergangene soll mir vergangen sein.“).

Im Auftrag seiner Mutter reist er in die Nähe einer kleinen Stadt, um in einem Erbschaftsfall zu vermitteln. Jedoch lässt sich Werther in dem Dorf Wahlheim nieder. Diese liegt in einer malerischen Umgebung und Werther genießt die Fülle der Natur und den angebrochenen Frühling („Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen, gleich den süßen Frühlingsmorgen, die ich mit ganzem Herzen genieße. Ich bin allein und freue mich meines Lebens in dieser Gegend, die für solche Seelen geschaffen ist wie die meine“).

Werther ist eine künstlerische Person und verbringt seine Zeit mit Schwärmereien, Müßiggang und kunstvollen Zeichnungen der idyllischen Landschaft. Gleichzeitig ist er so von seiner Empfindung ergriffen, dass er kaum zum Zeichnen kommt. („Ich könnte jetzt nicht zeichnen, nicht einen Strich, und bin nie ein größerer Maler gewesen als in diesen Augenblicken.“).

Mit der Zeit lernt Werther die neue Umgebung kennen und macht Bekanntschaft mit den Leuten. Unter den Bekanntschaften Werthers findet sich der Amtmann S., von dem gesagt wird, dass es eine Seelenfreude ist, ihn in Umgebung seinen neun Kinder zu sehen. Dennoch verschiebt Werther einen Besuch bei dem verwitweten Amtmann immer wieder und vergisst ihn am Ende. Werther steht der Gesellschaft kritisch gegenüber und sucht nach mehr, als einem geregelten Tagesablauf und der Befriedigung von einfachen Bedürfnissen. („Ich kehre in mich selbst zurück, und finde eine Welt!“)

Eines Tages befindet sich Werther in Gesellschaft auf dem Weg zu einem Ball. Die Kutsche hält vor dem Haus des Amtmanns, um dessen dessen älteste Tochter Lotte mitzunehmen. Die hübsche Frau ist von ihren acht Geschwistern umringt und Werther ist beeindruckt von einer Geste, in der Lotte ihren Geschwistern Brot schneidet.

Auf dem Ball bittet Werther Lotte um einen Tanz, der ihm schließlich von ihr gewährt wird. Die beiden tanzen so ausgelassen, dass Lottes Freundinnen misstrauisch werden. Sie erinnern ihre Freundin an Albert. Auf Werthers Frage, wer Albert sei, antwortet Lotte, dass Albert ein braver Mensch sei, mit dem sie so gut als verlobt ist. Im Verlauf des Festes zieht ein Gewitter herauf, dass die Stimmung der Anwesenden vollkommenen vereinnahmt. Von einem Fenster aus besehen Werther und Lotte die feuchte Natur. Beide denken zur selben Zeit an die Ode Frühlingsfeier von Klopstock. Dies wird von Werther als Ausdruck einer Seelenverwandtschaft interpretiert.

Obwohl Werther erfahren hat, dass Lotte mit dem elf Jahre älteren Albert verlobt ist, kann sich der junge Künstler nicht gegen seine Gefühle wehren. Albert ist ein treuer Beamter, der zur Zeit wegen einer Familienangelegenheit verreist ist. Trotz seiner Präsenz entbrennt in Werther eine Liebe für die schöne Lotte.

In der ersten Zeit ihrer Beziehung kommt Lotte Werther wie eine Heilige vor. Zunehmend wird die Zuneigung allerdings einseitiger und Werther verfolgt seine Gefühle, obwohl er weiß, dass er sich ins Unglück stürzen könnte. Als Albert eines Tags zurückkehrt, ändert sich Werthers Stimmung rasch, da er erkennen muss, dass Albert ein herzensguter und aufrichtiger Mensch ist.

Obwohl er in einem Konkurrenzverhältnis zu Albert steht, freundet er sich mit diesem an. Sie unterhalten sich viel, unter anderem auch über Selbstmord und Schwermut, wobei die unterschiedlichen Charaktere der Figuren offen zutage treten.

Je mehr Zeit er allerdings mit dem Paar verbringt, desto schwerer wird es für ihn, das Glück der Verlobten zu ertragen. Schließlich beschließt er, das Dorf zu verlassen und eine Anstellung in einer anderen Stadt anzunehmen. Anlass für Werthers Entscheidung ist eine Unterredung mit Lotte, in der diese Werther erzählt, dass sie ihrer sterbenden Mutter versprochen hat, Albert zu heiraten.


