Als Demagogie wird die Volksaufwiegelung, Volksverführung und politische Hetze bezeichnet. Folglich schürt ein Demagoge die Emotionen seiner Zuhörer, bedient sich dabei Klischees und Vorurteilen, um letztlich selbst die Macht zu erlangen. Demagogisch sind somit unsachliche, verunglimpfende und öffentliche Äußerungen, die zu dem Zweck gemacht werden, Hass gegen Personen oder Gruppen hervorzurufen. Die Demagogie ist polemisch, manipulativ und im höchsten Maße angreifend.
Inhaltsverzeichnis
Begriff
Der Begriff setzt sich aus dem griechischen Nomen δῆμος (dēmos) für Volk sowie dem Verb ἄγειν (agein), das sich mit führen übersetzen lässt, zusammen. Demzufolge meint die Demagogie die Volksführung, was später zur Volksverführung wurde. Demnach unterlag der Begriff einem Bedeutungswandel. In der Antike war das Wort durchaus noch positiv konnotiert, wurde aber spätestens im 20. Jahrhundert stark negativiert.
Beispielsweise verstand Perikles, einer der führenden Staatsmänner Athens und der griechischen Antike des 5. Jahrhunderts v. Chr., den Begriff größtenteils positiv, wohingegen Thukydides, ein antiker Historiker, den Begriff zur gleichen Zeit negativ auf den athenischen Politiker Kleon anwandte. Dennoch stand der Begriff noch bis ins 18. Jahrhundert eher für einen sehr einflussreichen Redner, der das Volk durch rhetorisches Geschick und Eloquenz oder eine brillante Argumentation begeistern konnte (vgl. Argumenttypen).
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, genauer 1819, wurde im Königreich Preußen das Preußische Zensuredikt erlassen. Dieses hob die Zensurfreiheit der Universitätsprofessoren auf. Nur kurze Zeit später, 1820, sollten durch eine Kabinettsorder Behörden, Konsistorien, Schulen und Universitäten von gefährlichen Irrtümern, Verführern und Verführten bereinigten werden. Diese Demagogenverfolgung, die der Unterdrückung von Freiheitsbestrebungen im Deutschen Bund diente, konnotierte den Begriff zunehmend negativ.
Wortwörtlich lässt sich dies in den Karlsbader Beschlüssen von 1819 nachvollziehen. Diese Karlsbader Beschlüsse bezeichnen eine Zusammenkunft einflussreicher Staaten des Deutschen Bundes. Aus der Angst heraus, das Volk könnte revoltieren, wurden einschneidende Punkte in Bezug auf die Freiheit des Wortes beschlossen. Kurzum: die öffentliche schriftliche Meinungsfreiheit wurde verboten und die Presse unter Zensur gestellt, wobei auch die Träger liberaler und nationaler Ideen als Demagogen verfolgt wurden.
Hinweis: Der Denker-Club, 1819, Karikatur zur Zensur der Meinungsfreiheit
Die obige Karikatur zeigt die fiktive Verbindung von Gelehrten im Denker-Club und ist 1819 als Reaktion auf die Karlsbader Beschlüsse entstanden. Sie illustriert die Unterdrückung der Meinungsfreiheit – was durch die Knebel symbolisiert wird – der Gelehrten und zeigt auf, dass die freie Meinung unter Zensur gestellt wurde. Dabei ist die Karikatur als Appell an das Volk zu verstehen und soll vermitteln, dass etwas getan werden muss, bevor der Staat die Oberhand über das Denken des Einzelnen gewinnt.
Demagogie im 20. Jahrhundert
Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff der Demagogie vollends ins Negative verkehrt. Seither meint er die manipulative Beeinflussung des Volkes, um eigene Machtansprüche zu realisieren. In dieser Zeit erfuhr die Demagogie als mögliches Werkzeug, um die Massen zu manipulieren, allerdings auch die größte Verbreitung, was durch die rasante Entwicklung der Medien unterstützt wurde.
Der Begriff wird demnach vor allem für Volksverführer gebraucht, deren Ziel es ist, das Volk zu manipulieren. Die Reden des Nationalsozialismus, etwa von Adolf Hitler oder Joseph Goebbels, sind meist demagogisch. Beide sind typische Vertreter der Sprache des Nationalsozialismus, die sich zahlreicher Neologismen (Wortneuschöpfungen) zum Zwecke der manipulativen Demagogie und politischen Hetze bediente.
Selbst bezeichneten die Ideologen des Nationalsozialismus und Faschismus ihre rhetorischen Methoden als politische Propaganda, wohingegen Wortführer von kommunistischen oder sozialistischen Ideologien als Agitatoren bezeichnet wurden (Agitation meint die aggressive Beeinflussung anderer Personen in einer politischen Hinsicht). Gegenseitig bezeichneten sich beide Lager allerdings als Demagogen.
In diesem Zusammenhang wird offensichtlich, dass der Begriff der Demagogie in den letzten Jahrzehnten vor allem für das Manipulieren und Verführen einer Masse gebraucht wurde und nicht als Bezeichnung für einen eloquenten, mitreißenden Redner. Das Wort ist demnach negativ konnotiert. Der Journalist Martin Morlock definierte Demagogie nach heutigem Verständnis im Werk Hohe Schule der Verführung. Ein Handbuch der Demagogie., das 1977 im Econ Verlag erschien, folgendermaßen:
Demagogie betreibt, wer bei günstiger Gelegenheit öffentlich für ein politisches Ziel wirbt, indem er der Masse schmeichelt, an ihre Gefühle, Instinkte und Vorurteile appelliert, ferner sich der Hetze und Lüge schuldig macht, Wahres übertrieben oder grob vereinfacht darstellt, die Sache, die er durchsetzen will, für die Sache aller Gutgesinnten ausgibt, und die Art und Weise, wie er sie durchsetzt oder durchzusetzen vorschlägt, als die einzig mögliche hinstellt.
- Als Demagogie wird die Volksaufwiegelung, Volksverführung oder politische Hetze bezeichnet. Demagogen bedienen sich dabei oft emotionaler Mittel, um den Adressaten zu manipulieren, wobei das eigene Machtinteresse im Vordergrund steht. Demagogische Äußerungen sollen zumeist den Hass gegenüber einer Person oder Gruppe schüren.
- Allerdings unterlag der Begriff einem Bedeutungswandel. In der Antike konnte die Bezeichnung Demagoge als Ehrung des Redners gelten. Der Begriff meinte ursprünglich, dass ein Redner es verstand, das Volk mitzureißen und sich durch einen soliden und eloquenten Stil auszeichnete.
- In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Wort allerdings negativ belegt. Dies lässt sich vor allem durch die politische Rheorik des 19. und 20. Jahrhunderts erklären, wobei gegnerische Wortführer häufig als Demagogen verunglimpft wurden.
- Hinweis: Häufige Stilmittel, die sich in demagogischen Reden finden lassen, sind Hyperbel, Neologismus, Euphemismus, Dysphemismus, Sarkasmus, Polemik, aber auch Klimax und Antiklimax, wobei häufig ein appellativer Charakter das Gesagte unterstreicht.