Tonio Kröger

Einleitung

„Tonio Kröger“ ist eine Novelle des Schriftstellers Thomas Mann. Sie ist zwischen 1900 und 1902 entstanden und wurde erstmals 1903 veröffentlicht. Zu dieser Zeit hatte Thomas Mann bereits seinen RomanBuddenbrooks“ veröffentlicht, für den 1929 den Nobelpreis für Literatur erhalten sollte.

In der Erzählung „Tonio Kröger“ bearbeitet der Autor (wie in den „Buddenbrooks“) teilweise autobiographisches Material, das sich insbesondere anhand der parallelen Familiensituation Tonio Kröger – Thomas Mann aufzeigen lässt. Die Figur und ihr Autor stammen beide aus einer angesehenen, norddeutschen Patrizierfamilie, deren strenge Bürgerlichkeit das künstlerische Subjekt vor große Probleme stellt.

Ebenso haben sowohl Tonio Kröger als auch Thomas Mann eine südländische Mutter brasilianischer Herkunft. In diesem Zusammenhang thematisiert die Erzählung „Tonio Kröger“ insbesondere die Entwicklung des zu Beginn der Narration 14-jährigen Tonios bis zu seiner vollkommenen Etablierung als Künstler.

Die Erzählung entwickelt sich über einen Zeitraum von 16 Jahren und läuft auf die Negation Tonio Krögers großbürgerliche Herkunft hinaus. Das Ringen zwischen diesen beiden Polen, dem Bürgertum und dem Künstler-Sein, ist somit auch eines der zentralen Motive der Erzählung, die deswegen als Novelle bezeichnet werden kann.

Inhaltsangabe

1. Kapitel

Tonio Kröger ist ein eigenbrötlerischer und melancholischer Mensch, der in seiner Freizeit am Strand liegt und den Wellen der Ostsee zuhört. Ebenso liebt er einen alten gotischen Springbrunnen und einen Walnussbaum, über die er Gedichte schreibt. Er ist der Sohn des Getreidegroßhändlers Konsul Kröger und einer schönen, südländischen Mutter.

Tonio hat von seiner Mutter ein südländisches Aussehen geerbt, das sich insbesondere durch dunkle Augen und ein scharf geschnittenes Gesicht geerbt hat. Sein eigentümlicher Name Tonio stammt auch vom Bruder seiner Mutter Antonio. Die Erzählung spielt in einer engen Stadt an der Ostsee mit giebeligen Gassen (wahrscheinlich Lübeck, die Heimatstadt Thomas Manns). Dem Schulunterricht mag Tonio nicht folgen, stattdessen schweifen seine Gedanken ab. Er ist sensibel und träumerisch.

Obwohl er erst 14 Jahre alt ist, erkennt er die Fehler und schlechten Manieren seiner Lehrer, von denen er abgestoßen ist. Es wird immer deutlicher, dass Tonio sehr alleine und einsam ist. Er wird von den Lehrern verachtet, hat schlechte Noten und findet auch unter den anderen Schülern keinen Anschluss. Dabei ist Tonio insbesondere von seinem gleichaltrigen Kameraden Hans Hansen beeindruckt und empfindet eine neidische Sehnsucht nach ihm.

Er wird als „stark“ und „hell“ beschrieben, wohingegen Tonio „schwach“ und „dunkel“ ist. Nach der Schule waren Hans und Tonio eigentlich verabredet, doch Hans hat die Verabredung vergessen und spricht stattdessen mit anderen Kameraden. Dennoch gehen Tonio und Hans gemeinsam spazieren bevor sie nach Hause gehen, denn in ihren Familien wurde erst um vier Uhr zu Mittag gegessen. Hans ist blond und blauäugig, eine Verkörperung der Ideale des Wilhelminischen Kaiserreichs.