2. BUCH


Die träge und eintönige Arbeit kann den schwärmerischen Werther nicht befriedigen. Er ist unglücklich und erkennt seine Grenzen als Bürgerlicher in einer adeligen Gesellschaftsordnung. Eines Tages beschwert sich der Adelige Graf C. über die Anwesenheit des bürgerlichen Werther bei einem Essen, woraufhin er freundlich aber bestimmt gebeten wird, den Raum zu verlassen.

Werther sieht sich als Außenseiter und anstatt sich seiner Position als Bürgerlicher in einer Ständegesellschaft bewusst zu werden, verbleibt Werther bei seinen stürmischen Auffassungen. Dieser Umstand wird auch durch seine neue Bekanntschaft, das Fräulein B., kritisiert. Als Werther schließlich erfahren muss, dass Lotte und Albert – ohne ihn in Kenntnis zu setzen – geheiratet haben, kündigt er seine Anstellung.

Werther kehrt ziellos nach Wahlheim zurück. Obwohl Lotte nun eine verheiratete Frau ist, sucht Werther weiterhin ihre Nähe – insbesondere wenn Albert nicht zugegen ist. Ohne ersichtliche Gründe spielt Lotte mit der Zuneigung ihres unglücklichen Verehrers, sodass sich Werther immer mehr in seine Liebessehnsucht hineinsteigert. In einer sehr prägnanten Szene pickt ein Kanarienvogel zuerst an Lottes und im Anschluss an Werthers Lippen, was von Werther als Liebesbeweis wahrgenommen wird. In der Folge wird Werther aufdringlicher.

Die Leute im Dorf beginnen sich über die regelmäßigen Treffen von Werther und Lotte zu wundern und schließlich bittet auch Albert seine Frau, für einige Tage auf ein Treffen mit Werther zu verzichten. Obwohl Lotte ihn bittet, sie nicht mehr zu besuchen, setzt Werther seine Besuche fort. Er sieht Lotte in Alberts Abwesenheit und trägt ihr leidenschaftlich aus einer von ihm angefertigten Übersetzung von Ossian Gedichten vor.

Die Szene erinnert an die ursprüngliche Bindung zwischen Lotte und Werther, die bei dem Frühlingssturm auf dem Ball mit der Erinnerung an eine Ode von Klopstock begann. Allerdings wird Werther von seiner Leidenschaft überwältigt und schließt Lotte in seine Arme. Er geht soweit, sie zu bedrängen. In einem heftigen Anfall von Leidenschaft versucht er, Lotte zu küssen, allerdings reißt sie sich los und schließt sich in einem Raum ein. Werther ist der Meinung, dass Lotte ebenfalls in ihn verliebt ist, allerdings durch ihre soziale Stellung als Ehefrau eines Beamten ihren Gefühlen keinen freien Lauf gewähren kann.

Letztlich sieht Werther keine andere Möglichkeit seiner Geliebten Lotte ein friedliches Leben zu stiften, als sich selber umzubringen. Werther erfindet einen Vorwand und bittet seinen Knecht bei Albert eine Pistole zu borgen. Lotte scheint eine Ahnung zu haben, gibt dem Knecht dennoch die von Werther verlangte Waffe.

In einem Brief an Lotte verkündet Werther seine Überzeugung, die nicht zu Erreichende in einem anderen Leben wieder zu sehen. In seinem Zimmer schießt sich Werther in der Nacht vor Heiligabend in den Kopf. Als man ihn schwer verwundet findet, liegt Lessings Trauerspiel Emilia Galotti vor ihm auf den Tisch. Erst am kommenden Tag gegen Mittag stirbt er an der Verletzung.

Sprache und Form

Die Leiden des jungen Werther ist ein Briefroman. Der Text beginnt mit einem fiktiven Herausgeber-Kommentar, der den literarisch produzierten Briefen den Anschein von Authentizität zusprechen soll („Was ich von der Geschichte des armen Werther nur habe auffinden können, habe ich mit Fleiß gesammelt und lege es euch hier vor, und weiß, daß ihr mir’s danken werdet.“).

