Oxymoron

Das Oxymoron ist ein Stilmittel, das in Texten aller Art Verwendung findet. Es ist demnach nicht auf die Lyrik beschränkt, sondern findet sich auch in epischen und dramatischen Werken. Das Oxymoron wird aus zwei Begriffen gebildet, die sich widersprechen oder sogar gegenseitig ausschließen. Dieser innere Widerspruch des Oxymorons ist jedoch gewollt und dient der pointierten Darstellung eines Sachverhalts. Ein Beispiel ist die Hassliebe.


Beim Oxymoron stehen sich zwei Begriffe inhaltlich gegenüber und schließen sich mitunter gegenseitig aus. Das logische Gegenstück ist der Pleonasmus, wobei zwei Wörter das Gleiche beschreiben. Das Wort Oxymoron leitet sich aus dem Griechischem ab (ὀξύμωρος, aus oxys „scharfsinnig“ und moros „dumm“).

Hinweis: Der Begriff Oxymoron ist demnach selbst ein Oxymoron, da sich die Übersetzung inhaltlich widerspricht (scharfsinnige Dummheit). Der Plural (Mehrzahl) ist übrigens Oxymora und nicht, wie häufig angenommen und oftmals im Deutschunterricht geschrieben, Oxymorons.

Das Oxymoron wird in der Sprache gebraucht, um (unsagbar) Umfassendes in einen Begriff oder ein Wortpaar zu zwingen. Dies geschieht durch den Widerspruch, wobei das Stilmittel versucht, beide Extrema abzudecken und diese sprachlich zu fassen. Schauen wir auf ein Beispiel von Heinrich Heine.


[…] wenn die Musik manchmal aus dem weichen,
wehmütigen Ton plötzlich in jauchzenden Schmerz übersprang.

Per Definition bedeutet „jauchzen“, dass wir unsere Freude und Begeisterung durch Jubel(-schreie) zum Ausdruck bringen. Der Schmerz ist allerdings recht negativ besetzt: uns tut etwas weh, wir leiden. Heine verbindet beide Begrifflichkeiten und offenbart damit eine inhaltliche „Hinundhergerissenheit“, was lediglich durch den Einsatz des Oxymorons gelingt.

Das Oxymoron kann demnach die Doppeldeutigkeit (auch Mehrdeutigkeit) einer Situation darstellen und dient meist zur pointierten Darstellung. Beide oder mehrere Seiten eines Sachverhalts werden so in Lyrik und Prosa zum Ausdruck gebracht. Dadurch wird das sprachliche Bild erweitert.

Contradictio in adiecto & Oxymora

Die Contradictio in adiecto (lat. Widerspruch in der Beifügung) ist eine Sonderform des Oxymorons. Hier wird das Oxymoron aus Substantiv und vorangestelltem Adjektiv gebildet.

Als Beispiel dieser Sonderform kann das „runde Quadrat“ dienen. Das Quadrat ist per Definition viereckig und eben nicht rund. Hier wird durch die Contradictio in adiecto ein Widerspruch gebildet, der durch das beschreibende Adjektiv geschaffen wird. (Adjektiv: rund, Substantiv: Quadrat).

Das bedeutet, dass jede Contradictio in adiecto ein Oxymoron ist, aber nicht jedes Oxymoron eine Contradictio in adiecto. Diese liegt nämlich nur dann vor, wenn das adjektivische Beiwort dem Substantiv, das es beschreibt, widerspricht. Ein zusammengesetztes Substantiv, das sich widerspricht („Hassliebe“), ist demnach als normales Oxymoron zu betrachten.

Wichtig ist hierbei, dass das Oxymoron stets als Stilfigur zu verstehen ist. Das bedeutet, dass eine falsche Verwendung nicht als Stilmittel gelten kann (Bsp. „Hallenfreibad“), sondern als Unwissenheit oder auch sprachliche Nachlässigkeit. Als Stilmittel gelten Oxymoron sowie die Sonderform der Contradictio in adiecto erst, wenn ein Sprecher diese bewusst einsetzt.

Paradoxon und Oxymoron

Häufig wird das Paradoxon mit dem Oxymoron verwechselt. Diese Gleichsetzung beider Stilmittel ist allerdings falsch. Ein Paradoxon ist lediglich eine scheinbar widersprüchliche Aussage.

Als Beispiel können wir auf einen Ausspruch Sokrates‘ blicken. Dieser formulierte einst den Satz:“Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Hierbei haben wir es mit einer widersprüchlichen Aussage zu tun, aber nicht mit einem Oxymoron. Immerhin widerspricht sich die Aussage nicht inhaltlich, sondern nur auf den ersten Blick.

Das Paradoxon ist folglich eher ein Scheinwiderspruch („Ich bin stärker als der Stärkste“, „Er ist dümmer als der Dümmste“, „Das einzig Beständige ist die Veränderung.“), wohingegen das Oxymoron Wörter fasst, die sich inhaltlich ausschließen („unblutiger Krieg“, „friedliche Revolution“).

Antithese und Oxymoron

Eine weitere Hürde ist die Trennung oder der Unterschied zwischen Oxymoron und Antithese. Immerhin gleichen sich beide Stilfiguren per Definition doch sehr stark.

