Parataxe

Als Parataxe wird ein Stilmittel bezeichnet. Die Parataxe beschreibt eine Aneinanderreihung von selbständigen Sätzen, also Hauptsätzen. Diese können mittels Kommata, Semikolon, Gedankenstrichen oder Konjunktionen verbunden sein (vgl. Satzreihe) oder mit einem Punkt voneinander getrennt. Wesentlich ist, dass diese Reihung nicht durch Nebensätze, also untergeordnete Sätze, unterbrochen wird. Darüber hinaus kann aber auch die Reihung von Wörtern und Wortgruppen als parataktisch gelten. Ein parataktischer Text kann knapp, stark oder absolut wirken. Das Gegenstück bildet die Hypotaxe.


Begriff

Das Wort Parataxe leitet sich dabei aus dem Griechischen ab (griech. παράταξις parátaxis) und bedeutet in etwa Beiordnung, Nebenordnung, Koordination oder auch Danebenstellen, was den eigentlichen Charakter der Parataxe sehr gut fasst. Nämlich dann, wenn wir die Sätze, die eine Parataxe bilden, als nebeneinandergestellte und gleichwertige Teile betrachten, die aneinandergereiht erscheinen.

Das Gegenstück zur Parataxe bildet die Hypotaxe, die schon im eigentlichen Wortsinn den Gegensatz offenbart, denn die Vorsilbe hypo meint im Griechischen unter und besagt, dass sich zahlreiche Nebensätze dem Haupsatz unterordnen und sich vermehrt verschachteln.

Die Parataxe begegnet uns vornehmlich in volkstümlicher Dichtung , da diese oftmals auf unterordnende Konjunktionen (Bindewörter) verzichtet und Sachverhalte ohne nähere Erklärung dargestellt werden. Das bedeutet, dass wir hierbei selten Wörter wie denn, weil oder dass finden, die typischerweise einen Nebensatz einleiten und gleichermaßen den Hauptsatz erläutern würden. Die Konsequenz ist ein parataktischer Satzbau.

Weiterhin finden wir zahlreiche Beispiele für den Einsatz der Parataxe im Prosastil des Expressionismus (→ Literaturepochen), da hier häufig einzelne Wörter aus dem „Chaos der Sprache“ gelöst werden und einfach benannt werden, wodurch sie einen aufzählenden Charakter erhalten und folglich als Parataxe erkannt werden können.

Hinweis: Allerdings lässt sich die Parataxe nicht in eine bestimmte Gattung oder Literaturepoche verschieben und wir finden in zahlreichen Texten einen parataktischen Satzbau. Auch wenn Autoren wie Franz Kafka, Theodor Fontane oder Texte des Expressionismus vermehrt die Parataxe als Stilfigur einsetzen, wohingegen Thomas Mann eher für den hypotaktischen Satzbau „bekannt“ ist.

Wesentliches zur Parataxe

  • Die Parataxe ist durch eine Häufung von Hauptsätzen (aber auch Worten und Wortgruppen) zu erkennen, wobei das Gegenstück die Hypotaxe ist.
  • Diese Hauptsätze werden hierbei durch Konjunktionen wie und, oder, aber oder durch Satzzeichen wie Komma, Gedankenstrich, Semikolon oder einem Punkt voneinander getrennt
  • Dadurch erhalten Texte häufig einen Aufzählungscharakter und wirken absolut, da Aussagen angenommen und weniger durch den Text selbst hinterfragt werden (Beispiel: Theologische Schriften wie die Bibel oder auch der Koran).

Beispiele für Parataxen

Schauen wir abschließend in drei Textauszüge, um den Einsatz der Parataxe anhand einiger Beispiele zu verdeutlichen. Den Anfang bildet ein Auszug aus „Die achatnen Kugeln“ von Kasimir Edschmid, wobei Sie unter den Beispielen noch zusätzliche Erläuterungen finden.


1. Parataxe-Beispiel

Gegen Abend lahmte das Pferd. Baptiste stieg ab, massierte das Bein. Der Marquis stieg auf. Er ritt zweimal im Kreis, dann jagte er in den eigenen Spuren zurück. Gegen Abend kamen sie an den Hügel, später durch das Dorf. Die Sonne ging unter. Links lag das Sommerschloß. Sie ritten direkt darauf zu. Sanft stiegen über die Mauern die hellen Bogen der Springbrunnen. Aus der einstöckigen Front schimmerten die vielen bis zum Boden gesenkten Fenster. Die Kieswege, angelegt für die Zärtlichkeit von Frauenschenkeln, lagen träumerisch im Schein des südlichen Abends. Der Marquis ließ Baptiste vorreiten. Er ritt in den Bügeln stehend, die Mauer war hoch.


