Thomas Bernhard

Thomas Bernhard, geboren am 9. Februar 1931 in Heerlen (Niederlande) und gestorben am 12. Februar 1989 in Gmunden (Österreich), war ein deutschsprachiger österreichischer Schriftsteller, der das literarische Feld der Postmoderne maßgeblich beeinflusste (vgl. Literaturepochen).


Für sein Werk und hier vor allem für seinen Roman Frost wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem 1970 mit dem Georg-Büchner-Preis. Spätestens seit den 1980er Jahren zählt Bernhard zu den wichtigsten Vertretern deutschsprachiger Literatur. Seine Werke zeichnen sich häufig durch einen monologisierenden Ich-Erzähler aus. Thomas Bernhard spielt mit kontroversen Themen und beißender Polemik, weshalb er häufig Kritik provozierte.

Lebenslauf

  • Am 9. Februar 1931 wird der wird der spätere Schriftsteller als Nicolas Thomas Bernhard in Heerlen/Niederlande geboren. Er ist das nichteheliche Kind von Herta Bernhard und Alois Zuckerstätter, den er aber niemals kennen lernte. Bernhard wächst bei seinen Großeltern mütterlicherseits in Wien auf.

  • 1935: Er zieht mit seinen Großeltern Johannes Freumbichler und Anna Bernhardt nach Seekirchen am Wallersee (Österreich) um.

  • 1936: Bernhards Mutter heiratet in Seekirchen.

  • 1937: Seine Mutter zieht mit ihrem Ehemann nach Traunstein in Oberbayern um.

  • 1941: Thomas Bernhardt besucht das nationalsozialistische Erziehungsheim in Saalfeld. Traumatische Erfahrungen im Erziehungsheim.

  • 1943 – 1945: Er besucht das NS-Internat Johanneum in Salzburg. Bernhardt bekommt Violinen-Unterricht. Rückkehr nach Traunstein.

  • 1946 – 1949: Thomas Bernhardt übersiedelt mit seiner Familie nach Salzburg. Er beendet seine schulische Laufbahn im Humanistischen Gymnasium von Salzburg.

  • 1947: Bernhardt beginnt eine Lehre als Einzelhandelskaufmann bei einem Lebensmittelhändler.

  • 1949: Erkrankung an schwerer Rippenfellentzündung. Sein Großvater Johannes verstirbt.

  • 1950: Tod seiner Mutter Herta. Er veröffentlicht die Kurzgeschichte Das Rote Licht unter dem Pseudonym Thomas Fabian.

  • 1951 – 1955: Er hört Hedwig Stavianicek in einer Kirche singen. Journalistische Mitarbeit bei der Tageszeitung Demokratisches Volksblatt. Unterricht in Schauspielkunst und Dramaturgie am Mozarteum in Salzburg.

  • 1956: Thomas Bernhard begegnet erstmals Hedwig Stavianicek.

  • 1957: Sein Gedichtband Auf der Erde und in der Hölle erscheint.

  • 1963 – 1965: Sein Roman Frost wird veröffentlicht. Er erhält den Literaturpreis der Stadt Bremen. Thomas Bernhard lebt in Oberösterreich (Obernathal) und in Wien.

  • 1970: Seine Werke Das Kalkwerk und Ein Fest für Boris erscheinen. Thomas Bernhard erhält den Georg Büchner-Preis.

  • 1972: Thomas Bernhard erhält den Adolf-Grimme-Preis für sein Werk Der Italiener.

  • 1988: Er erkrankt an einer schweren Lungeninfektion und wird von seinem Halbbruder gepflegt.

  • 1989: Thomas Bernhard verstirbt in seiner Wohnung in Gmunden am 12. Februar. Er wird auf dem Grinzinger Friedhof im Grab von Hedwig Stavianicek beigesetzt. Die Öffentlichkeit war von der Beisetzung ausgeschlossen.

Biografie

Der österreichische Autor Nicolas Thomas Bernhard (geb. 9. Februar 1931 in Heerlen, Niederlande; † 12. Februar 1989 in Gmunden, Österreich) zählt seit Beginn der 1980er Jahre zum Kreis der bekanntesten und bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller. Er wurde uunter anderem 1964 mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichnet und erhielt 1970 den Georg-Büchner Preis.