Der Unterschied ist auch hierbei recht fein. Denn eine Antithese versucht, einen Gegensatz oder Widerspruch durch das Gegenüberstellen verschiedener Wörter, aber auch Sätze und Wortpaare zu zeigen. Das Oxymoron verknüpft diese Gegensätze miteinander. Demnach ist das Oxymoron zwar eine Sonderform der Antithese (widersprüchliche Gegenüberstellung), aber nicht jede Antithese ein Oxymoron.

Das bedeutet, dass das Oxymoron als besondere Form der Antithese gelten kann, in der die antithetischen Ausdrücke einander weniger gegenübergestellt werden als vielmehr direkt miteinander verknüpft werden: Es werden also zwei Ausdrücke, die sich (inhaltlich) ausschließen, zu einem komplexen Ausdruck zusammengeführt, der dem Adressaten der Äußerung zu denken gibt, weil dieser natürlich versucht, dem (scheinbar) sinnlosen Oxymoron doch einen Sinn abzugewinnen.

Oxymoron, Paradoxon, Contradictio in adiecto, Antithese

Eine scharfe Trennung der Stilmittel ist oftmals kaum möglich. Vor allem im Deutschunterricht kommt es oft zu Verwechslungen. Deshalb möchten wir die Grenzen nochmals verdeutlichen.

  • Oxymoron: Wird aus widersprüchlichen Einheiten gebildet, die sich teils ausschließen. Dadurch kann eine Aussage verstärkt werden. Diese Einheiten können einzelne Wörter sein oder auch innerhalb eines zusammengesetzten Wortes auftreten.
  • Paradoxon: Ist ein (Schein-)Widerspruch. Dabei ist es nebensächlich, ob sich die einzelnen Bestandteile ausschließen. Wichtiger ist eher, dass das Paradoxon inhaltlich nicht funktioniert oder erst auf den zweiten Blick Sinn macht.
  • Contradictio in adiecto: Ist eine Sonderform des Oxymorons. Hierbei wird das Stilmittel aus einem Adjektiv und einem Substantiv gebildet. Beide Wörter widersprechen sich und schließen sich auch auf einer inhaltlichen Ebene gegenseitig aus.
  • Antithese: Jedes Oxymoron kann als Antithese verstanden werden. Allerdings versucht die Antithese, auch inhaltliche Gegensätze und ganze Satzpaare gegenüberzustellen. Das Oxymoron beschränkt sich auf die Widersprüchlichkeit von zwei Begriffen.

Beispiele für das Oxymoron

Natürlich lässt sich ein Stilmittel am besten anhand von Beispielen illustrieren. Deshalb möchten wir Ihnen noch einige Beispiele für das Oxymoron und die Contradictio in adiecto auflisten.

Oxymora aus Sprache und Alltag
Weniger ist mehr
Diese Fülle hat mich arm gemacht
Eile mit Weile
traurigfroh
Contradictio in adiecto als Sonderform des Oxymorons
jauchzender Schmerz
rundes Quadrat
schwarze Milch
stummer Schrei
Oxymora und Contradictio in adiecto in „Dunkel war’s der Mond schien helle“
Finster war’s, der Mond schien helle
Auf die grünbeschneite Flur,
Als ein Wagen blitzesschnelle
Langsam um die Ecke fuhr.

Drinnen saßen stehend Leute
Schweigend ins Gespräch vertieft,
Als ein totgeschossner Hase
Schnell an ihn’n vorüber lief.


Dieses Gedicht kann ungefähr auf das Jahr 1850 datiert werden und entstammt höchstwahrscheinlich dem sächsischen Volksmund. Hierbei werden zahlreiche Oxymora aufgebaut, wodurch die Strophen eine komische Wirkung entfalten.

Dies gelingt vor allem durch die ständige Wiederholung der Oxymora. Würden die Verse nicht durchgängig die Stilfigur beinhalten, wäre der Effekt wohl eher, dass wir beim Lesen über das Stilmittel stolpern und es nicht bei jedem Zeilensprung nahezu erwarten.

Wirkung und Funktion des Oxymorons

Natürlich ist es schwierig, eine Stilfigur klar zu funktionalisieren. Immerhin kann mit jedem Stilmittel gespielt und die grundsätzliche Funktion verkehrt werden.

Allerdings hat natürlich jedes Stilmittel einen Effekt auf den Leser und dieser lässt sich beschreiben. Wichtig ist jedoch, dass wir stets im Hinterkopf behalten, dass dieser auch gegen uns, den Leser, genutzt werden kann. Das bedeutet, dass die nachfolgende Wirkung nicht immer zutreffen muss.

Der Effekt des Oxymorons

  • Durch die innere Widersprüchlichkeit der Stilfigur kann eine Aussage enorm verstärkt werden, da wir beim Lesen gewissermaßen über die Aussage „stolpern“.
  • Außerdem kann das Oxymoron die Doppel- oder auch Mehrdeutigkeit eines Sachverhalts zeigen, da es beide Extrema dieser aufzeigt.
  • Weiterhin kann das Oxymoron natürlich auch komisch wirken. Vor allem dann, wenn unsinnige Wortpaare über mehrere Zeilen fortgesetzt werden.
  • Ein schönes Beispiel für diese Komik ist das Gedicht „Dunkel war’s der Mond schien helle„, das durchgehend in Oxymora verfasst ist und Christian Morgenstern zugeschrieben wird. Jedoch stammt es wohl eher aus dem sächsischen Volksmund → Beispiele für das Oxymoron.