Tonio ist von Hans fasziniert, obwohl Hans sehr anders als Tonio ist. Er ist überaus sportlich und interessiert sich insbesondere fürs Reiten. Er liest Pferdebücher mit Abbildungen. Tonio dagegen spielt Geige und hat ein Heft mit selbst geschriebenen Gedichten. Hier wird Tonios künstlerische Veranlagung deutlich, die ihm sowohl eine Zuflucht als auch durch die mit ihr zusammenhängende Einsamkeit eine Belastung ist.

Im Gegensatz zu Hans liest Tonio anspruchsvolle Literatur und ist insbesondere von einer Episode im Don Carlos ergriffen, in der es heißt, dass König Philipp von Spanien über den Betrug durch den Marquis von Posa geweint haben soll. Er schlägt Hans vor, zusammen im Don Carlos zu lesen, doch das gegebene Versprechen wird von Hans bald vergessen.

Hans schätzt an Tonio, dass er schwierige Dinge in Worte fassen kann und durch seine Zurückgezogenheit eine gewissen Überlegenheit ausdrückt. So sehr sich Tonio allerdings um die Freundschaft bemüht, bleiben sich die beiden Jungen einander fremd. Die zwischen ihnen liegende Distanz wird deutlich, als ihr Kamerad Erwin Jimmerthal zu ihnen stößt, und sich mit Hans über Reitgamaschen unterhält.


2. Kapitel

Für die Jugendlichen aus den ersten, d.h. besten, Familien der Stadt werden in den elterlichen Häusern Tanzveranstaltungen durchgeführt. Für diese kommt der Tanzlehrer François Knaak extra aus Hamburg angereist. Herr Knaak spricht mit Vorliebe französisch, was die Exklusivität der Privatveranstaltung und den gehobenen Anspruch der die Tanzveranstaltung ausrichtenden Familien unterstreicht.

Tonio bestaunt die affektierte und selbst verliebte Grazie des Tanzlehrers, die von seiner eigenen Natur sehr unterschiedlich ist. Überhaupt ist Tonio kein guter Tänzer. Dennoch hat sich der mittlerweile sechzehnjährige Tonio in die schöne und wie Hans Hansen ebenfalls blonde und blauäugige Inge Holm verliebt. Sie ist die Tochter des Doktor Holms und wohnt in der Nähe des gotischen Springbrunnens. Tonios Herz wird von einem Entzücken ergriffen, wenn er Inge ansieht.

Tonios Isolation wird weiter deutlich, da die stets heitere und lebensfrohe Inge den zurückgezogenen Tonio nicht beachtet. Vielmehr lacht Inge über ihn, als Tonio in der Tanzstunde einmal aus versehen einen Mädchentanz zu tanzen beginnt, weil er so in Gedanken an Inge versunken war. Im Gegensatz zu Inge interessiert sich die schlechte Tänzerin Magdalena Vermehren für Tonio. Sie hat ihn ebenfalls zwei Mal gebeten, ihr seine Verse zu zeigen.

Doch Tonio interessiert sich nicht für die unattraktive Magdalena. Stattdessen zieht er sich von der Tanzveranstaltung zurück und versucht an einsamen Stellen, „wohin Musik, Blumenduft und Gläsergeklirr nur leise drangen“ Inges Stimme zu erkennen. In dieser Abgeschiedenheit denkt er den schönen und blonden Menschen nach. In seine Sehnsucht und Liebe zu Inge mischt sich „ein herber, drängender Schmerz, von ihr ausgeschlossen und ihr ewig fremd zu sein.“

Die Zuneigung Magdalenas bedeutet ihm nichts, auch wenn sie sich ihm zum Tanzen anbietet, denn „er, er liebte Inge Holm, die blonde, lustige Inge, die ihn sicher darum verachtete, dass er poetische Sachen schrieb.“ Der junge Tonio sagt sich, dass er Inge ewig lieben wird und ihr treu bleiben möchte. Doch bald erlosch seine Liebe zu ihr.


