Marie von Ebner-Eschenbach

Marie von Ebner-Eschenbach, geboren am 13. September 1830 auf Schloss Zdislawitz bei Kremsier in Mähren; gestorben am 12. März 1916 in Wien, war eine österreichische Schriftstellerin und Vertreterin des Realismus. Sie zählt zu den wichtigsten Erzählerinnen des 19. Jahrhunderts, wobei sich ihre Werke durch eine staatliche Weitsicht auszeichnen.


Ihr umfangreiches Œuvre umfasst vor allem Novellen, Erzählungen, Aphorismen und dramatische Texte, wobei vor allem ihr Werk Krambambuli der Dichterin zu weitreichender Bekanntschaft verhalf. Dennoch betrieb die adlige von Ebner-Eschenbach die Schriftstellerei nicht, um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern vor allem um den Humanismus zu fördern und sittlichen Anstand zu vermitteln.

Lebenslauf

  • Am 13. September 1830 wird Marie Freiin von Dubský auf Schloss Zdislawitz bei Kremsier in Mähren als Tochter des Barons Franz Dubský und dessen zweiter Frau Baronesse Marie von Vockel geboren. Maries Mutter stirbt kurz nach der Geburt. In ihrer Kindheit erhält sie eine umfassende Bildung, wird (literarisch) gefördert und zu eigenem Schaffen angehalten.

  • 1843: Maries Vater, Franz Dubský, wird Graf.

  • 1847: Franz Grillparzer, selbst Schriftsteller, liest ihre ersten literarischen Werke. Er hält sie an, mit dem Schreiben weiterzumachen, da er ihr Potential sowie Talent erkennt und ermutigt sie, ihre Fähigkeiten auszubauen.

  • 1848: Hochzeit mit ihrem Cousin Moritz Freiherr von Ebner-Eschenbach, einem Professor der Naturwissenschaften und Leutnant, später Feldmarschall-Leutnant. Gemeinsam leben sie in Kloster Brück/Mähren (bis 1856), die Sommermonate verbringen sie auf Schloss Zdislawitz.

  • 1850: Sie betreibt autodidaktische Studien und setzt sich mit allerlei Themen auseinander. Darüber hinaus knüpft sie eine Freundschaft zu Joseph Weilen.

  • 1856: Zieht zurück nach Wien.

  • 1859: Ihr Ehemann muss zum Kampfeinsatz nach Italien.

  • 1860: Ihr Schauspiel in 5 Aufzügen Maria Stuart in Schottland kommt zur Uraufführung und wird kurze Zeit später gedruckt. Moritz von Ebner-Eschenbach wird Chef des sogenannten Geniekomitees in Wien.

  • 1863: Aufenthalt in der Schweiz. Weiterhin knüpft sie freundschaftliche Bande zu Ida von Fleischl-Marxow und Betty Paoli.

  • 1866: Ihr Ehemann, Moritz von Ebner-Eschenbach, wird zu kriegerischen Auseinandersetzungen in Polen geschickt.

  • 1867: Sie lernt Ferdinand von Saar kennen, seines Zeichens Schriftsteller, Dramatiker und Lyriker. Sie beendet außerdem die Arbeit am Trauerspiel Marie Roland, welche bereits im folgenden Jahr in Weimar uraufgeführt wird.

  • 1872: Veröffentlichung ihres dramatischen Gedichts Doktor Ritter.

  • 1873: Das Waldfräulein, ein Lustspiel, wird in Wien uraufgeführt und fällt bei der Kritik durch. Marie von Ebner-Eschenbach stellt in der Folge ihre Arbeit an dramatischen Werken ein und widmet sich vermehrt der Prosa.

  • 1874: Ruhestand ihres Mannes Moritz von Ebner-Eschenbach.

  • 1875: Sie lernt Julius Rodenberg, den Herausgeber der Deutschen Rundschau, kennen. Ihr erster Band mit Erzählungen erscheint.

  • 1879: Absolviert eine Ausbildung zur Uhrmacherin.

  • 1880: Ihr Werk Aphorismen wird veröffentlicht. Ihre Erzählung Lotti, die Uhrmacherin wird in der Deutschen Rundschau veröffentlicht.

  • 1898: Ihr Mann Moritz von Ebner-Eschenbach stirbt in Wien. Sie wird mit dem Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft, dem höchsten zivilen Orden Österreichs, ausgezeichnet. Reise nach Rom.