Der Auszug offenbart den klassischen Einsatz der Parataxe und vor allem durch die farbliche Hervorhebung wird dieser deutlich. Hierbei erscheinen Hauptsätze orange und Nebensätze blau.

Das Verhältnis ist in diesem Beispiel übrigens 15 zu 3 (5:1), was bedeutet, dass bei 18 Sätzen lediglich 3 Nebensätze und satte 15 Hauptsätze vorhanden sind. Der parataktische Satzbau ist folglich allgegenwärtig und bestimmt maßgeblich Edschmids Text.


2. Parataxe-Beispiel

Aber auch religiöse oder theologische Schriften zeichnen sich oftmals durch einen parataktischen Satzbau aus, was am Beispiel der Bibel (1. Buch Mose) illustriert werden soll.

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.


Hierbei ist das Verhältnis zwischen Haupt- und Nebensätzen noch offenkundiger, da der berühmte Einstieg ins Alte Testament vollkommen ohne Nebensätze auskommt.

Der Leser bekommt folglich eine Wirklichkeit präsentiert, die es nicht zu hinterfragen gilt. Es ist eben so und diesen Effekt unterstreicht die Parataxe enorm, da jegliche erklärenden Nebensätze, die durch Konjunktionen eingeleitet würden, sich selbst ausschließen.


3. Parataxe-Beispiel

Allerdings finden wir auch in Kinderreimen oder -liedern einen parataktischen Satzbau, da auch hierbei die Einfachheit die äußere Form des Singsangs bestimmt. Als Beispiel soll die erste Strophe des bekannten Gedichts Abendlied von Matthias Claudius dienen.

a
a
b
c
c
b
Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

Prinzipiell haben wir es hierbei mit vier Hauptsätze zu tun, die zwar durch die einzelnen Verse getrennt werden, jedoch trotzdem zu erkennen sind.

So lässt sich das Gedicht „Abendlied“ in die Sätze „Der Mond ist aufgegangen“, „Die goldenen Sternlein prangen / Am Himmel hell und klar“, „Der Wald steht schwarz und schweiget“ und „Und aus den Wiesen steiget / Der weiße Nebel wunderbar.“ unterteilen, wobei wir jegliche Nebensätze vermissen, da sie im Abendlied schlicht und ergreifend nicht vorkommen.

Das Gedicht weist also einen parataktischen Satzbau auf.

Wirkung und Funktion der Parataxe

Die Parataxe kann dazu dienen, einen Text offenkundig zu verknappen und die einzelnen Textbausteine so stärker wirken zu lassen, da diese durch die Parataxe absoluter wirken.

  • Durch diese Konzentration auf das Wesentliche, findet sich die Parataxe recht häufig in prägnanten Werbebotschaften, da sie durch einfache strukturelle Gefüge Inhalte vermitteln kann, die in der Reduktion stärker wirken und demzufolge natürlich auch schneller durch den Rezipienten (Leser, Konsumenten) aufgenommen werden.
  • Aber auch ein Blick in die gängigen Printerzeugnisse der Boulevard-Presse zeigt den Einsatz parataktischer Strukturen, das Überschriften und Co um den wesentlichen Kern der Meldung kreisen und diese nicht vorab erklären. Anders gesagt: Die Bild-Zeitung ist eine Ansammlung von Parataxen.
  • Folglich wirken Texte, die sich der Parataxe bedienen, oftmals verständlicher und sind für den Leser einfacher zu erschließen, da sich die Sätze nicht in ellenlangen Strukturen verbinden, die das Lesen erschweren können.
  • Die Parataxe ist also verständlich, wobei ein parataktischer Satzbau absolut und wahr wirken kann, da keinerlei Erklärungen durch Nebensätze eingeschoben werden.
  • Allerdings kann dadurch auch der gegenteilige Effekt erzielt werden, da durch die Verdichtung auf das Wesentliche der Eindruck einer undifferenzierten Auseinandersetzung mit dem gewählten Thema evoziert werden kann.


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