3. Kapitel

Bereits während Tonio Kröger noch in seiner Heimatstadt lebte, hat er sich immer mehr und mehr von dem Leben der übrigen Menschen entfremdet. Seine Andersartigkeit und sein Künstlertum hatten sich bereits in den ersten beiden Kapiteln angedeutet, doch erst jetzt ergeben sich Konsequenzen aus seinen Veranlagungen. Als Tonio Krögers Vater und seine Großmutter sterben, heiratet seine Mutter einen Virtuosen mit italienischen Namen. Das väterliche Unternehmen wird verkauft und Tonio Kröger kann von den Erträgen leben.

Seine Mutter zieht aus der Stadt und auch Tonio Kröger zieht nach München. In München schärft sich sein Verstand weiter und er beginnt die alltägliche Welt der Menschen zu verspotten und seine Identität als Künstler weiter zu forcieren. Er meint, die Welt, die Menschen und seine eigene Seele zu verstehen. Seine Erkenntnis fasst er in den Worten zusammen: „Was er aber sah, war dies: Komik und Elend — Komik und Elend.“

Neben dieser Erkenntnis beginnt er seine Leidenschaft für die körperliche Liebe zu erkennen, doch diese „Wollust und heiße Schuld“ verstärken die bereits existierenden Konflikte seines Lebens. Es gelingt Tonio Kröger aber, alle Konflikte in Literatur zu bändigen. Er wird als Künstler anerkannt und sein Name, der einst von seinen Lehrern verachtet wird zu einer „Formel, die vortreffliches bezeichnet“.

Tonio Kröger gelingt es, „im Kampf mit der wählerischen Reizbarkeit seines Geschmacks unter heftigen Qualen ungewöhnliche Werke“ entstehen zu lassen. Tonio Kröger arbeitet sehr viel, aber nicht wie ein Bürger, der arbeitet, um Geld fürs Leben zu verdienen. Vielmehr ist es ihm unmöglich zu leben, er verachtet das gewöhnliche Leben und kann aus diesem Grund nur in seiner künstlerischen Arbeit existieren.

In dieser Thematik ist das Grundproblem des Werks angedeutet: Der Konflikt zwischen bürgerlicher und künstlerischer Existent. Das Kapitel endet mit der Überzeugung, „dass man gestorben sein muss, um ganz ein Schaffender zu sein.“


4. Kapitel

Tonio Kröger ist mittlerweile über dreißig und besucht die befreundete Malerin Lisaweta Iwanowna in ihrem Atelier, das sich in einem Rückgebäude der Schellingstraße in München befindet. Sie diskutieren über Selbstfindung, die Natur, den Beruf des Künstlers und die Frage, was eigentlich ein Künstler sei.

Iwanowna versucht dem zweifelnden Tonio Kröger Mut zu zu sprechen und erinnert ihn an „die reinigende, heiligende Wirkung der Literatur“ und „die Zerstörung der Leidenschaften durch die Erkenntnis und das Wort“. Ihrer Meinung nach ist die Literatur ein „Weg zum Verstehen, zum Vergeben und zur Liebe, die erlösende Macht der Sprache, der literarische Geist als die edelste Erscheinung des Menschengeistes überhaupt.“

Nachdem Tonio Kröger weitere Selbstzweifel über sein Dasein als Künstler und insbesondere seiner Liebe zu den „Wonnen der Gewöhnlichkeit“ vorträgt, erwidert ihm Iwanowna, das eigentliche Problem Tonio Krögers, nämlich dass er „ein Bürger auf Irrwegen“ sei. Sie sagt: „Tonio Kröger, — ein verirrter Bürger.“


5. Kapitel

Tonio Kröger verabschiedet sich von Iwanowna und sagt, dass er verreisen möchte. Es ziehe ihn aus München nach Dänemark, wo die Sprache und die Luft zu seiner Heimat ähnlich sein. Er wolle nicht wieder nach Italien reisen, sondern „die Ostsee wieder sehen, […] diese Vornamen wieder hören, diese Bücher an Ort und Stelle lesen“.