  • 1900: Marie von Ebner-Eschenbach wird als erste Frau mit der Ehrendoktorwürde der Universität Wien geehrt.

  • Mit 85 Jahren, am 12. März 1916, stirbt Marie von Ebner-Eschenbach.

Biografie

Marie Freifrau von Ebner Eschenbach (geb. 13. September 1830 auf Schloss Zdislawitz bei Kremsier in Mähren; † 12. März 1916 in Wien) ist eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts.

Die Österreicherin wurde durch ihre psychologischen Werke bekannt und war die Tochter des Baron Franz Dubský, ab 1843 Graf Dubský, und dessen zweiter Ehefrau Baronesse Marie von Vockel.

Ihre Familie betrachtete das poetische Treiben der Tochter als nicht standesgemäß, da die von Dubskýs zum mährischen Hochadel zählten. Dennoch profitierte Ebner-Eschenbar zeitlebens davon, dass sie als Adlige über dem Bürgertum lebte und somit bürgerliche Verhältnisse überschauen konnte und sich dadurch sehr früh eine staatliche Weitsicht aneignete, welche sich auch in ihren Werken niederschlägt.

Kindheit zwischen Zdislawitz und Wien

Gräfin Marie von Dubský, die später zur Freifrau von Ebner Eschenbach wurde, gehörte zum Adelsgeschlecht der Dubský von Třebomyslice. Sie verbrachte die Sommermonate ihrer Kindheit und Jugend im Kreis ihrer Familie auf Schloss Zdislawitz und hielt sich darüber hinaus in Wien auf. Die Stadt war insbesondere während der Wintermonate das Domizil ihrer frühen Jahre und beeinflusste ihre poetischen Interessen.

Sechs Geschwister zählte ihr familiäres Umfeld, das vom frühen Tod der Mutter geprägt wurde. Mit ihrer ersten Stiefmutter, Eugénie Bartenstein, verband die junge Marie ein sehr enges und liebevolles Verhältnis, das sie als Siebenjährige wieder verlor, da Eugénie starb. Der Vater der späteren Schriftstellerin heiratete 1840 in vierter Ehe die Gräfin Xaverine Kolowrat-Krakowsky. Zu dieser konnte Marie ebenfalls ein gutes und inniges Verhältnis aufbauen.

Gräfin Xaverine Kolowrat-Krakowsky war eine hochgebildete und intellektuelle Frau, die das literarische Talent von Marie bereits sehr früh erkannte und gezielt förderte. Marie besuchte in ihren frühen Jugendjahren mit ihrer zweiten Stiefmutter des Öfteren die Vorstellungen im Burgtheater zu Wien und bekam unter anderem literarische Impulse durch die Dramen von Friedrich Schiller. Ihr frühes dichterisches Schaffen galt der Lyrik und den Erzähltexten sowie den Lust- und Trauerspielen dar damaligen Zeiten.

Erziehung und Bildung

Marie wurde frei von beengenden Autoritätsregeln erzogen und konnte ihrem Interesse für Bildung nachgehen, ohne dabei geleitet und gestört zu werden. Ihr stand die Bibliothek ihrer Großmutter zur Verfügung, die Marie früh nutzte, um ihren Drang zur Literatur nachzugehen und sich als Autodidaktin unabhängig von jeglichen gegenständlichen Einflüssen fortzubilden.

Zur Gunst ihres Standes zählte auch das Privileg, mehrere Personen als Lehrer und erziehungsrelevante Menschen in ihrem jungen Leben haben zu dürfen. Ihre Großmutter mütterlicherseits, ihre Tante Helen der väterlichen Seite, verschiedenen Dienstmädchen und Gouvernanten aus Deutschland und Frankreich kümmerten sich um die Erziehung von Marie. Deutsch, Tschechisch und Französisch gehörten zu den Sprachen, die sie als Kind und Jugendliche erlernte, wobei ihre Muttersprache (Französisch) im Vordergrund der Erziehung stand.