Kindertage

Nicolas Thomas Bernhard erblickte am 9. Februar 1931 das Licht der Welt in der niederländischen Ortschaft Heerlen. Er war der uneheliche Sohn von Herta Bernhard (1904-1950). Sein Großvater war der Schriftsteller Johannes Freumbichler, der für Thomas in Kindertagen die Rolle des Vaters einnahm und sich als Bezugsperson und erster Mentor zur Verfügung stellte. Seinen leiblichen Vater, den aus Henndorf am Wallersee stammenden Alois Zuckerstätter, lernte Thomas Bernhard nie kennen. Thomas Bernhards Vater verstarb am 2. November 1940 in Berlin.

Bereits kurz nach seiner Geburt, im Herbst 1931, nahmen die Großeltern Bernhards den Enkelsohn in ihre Obhut. Sie lebten in Wien im 16. Bezirk (Ottakring). Aufgrund der dürftigen finanziellen Verhältnisse des Großvaters musste Thomas 1935 gemeinsam mit Oma Anna und Opa Johannes nach Seekirchen am Wallersee umziehen. In der Retrospektive beschrieb Thomas Bernhard seine Kindertage in Seekirchen als die glücklichsten Jahre seines Lebens. Herta Bernhard, die Mutter von Thomas, heiratet 1936 in Seekirchen den Friseurgesellen Emil Fabjan und zog 1937 mit diesem nach Traunstein in Oberbayern.

Erziehung im NS-Regime

Thomas Bernhard verbrachte zwei Jahre im nationalsozialistischen Erziehungsheim in Saalfeld in Thüringen. Ursprünglich sollte der Zehnjährige einige Zeit im Kinder-Erholungsheim in Saalfelden bei Salzburg verbringen, jedoch verwechselte seine Familie die beiden Anstalten aufgrund der ähnlichen Ortsnamen. In Saalfeld kam es für Thomas zu traumatischen Erlebnissen, die der spätere Schriftsteller in seiner Autobiografie genauer beschrieb.

In den Jahren von 1943 bis 1945 war Thomas Bernhard im Johanneum in Salzburg untergebracht. Sein Großvater sorgte dafür, dass er im Johanneum Violinen-Unterricht bei Georg Steiner bekam. Insgesamt war Bernhards Großvater nachhaltig um die künstlerische Ausbildung seines Enkels bemüht und unterstütze Thomas nach besten Kräften. Das NS-Internat war das Zuhause von Bernhard, bis im Jahr 1945 schwere Bombenangriffe auf Salzburg seine Rückkehr nach Traunstein notwendig machten. Dort wartete er das Ende des Krieges ab.

Nachkriegserziehung, schwere Erkrankung, erste Werke

Nachdem die Familie 1946 in den Traunsteiner Stadtteil Aiglhof übergesiedelt war, entschied sich Thomas Bernhard dazu, eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann zu absolvieren, die er 1947 in Salzburg auch antrat. Der schulischen Ausbildung überdrüssig, äußerte er später in seiner Autobiografie, dass er die Institution Schule als eine Geistesvernichtungsanstalt empfände.

Durch das Arbeiten in feuchten Kellerräumen bekam Bernhard 1949 eine schwere Rippenfellentzündung und wurde todkrank. Er erhielt bereits die Letzte Ölung, fand jedoch kurze Zeit später Genesung in einer Lungenheilanstalt, wo er auch das Schreiben begann. Sein verehrter und geliebter Großvater lag zur gleichen Zeit im St.-Johann-Spital und verstarb im Februar 1949 an einem Nierenleiden. Nur kurze Zeit darauf, im Herbst des Jahres 1950, starb auch Bernhards Mutter.

In Bernhards Kindheit und Jugend entstanden bereits einige seiner autobiografischen Werke in denen er versuchte, seine schwere Kindheit zu verarbeiten. Es entstanden seine Erinnerungsbücher, in denen er seine Realitätserfahrungen mit gewollter Selbststilisierung sowie Selbstinszenierung gekonnt vermischte und eindrucksvoll erzählte. Fünf seiner autobiografischen Werke dieser Zeit wurden in den 1970er und 1980er Jahren veröffentlicht. Diese hatten die Titel Die Ursache (1975), Der Keller (1975), Der Atem (1978), Die Kälte (1981) und Ein Kind (1982).

Beginn der literarischen Arbeit

Unter dem Pseudonym Thomas Fabian veröffentlichte Thomas Bernhard 1950 die Kurzgeschichte Das rote Licht. Ein Grundstein für seine darauf folgende Schriftstellerkarriere war damit gelegt. Das Leitmotiv in vielen seiner Werke wurde der Tod und dessen übermächtige Bedeutung im Vergleich mit allen andern existierenden Werten des Menschen. Er verfasste Arbeiten mit Titeln wie Frost, Auslöschung, In hora mortis und Verstörung.