Iwanowna fragt ihn, welche Reiseroute er zu wählen gedenkt und Tonio Kröger gesteht, dass er durchaus vor hat, durch seine alte Heimatstadt in Norddeutschland zu reisen. Tonio Kröger gesteht: „Ja, ich berühre meine – meinen Ausgangspunkt, Lisaweta, nach dreizehn Jahren, und das kann ziemlich komisch werden“.


6. Kapitel

Tonio Kröger ist in seiner Heimatstadt und das 6. Kapitel beschreibt diesen „kurzen, seltsamen Aufenthalt“. Die Reise war komfortabel und nun streift er durch die engen Straßen und wiegt sich in seinen Erinnerungen. Er beobachtet das Treiben und Aussehen der Stadt und findet alles „winzig und winklig“.

Im Hotel wird er nicht als Sohn der Stadt erkannt und er gibt sich auch nicht als Sohn des verstorbenen Konsuls Kröger zu erkennen. Am nächsten Morgen besucht er das verkaufte Vaterhaus. Das Haus wurde inzwischen zu einer Volksbibliothek umgewandelt, was Tonio Kröger nicht gefällt. Unter dem Vorwand als Fremder in der Stadt den Bestand der Bibliothek begutachten zu wollen, geht Tonio Kröger in seinem ehemaligen Zuhause umher.

Sein eigenes kleines Zimmer war „nun ebenfalls ganz mit Büchern angefüllt, die ein dürftiger Mensch bewachte.“ Wieder im Hotel, bereitet Tonio Kröger seine Abfahrt vor. Bevor er allerdings abreisen konnte, wird er vom Direktor des Hotels Seehaase zu einer Unterredung gebeten, bei der auch ein Polizist anwesend ist. Sie vermuten, dass Tonio Kröger ein Trickbetrüger sein könnte und verlangen Seinen Ausweis.

Doch Tonio Kröger hat sich noch nie einen Ausweis ausstellen lassen und möchte auch nicht seine wahre Identität preisgeben. Letztendlich dient ein Manuskript Tonio Krögers als Beweis, dass er kein Betrüger ist und er kann nach Kopenhagen weiter reisen.


7. Kapitel

Auf dem Schiff nach Kopenhagen erlebt Tonio Kröger das Meer seiner Kindheit, die Ostsee. Er wird von einer „schaukelnde[n] und still entzückte[n] Stimmung erfüllt“. Er sieht den Strand, an dem er als Kind geträumt hat und er bedenkt die vielen Erinnerungen seiner Heimat, die er durch den Aufenthalt in der Stadt wach gerufen hat.

Nach einem langweiligen Gespräch mit einem Reisenden, streckt er sich in seiner Kajüte aus und schlummert ein wenig. Immer wieder wird das unbändige Meer mit seinen tumultartigen Bewegungen beschrieben. Am morgen landet Tonio Kröger in Kopenhagen und betrachtet die blonden Menschen. Er hielt sich aber nicht lange in der Stadt auf, sonder wird von einer „Unruhe, süß und töricht, Erinnerung halb und halb Erwartung“ und einem „Verlangen, irgendwo still am Strande liegen zu dürfen“ weiter getrieben.


8. Kapitel

Mittlerweile, es ist Ende September, ist Tonio Kröger im dänischen Helsingör im Hotel Aalsgaard. Er verbringt ruhige, spätsommerliche Tage am Meer. Als das Meer mit dem Herbst stürmischer wird, unternimmt er ausgedehnte Spaziergänge an der frischen Luft. Als Tonio Kröger eines Tages von einem Ausflug zurückkehrt, sieht er mehrere Wagen vor dem Hotel.

