Ein innerer Monolog ist eine Form der Figurenrede, die Einblicke in den Kopf eines Protagonisten und dessen Gefühlswelt gewährt. Der innere Monolog wird vom Erzähler für das Vermitteln von Gedanken genutzt. Die Schwierigkeit besteht häufig darin, den inneren Monolog als solchen zu identifizieren, da nicht jeder Gedanke eines Charakters auch als ein innerer Monolog zu werten ist. Maßgeblich ist nämlich, dass diese Erzähl-Form durch die direkte Rede bestimmt wird und sich unmittelbar an die Figur selbst richtet.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale des inneren Monologs
Kurzübersicht zum inneren Monolog
- Ein innerer Monolog bedient sich fast ausschließlich der indirekten Rede, auch wenn es Beispiele gibt, die ohne sie auskommen und dennoch alle weiteren Merkmale des inneren Monologs erfüllen.
- In dieser Erzählform richtet sich der jeweilige Protagonist unmittelbar an sich selbst, wobei der Bewusstseinsstrom selbst zu Wort kommt, aber nicht nur in einer losen Aufzählung von Empfindungen und Eindrücken vorhanden ist.
- Weiterhin erhalten wir Einblicke in die ausgesprochenen und vor allem unausgesprochenen Gedanken des jeweiligen Protagonisten
- Außerdem entsteht der Eindruck, dass die Gedanken einerseits ungefiltert und andererseits sehr direkt wiedergegeben werden. Wir sind folglich unmittelbare Zuhörer des Ganzen.
- Keine Erzählinstanz vorhanden, die sich in den unmittelbaren Prozess der Wiedergabe „einmischt“, wodurch der Erzähler im inneren Monolog nicht mehr präsent ist.
- Die erzählerische Gedankenwiedergabe erfolgt in der 1. und 2. Person Präsens Indikativ.
Beispiele für den inneren Monolog
Um das Geschriebene nun zu illustrieren, möchten wir das Ganze einmal anhand von drei Beispielen noch genauer aufzeigen. den Anfang macht eines der bekanntesten Beispiele für den inneren Monolog aus der deutschsprachigen Literatur: der Anfang von Arthur Schnitzlers „Lieutnant Gustl„.
Lieutnant Gustl, Arthur Schnitzler
Wie lang‘ wird denn das noch dauern? Ich muß auf die Uhr schauen… schickt sich wahrscheinlich nicht in einem so ernsten Konzert. Aber wer sieht’s denn? Wenn’s einer sieht, so paßt er gerade so wenig auf, wie ich, und vor dem brauch‘ ich mich nicht zu genieren… Erst viertel auf zehn?… Mir kommt vor, ich sitz‘ schon drei Stunden in dem Konzert. Ich bin’s halt nicht gewohnt…
Was ist es denn eigentlich? Ich muß das Programm anschauen… Ja, richtig: Oratorium! Ich hab‘ gemeint: Messe. Solche Sachen gehören doch nur in die Kirche! Die Kirche hat auch das Gute, daß man jeden Augenblick fortgehen kann. –[/mks_accordion_item][/mks_accordion]
- In diesem Auszug wird recht schön ersichtlich, worauf es im Eigentlichen ankommt. Hier spricht die Figur zu sich selbst, was durch das Ich signalisiert wird, wobei sie sich zahlreicher W-Fragen bedient.
- Außerdem finden wir in diesem kurzen Ausschnitt, wenn der Protagonist zu sich spricht, ausschließlich die 1. Person Indikativ Präsens.
- Die Erzählinstanz bleibt im Beispiel gänzlich fern und wir haben folglich einen unmittelbaren Eindruck von Gustls Gedankenwelt, die ungefilter auf uns als Leser prasselt.
Die Welle, Morton Rhue
Ich bin so ein Idiot!! Ich hätte es wissen müssen! Christy hatte von Anfang an Recht mit ihrer Skepsis gegenüber diesem Experiment, aber es war einfach zu verlockend es nur noch ein bisschen weiter auszutesten, doch auch ICH mache Fehler, auch ICH bin nur ein Mensch, nicht nur ein Lehrer, der alles richtig macht und auf alles eine Antwort hat!Ich weiß, dass ich einen großen Fehler gemacht habe und nicht an die Konsequenzen, die dieses Experiment mit sich bringen könnte, gedacht habe… Doch was ist mit den Schülern, haben sie das gelernt was ich beabsichtigt hatte?
- Dieses Beispiel, das den inneren Monolog verdeutlichen soll, stammt aus Rhues Werk „Die Welle„. In diesem Buch finden sich übrigens zahlreiche Beispiele dieser Art, da der Lehrer sein Handeln durchweg reflektiert und mit sich selbst zahlreiche Zwiegespräch führt.
- Auch in diesem Beispiel vermissen wir jegliche eingreifend Erzählerinstanz und haben unmittelbar an den Gedanken des Lehrers teil.
- Die Figurenrede ist auch in diesem Abschnitt in der 1. Person verfasst und richtet sich unmittelbar an den Protagonisten selbst, der sich mit Fragen zum laufenden Experiment quält.
Fräulein Else, Arthur Schnitzler
- Als letztes Beispiel möchten wir erneut ein Werk von Arthur Schnitzler heranziehen, der auch in der Monolog-Novelle Fräulein Else häufig auf diese Form des Erzählens zurückgreift, wodurch wir tiefgehende Einblicke in Elses Gedankenwelt erhalten (→ Merkmale einer Novelle).
- Auch dieser innere Monolog wird durch die 1. Person bestimmt, wobei das Ich zu sich selbst spricht, wenn es sich im Spiegelbild betrachtet.
- Zwar ist dieser Aspekt auch durch die Kürze des Abschnitts, doch auch in diesem Beispiel finden wir keinerlei externe Erzählerinstanz.
Innerer Monolog und Bewusstseinsstrom
Klar abzugrenzen ist der innere Monolog dabei vom Bewusstseinsstrom. Demnach muss die Figur, wie anhand der Beispiele illustriert, zu sich selbst „sprechen“ und nicht nur lose Empfindungen in den literarischen Raum werfen.
Der Bewusstseinsstrom ist im Gegensatz dazu lediglich eine Aneinanderreihung von diversen Eindrücken, die keine klare Monolog-Form aufweisen. Diese Erzähltechnik gibt somit ausschließlich die Eindrücke und Empfindungen einzelner Charaktere wieder, wie sie auf diese einprasseln. Schauen wir auf ein Beispiel.
Die blaue Markierung wäre hierbei ganz klar als Bewusstseinsstrom zu identifizieren und kein innerer Monolog, den wir allerdings im gelben Teil finden können. Hier richtet sich das Ich durch eine Frage unmittelbar an sich selbst.