Arbeit als Journalist

Thomas Bernhard arbeitete in den 1950er Jahren auch als Journalist. Er stand von 1952 bis 1955 der sozialdemokratischen Tageszeitung Demokratisches Volksblatt regelmäßig als freier Mitarbeiter zur Verfügung, während er gleichzeitig seiner Tätigkeit als freier Schriftsteller nachging. Etwas später interessierte er sich zusätzlich noch für die Schauspielkunst, die Dramaturgie und verschiedene Aspekte der Musiktheorie. Aus dieser Motivation heraus nahm er Unterrichtsstunden am Salzburger Mozarteum bei Theodor W. Werner.

Prägung

Wegweisend für die Inhalte seiner Werke waren sicherlich die Zeiten seiner frühsten Kindheit, die Thomas Bernhard überwiegend mit seinem Großvater, dem Schriftsteller Johannes Freumbichler, verbrachte. Zusätzlich hatte er beständig das Gefühl, von seiner Mutter verlassen worden zu sein. Sein Vater hatte ihn zurückgewiesen, er war ein unerwünschtes Kind und litt unter Liebesentzug beider Elternteile. Körperlich machte ihm zeitlebens ein schweres Lungenleiden zu schaffen, etwas später dann das Boeck-Besnier-Schaumann-Syndrom (Morbus Boeck), das zu einer Herzerweiterung führte.

Auch seine freiwillig abgebrochene schulische Laufbahn am Gymnasium und die Lehre, die in einem Kolonialwarenladen inmitten einer Armensiedlung in Salzburg stattfand, trugen zu seinem Schreibstil und den Inhalten seiner Werke bei. Atemlosigkeit, Erregung, innere Wut, nicht überwundene psychische Verletzungen und Enttäuschungen kamen in seinen Werken fortwährend zum Ausdruck.

Seinen unverwechselbaren Stil fand er in Prosatexten und Dramen. Als Schriftsteller von Lyrik begann sein Schaffen 1957 mit dem Werk Auf der Erde und in der Hölle, das von Carl Zuckmayer als größte Entdeckung der letzten 10 Jahre bezeichnet wurde.

Schriftstellerkollegen

Thomas Bernhard hatte Kontakt zu Schriftstellerkollegen wie Peter Turrrini, Wolfgang Bauer und H. C. Artmann, die er auf dem Tonhof des Komponisten Gerhard Lampersberg in Maria Saal kennenlernte. Auch der Maler Hundertwasser zählte zu seinen Bekannten.

Preisgeld und Kaffeehäuser

Ab 1965 lebte Thomas Bernhard bei Hedwig Stavianicek, die er Tante nannte, und mit der ihn eine innige Beziehung und Freundschaft verband, die bis zu ihrem Tod 1984 anhielt sowie in Obernathal. Hedwig Stavianicek war neben seinem Großvater die wichtigste Person in seinem Leben und hatte maßgeblichen und existenzentscheidenden Einfluss auf die Steuerung seines Lebens.

Als Bezugsperson und Förderin stand Tante Hedwig nach dem Tod seines Großvaters im Mittelpunkt Bernhards mitmenschlichen Lebens. Er verarbeitete ihren Tod in seinem Roman Alte Meister, in dem er die 37 Jahre ältere Frau als Lebensmensch bezeichnete, dem er alles zu verdanken habe.

Für seinen Roman Frost erhielt er bereits 1964 den Bremer Literaturpreis und nutzte das Preisgeld für die Anzahlung des Vierkanthofes, den ihm der Immobilienmakler Hennetmair vermittelte. Diesen Kauf und die Geschehnisse dazu beschrieb Bernhard später in seinem Werk Meine Preise sowie in seinem Roman Ja.

Seine Leidenschaft und Orte, an denen Thomas Bernhard sich gerne aufhielt, waren Kaffeehäuser. Er suchte die Lokale vor allem in Wien auf, wo der Bräunerhof zum Stammcafé des Schriftstellers wurde. Auch in Gmunden und in Salzburg fand er seine Lieblingscafés, die ihm oft als Arbeitsorte und gemütliche Wohnstube dienten. Ausgedehnte Spaziergänge gehörten ebenfalls zu den Beschäftigungen, denen Thomas Bernhard sehr gerne nachging.