Auf Nachfrage Tonio Krögers erklärt ein Fischhändler, dass in der Nacht ein Ball, eine „Tanzbelustigung“ stattfinden wird. Kurz darauf, es ist später Vormittag, „geschah dies auf einmal: Hans Hansen und Ingeborg Holm gingen durch den Saal. –“

Auf einmal ist es mit der Ruhe Tonio Krögers vorbei. Er erinnert sich an seine Liebe zu den beiden blonden, lebensfrohen und in seiner Jugend für ihn wichtigen Menschen. Die Tanzgesellschaft verbringt den Tag über mit Ausflügen. Als es Abend ist beginnt der Ball. „Ja, sie waren da, die beiden, die heute im Sonnenlicht an Tonio Kröger vorübergezogen waren, er sah sie wieder und erschrak vor Freude, als er sie fast gleichzeitig gewahrte.“

Wie in seiner Jugend vertreibt sich Tonio Kröger die Zeit, die Tanzenden aus einer abseitigen und versteckten Position zu beobachten. Er sah die typischen Merkmale Hans und Inges und „und plötzlich erschütterte das Heimweh seine Brust mit einem solchen Schmerz, dass er unwillkürlich weiter ins Dunkel zurückwich, damit niemand das Zucken seines Gesichtes sähe.“ Es ist alles, wie es ehemals gewesen ist.

Tonio Kröger „war berauscht von dem Feste, an dem er nicht teilgehabt, und müde von Eifersucht. Wie früher, ganz wie früher war es gewesen! Mit erhitztem Gesicht hatte er an dunkler Stelle gestanden, in Schmerzen um euch, ihr Blonden, Lebendigen, Glücklichen, und war dann einsam hinweggegangen.“ Schließlich verlässt Tonio Kröger das Fest und legt sich schlafen. Er spricht die Namen seiner zwei Heiligen aus der Jugendzeit in sein Kissen und „schluchzte vor Reue und Heimweh“.


9. Kapitel

In einem Brief an die befreundete Malerin Lisaweta Iwanowna berichtet Tonio Kröger von allen seinen Erlebnissen und seiner Innenschau. In seinem Brief bezieht sich Tonio auf den Ausspruch Iwanownas, dass er ein „verirrter Bürger“ sei. Tonio Kröger gesteht, dass sie vollkommen die Wahrheit gesagt habe. Er sagt: „Ich stehe zwischen zwei Welten, bin in keiner daheim und habe es infolgedessen ein wenig schwer.

Ihr Künstler nennt mich einen Bürger, und die Bürger sind versucht, mich zu verhaften…“ Hierbei bezieht sich Tonio Kröger auf das Erlebnis in dem Hotel seiner Heimatstadt, in dem er für einen Trickbetrüger gehalten wurde. Während er seine Leidenschaft für die „ Stolzen und Kalten“ ausdrückt und sein bisheriges Leben resümiert („Was ich getan habe, ist nichts, nicht viel, so gut wie nichts.“), verspricht Tonio Kröger, ein noch größerer und noch besserer Künstler zu werden.

Er erzählt, dass in seinem Herzen viele Schatten sind, die er ordnen und künstlerisch zur Darstellung bringen möchte. Gleichzeitig gesteht er ihr auch den tiefsten Grund seiner Sehnsüchte: „Aber meine tiefste und verstohlenste Liebe gehört den Blonden und Blauäugigen, den hellen Lebendigen, den Glücklichen, Liebenswürdigen und Gewöhnlichen.“

Er bittet seine Freundin, diese Liebe nicht zu schelten, denn seiner Meinung nach sei diese Liebe für das Gewöhnliche und Blonde „gut und fruchtbar“. Die letzten Worte der Erzählung dienen der Charakterisierung dieser Empfindung: „Sehnsucht ist darin und schwermütiger Neid und ein klein wenig Verachtung und eine ganze keusche Seligkeit.“

Sonstiges

Für Thomas Mann ist die Welt in die untrennbaren Pole von Geist und Natur geteilt. In der Novelle „Tonio Kröger“ stehen die blauäugigen, lebensfrohen Blonden Inge Holm und Hans Hansen für einen Typus des Bürgers, der nicht von seinem Intellekt als Ausdruck des Geistes befangen ist.

