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- Es melden Bücher und Sagen
- so manches Wunderding
- von einem gelben Wagen,
- der durch die Länder ging.
- Die Kutsche fuhr – man denke –
- des Tags drei Meilen weit
- Und hielt vor jeder Schenke. –
- O gute, alte Zeit!
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- Es ward von den Passagieren
- zuvor das Haus bestellt.
- Sie schieden von den Ihren,
- als ging’s ans End der Welt.
- Sie trugen die Louisdore1
- vernäht in Stiefeln und Kleid,
- im Sack zwei Feuerrohre –
- O gute, alte Zeit!
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- Oft, wenn die Reisegenossen
- sich sehnten nach Bett und Wirt,
- da brummte der Schwager verdrossen:
- „Potz Blitz! Ich hab mich verirrt!“
- Von fern her Wolfsgeheule,
- kein Obdach weit und breit;
- es schnaubten zitternd die Gäule –
- O gute, alte Zeit!
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- Auch war es sehr ergötzlich,
- wenn mit gewaltigem Krach
- in einem Hohlweg2 plötzlich
- der Wagen zusammenbrach.
- War nur ein Rad gebrochen,
- so herrschte Fröhlichkeit.
- mitunter brachen auch Knochen –
- O gute, alte Zeit!
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- Der Abenteuer Perle
- war doch das Waldwirtshaus.
- Es spannten verdächtige Kerle
- die müden Schimmel aus.
- Ein Bett mit Federdecken
- stand für den Gast bereit,
- das zeigte blutige Flecken –
- O gute, alte Zeit!
- Und waren der Gäste hundert
- verschwunden im Waldwirtshaus,
- dann schickte der Rat verwundert
- berittene Häscher aus.
- Die Leichen wurden gefunden,
- bestattet und geweiht,
- der Wirt gerädert, geschunden
- O gute, alte Zeit!
[1] französische Goldmünze.
[2] ein ins Gelände eingeschnittener Weg.
[3] Person, die beauftragt wurde, jemanden zu verfolgen und zu ergreifen.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterungen
Hintergrund
Die Ballade Aus der guten alten Zeit von Rudolf Baumbach erzählt von einer Welt, die anders war, die – glaubt man dem lyrischen Ich – besser war, als die heutige Zeit.
Dabei endet jede Strophe mit dem Kehrreim „O gute, alte Zeit!“, der jedoch, wenn wir den Schilderungen folgen, eher wie eine ironische Mahnung erscheint (vgl. Reimschema), da der Text von zahlreichen Gräueltaten berichtet.