Auswirkungen seines Schaffens in Österreich

Als umstrittener Schriftsteller traf er nicht immer den Geschmack der traditionellen Österreicher. Als teilweise skandalträchtige Provokationen wurden seine Arbeiten bezeichnet. Insbesondere mit seinen Werken Der Präsident, Vor dem Ruhestand sowie dem 1988 veröffentlichten Heldenplatz zog er den Zorn des österreichischen Staates und bestimmter Einzelpersonen auf sich.

Tod in Oberösterreich

Thomas Bernhard starb am 12. Februar 1989 in seiner Wohnung in Gmunden an Herzversagen, das auf eine schwere Lungeninfektion zurückgeführt wurde, die er bereits im späten November 1988 erlitt. Bis zu seinem Tod betreute ihn sein Halbbruder Peter Fabjan, ein Facharzt für Innere Medizin. Bernhard wurde am 16. Februar 1989 im Grab von Hedwig Stavianicek beigesetzt. Seiner Beerdigung wohnten, auf eigenen Wunsch, lediglich seine engsten Angehörigen bei.

Es kam später zur Schändung seines Grabsteins und zur Entwendung der Grabtafel. In seinem Testament verbot Bernhard jede zukünftige Veröffentlichung seiner Werke in Österreich bis zum Erlöschen des Urheberrechts. Er löste damit eine landesweite moralische Debatte aus und ein beachtliches juristisches Durcheinander.

Werke

  • Auf der Erde und in der Hölle (Gedichte, 1957)
  • Köpfe (Kammeroper, 1957; Musik: Gerhard Lampersberg)
  • In hora mortis (Gedichte, 1958)
  • Unter dem Eisen des Mondes (Gedichte, 1958)
  • die rosen der einöde (Ballett mit Stimmen, 1959; Musik: Gerhard Lampersberg)
  • Die Irren. Die Häftlinge (1962)
  • Der Kulterer (1962)
  • Frost (Roman, 1963)
  • Amras (1964)
  • Viktor Halbnarr: Ein Wintermärchen nicht nur für Kinder (1966)
  • Verstörung (Roman, 1967)
  • Prosa (1967)
  • Ungenach (1968)
  • Der Hutmacher (1968)
  • Watten. Ein Nachlaß (1969)
  • Ereignisse (1969)
  • An der Baumgrenze (1969)
  • Das Kalkwerk (Roman, 1970)
  • Ein Fest für Boris (1970)
  • Gehen (1971)
  • Midland in Stilfs (1971)
  • Der Italiener (Drehbuch für einen Film von Ferry Radax, 1971)
  • Der Ignorant und der Wahnsinnige (1972)
  • Der Kulterer (Drehbuch, 1974)
  • Die Jagdgesellschaft (1974)
  • Die Macht der Gewohnheit (1974)
  • Die Ursache. Eine Andeutung (1975)
  • Korrektur (Roman, 1975)
  • Der Präsident (1975)
  • Der Wetterfleck (Erzählungen, 1976)
  • Der Keller Eine Entziehung (1976)
  • Die Berühmten (1976)
  • Minetti. Ein Portrait des Künstlers als alter Mann (Drama, 1977)
  • Der Atem. Eine Entscheidung (1978)
  • Der Stimmenimitator (1978)
  • Ja (Erzählung, 1978)
  • Immanuel Kant (Komödie, 1978)
  • Der Weltverbesserer (1979)
  • Vor dem Ruhestand. Eine Komödie von deutscher Seele (1979)
  • Die Erzählungen (1979)
  • Die Billigesser (1980)
  • Die Kälte. Eine Isolation (1981)
  • Ave Vergil (1981)
  • Über allen Gipfeln ist Ruh (1981)
  • Am Ziel (1981)
  • Ein Kind (1982)
  • Beton (Roman, 1982)
  • Wittgensteins Neffe (1982)
  • Der Untergeher (Roman, 1983)
  • Der Schein trügt (1983)
  • Holzfällen. Eine Erregung (Roman, 1984)
  • Der Theatermacher (1984)
  • Ritter, Dene, Voss (1984)
  • Alte Meister (Roman, 1985)
  • Auslöschung. Ein Zerfall (Roman, 1986)
  • Einfach kompliziert (1986)
  • Heldenplatz (Drama, 1988)
  • Der deutsche Mittagstisch (Dramolette, 1988)
  • In der Höhe. Rettungsversuch, Unsinn (1989 erschienen; 1959 geschrieben)
  • Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen (Drei Dramolette, 1990)

  • posthum, also nach seinem Tod, erschienen:
  • Meine Preise (2009)
  • Goethe schtirbt (Erzählungen, 2010)
  • Der Wahrheit auf der Spur: Reden, Leserbriefe, Interviews, Feuilletons (2011)