Ihre Natürlichkeit wird durch ihr sportliches Geschick (reiten, tanzen), ihre Schönheit und ihre unbekümmerte Heiterkeit ausgedrückt. Tonio Kröger ist zunächst einmal durch seine fremdländische Mutter von den anderen getrennt. Darüber hinaus erschwert ihm sein permanentes Nachdenken und sein Künstlertum einen unbeschwerten Zugang zum Leben.

Gleichzeitig gelingt es dem Künstler aber nicht, sich vollkommen der Welt des Geistes zu öffnen und das Bürgertum aufzugeben. Deswegen kann die befreundete Malerin Iwanowna zu Tonio Kröger sagen, dass er ein „verirrter Bürger“ ist. Dieser Zustand der Verirrung wird durch das Motiv des Meeres ausgedrückt.

Als Kind schaut Tonio Kröger auf die Ostsee und denkt nach, auf seiner Überfahrt nach Dänemark brausen die Wellen, das Meer bildet die Kulisse, als der Inge Holm und Hans Hansen wieder sieht und es rauscht, als Tonio Kröger den abschließenden Brief an Iwanowna schreibt.

Thomas Mann

Thomas Mann wird 1875 als zweiter Sohn eines reichen Kaufmanns in Lübeck geboren. Sein älterer Bruder ist der Schriftsteller Heinrich Mann. Zwei Jahre nach Thomas Manns Geburt wird sein Vater Thomas Johann Heinrich Mann 1877 zum Senator der Stadt gewählt. Als der Vater jedoch 1891 stirbt, wird seine Getreidehandlung und das Haus in der Lübecker Innenstadt verkauft.

1894 zieht Thomas Mann mit seiner Mutter und seinen kleineren Geschwistern nach München. Hier beginnt er erste Novellen zu schreiben und plant, Journalist zu werden. Im Alter von 25 Jahren schreibt Thomas Mann 1925 die „Buddenbrooks“, die 1926 erscheinen. Mit dem Roman wird Thomas Mann schlagartig berühmt. Für diesen Roman wird Thomas Mann 1929 den Nobelpreis für Literatur erhalten. Nach den „Buddenbrooks“ entstehen die Novellen „Tonio Kröger“ und „Tristan“. 1904 verlobt sich Thomas Mann mit Katia Pringsheim, einer Tochter aus einer der angesehensten Familien Münchens.

Der Schriftsteller Thomas Mann wird der klassischen Moderne zugerechnet. Als Mensch und Künstler durchlebte Mann sowohl den Ersten als auch den Zweiten Weltkrieg. Für die während des Ersten Weltkriegs entstandenen und 1918 veröffentlichten Schrift „Betrachtungen eines Unpolitischen“ wird Thomas Mann kritisiert, da er in dieser (anders als sein Bruder Heinrich) den Krieg rechtfertigt.

Mit der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland verlässt Thomas Mann Deutschland. Er lebt zunächst im Schweizer Exil, 1941 zieht er nach Kalifornien in die USA, wo er in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen deutschen Exil-Schriftstellern, wie etwa Lion Feuchtwanger, lebt.

Thomas Mann kehrt 1952 nach Europa zurück und stirbt 1955 in Kilchberg am Zürichsee, wo er auch begraben ist. Zu seinen bekannten Romanen gehören die „Buddenbrooks“, „Doktor Faustus“ und „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“. Bekannte Erzählungen sind „Tonio Kröger“, „Der Tod in Venedig“ und „Mario und der Zauberer“.


Stichwortverzeichnis