Durch den neutralen Herausgeber-Kommentar scheint es, als ob die Briefe die Dokumente einer wirklichen Liebesgeschichte sind, die durch einen neutralen Dritten (dem Herausgeber) der Öffentlichkeit präsentiert werden. Der Leser folgt dem Protagonisten Werther in seiner Entwicklung. Er nimmt Anteil an dem Abklingen der ersten Liebe zu Leonore, dem schwärmerischen Müßiggang zu Beginn des Romans und der allmählichen Leidenschaft zu Lotte.

Durch die Briefform scheint es, als würde sich Werther direkt an den Leser richten. Obwohl die Briefe an den Freund Wilhelm adressiert sind, kann der Leser durch die Einnahme der Empfänger-Position in eine direkte Beziehung zu Werther treten. Die Briefform als solche ist ein sehr persönliches Kommunikations-Medium, in dem die unmittelbaren Gefühle des Schreibers an eine Vertrauensperson weitergegeben werden (vgl. Ich-Erzähler).

Im Zusammenhang mit der poetischen Ausgestaltung des Liebesmotivs erklärt sich der Eindruck, den der Roman auf das erste Lesepublikum gehabt haben muss. Im Zeichen des Sturm und Drangs richtet sich der Text gegen die Konventionen und Zeit.

Weiterhin überhöht das Werk die empfindsame Seelenlandschaft seines Protagonisten, dem es nicht möglich ist, einen Platz in der Welt zu finden. Immer wiederkehrendes Motiv ist ein Lob auf die Naturschönheit und die Fremdheit des Individuums in der von starren Regeln bestimmten Gesellschaft.

Sonstiges

Bis heute hält sich die Behauptung, dass sich als Folge der Buchpublikation zahlreiche unglücklich verliebte Menschen das Leben genommen haben. Die Leiden des jungen Werther war sehr populär und viele junge Menschen könnten in der Figur des Werthers ein Vorbild gesehen haben. Faktisch kann dieser Mythos allerdings nicht unumstößlich bewiesen werden.

Fest steht allerdings, der große Einfluss und die Diskussionswürdigkeit des Romanstoffs. Im ausgehenden 18. Jahrhundert setzte die Mode ein, wie Werther gelbe Hosen zu tragen. In dieser Hinsicht ist das Werk auch ein Beweis für die Wirkungsmacht der Literatur.

Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe ist 1749 in Frankfurt am Main geboren. Er studiert Jura in Leipzig und Straßburg. 1774 veröffentlicht er Die Leiden des jungen Werther und wird schlagartig berühmt. In der Folge seines Erfolges wird er von dem Weimarer Fürsten Carl August in den Fürstendienst am Weimarer Hof berufen.

Goethe wird Mitglied der Regierung und macht sich sehr schnell unentbehrlich. Zwischen 1779 und 1786 arbeitet er an dem Stoff der Iphigenie. 1782 wird Goethe in den Adelsstand gehoben. Zwischen 1786-1788 hält sich Goethe heimlich in Italien auf. Er ist vor den Anforderungen seiner Beamtentätigkeit geflohen und möchte sich ganz der Dichtung widmen.

Bis zu seinem Tod 1832 wird Goethe noch zahlreiche Stücke von Weltrang schreiben (bspw. Wilhelm Meister, Faust, die Wahlverwandschaften), aber auch zahlreiche Gedichte, die enorm populär werden (u.a. Gefunden, Zauberlehrling, Osterspaziergang). Gemeinsam mit dem Dichter Friedrich Schiller verkörpert er wie kein anderer das literarische Zeitalter der Klassik.

Hörbuch: Die Leiden des jungen Werther

 

Abschnitte

Mai 1771 (Länge: 30 Minuten)

Juni 1771 (Länge: 29 Minuten)

Juli 1771 (Länge: 30 Minuten)

August 1771 (Länge: 31 Minuten)

September 1771 (Länge: 10 Minuten)

Oktober 1771 – April 1772 (Länge: 31 Minuten)

Mai – September 1772 (Länge: 24 Minuten)

Oktober – Dezember 1772 (Länge: 27 Minuten)

Der Herausgeber an den Leser (Teil 1) (Länge: 27 Minuten)

Der Herausgeber an den Leser (Teil 2) (Länge: 25 Minuten)

Der Herausgeber an den Leser (Teil 3) (Länge: 27 Minuten)