Weitsicht und Staatsverständnis

Marie Freifrau von Ebner Eschenbach nutze ihre adlige Herkunft dazu, die Zustände im Land sowie die staatlich-wirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen Bürgertum und Aristokratie zu überblicken und einzuschätzen. Ihre frühe Weitsicht und ihr Verständnis für staatliche Angelegenheiten ließ sie in die Schilderungen ihrer Erzählungen einfließen. Sie prägte als Schriftstellerin ein vollkommen neues poetisches Gebiet, das sie vorantrieb und worin sie nach und nach zahlreiche Erfolge sowie begeisterte Anhänger fand: die Schilderung der Aristokratie.

Ehe mit Moritz von Ebner-Eschenbach

Marie heiratete 1848 ihren Cousin Moritz von Ebner-Eschenbach, der bereits 15 Jahre älter war als sie und in Klosterbruck wohnte, einem Ort bei Znaim in Südmähren. Die Ehe der beiden blieb kinderlos.

Als gebildeter Mann und Professor für Physik und Chemie in Wien unterstütze Maries Ehemann die Neigungen seiner Ehefrau zur Schriftstellerei. Marie setze in den folgenden Jahren ihre Begeisterung für Dramen und Gesellschaftsstücke an der Seite ihres Ehemannes fort und zog mit ihm 1856 endgültig nach Wien um.

Marie die Uhrmacherin

1879 absolvierte Marie Freifrau von Ebner Eschenbach eine Uhrmacher-Ausbildung zum Erstaunen vieler Freunde und Bekannter. Frauen, die damals den Beruf des Uhrmachers ergriffen, galten als ungewöhnlich und selten. Marie jedoch sammelte mit Freude Formuhren, deren Sammlung sich heute im Uhrenmuseum von Wien befindet.

Von der Dramatikerin zur Erzählerin

Die Literatur blieb weiterhin ihr beliebtes Betätigungsfeld, auf dem sie jedoch nicht nachhaltig erfolgreich war. Ihre Dramen konnten sich nicht durchsetzen und jegliche Erfolge blieben aus – bis Marie das Genre wechselte und anfing, Erzählungen zur verfassen.

Bereits 1876 erzielte sie einen kleinen Achtungserfolg mit ihrem Kurzroman Božena, der in der Deutschen Rundschau Veröffentlichung fand. Ihre Entscheidung, sich vom Drama abzuwenden, erwies sich als vollkommen richtig.

1880 gelang Marie Freifrau von Ebner Eschenbach dann der Durchbruch als Schriftstellerin mit ihrer Erzählung Lotti die Uhrmacherin und dem bekannten Werk Aphorismen, das seither mehrere Male neu aufgelegt wurde.

Die Dorf- und Schlossgeschichten gehörten ebenfalls zu ihren Werken, die nachhaltig und wegweisend den Ruhm sowie alle folgenden Ehren ihres zukünftigen Lebens als angesehene Schriftstellerin bestimmten.

Ihre bekannteste Novelle Krambambuli gehörte ebenfalls zum Werk Dorf- und Schlossgeschichten. Marie widmete sich fortan erzählerischen Dichtungen, in denen ihre Überzeugung für soziale Verhältnisse und ihr ausbalanciertes politisches Bewusstsein deutlich zu finden sind.

Erfolge und Ehrungen

Die literarischen Erfolge stellten sich für Marie Freifrau von Ebner Eschenbach im Jahr 1880 ein und hielten an bis zu ihrem Tod. Verlage kamen auf sie zu und öffneten ihre Türen für sie. Im Jahr 1887 wurde ihr Roman Das Gemeindekind veröffentlicht, der bis zum heutigen Tage einen nicht unerheblichen Stellenwert in der deutschsprachigen Literatur einnimmt.

Ihr Ruhm nahm im Verlauf von fast 35 Jahren beständig zu und Marie Freifrau von Ebner Eschenbach wurde sowohl in Österreich als auch in Deutschland als bedeutende Schriftstellerin gefeiert. Sie bekämpfte zeit ihres Lebens die festgefahrenen und etablierten Überzeugungen ihrer Epoche.

Marie war nie eine Schriftstellerin, die mit ihren Werken versuchte, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, zumal sie dazu auch keine Veranlassung hatte. Ihr ging es vielmehr um die Motivation, dass ihre Schriften den Gedanken ihrer Zeit Impulse zur Veränderung geben würden. Humanismus zu fördern und sittlichen Anstand zu vermitteln, darum ging es der Schriftstellerin.

Sie gründete einen Verein zur Bekämpfung von Antisemitismus, hielt beim Beschreiben von jüdischen Nebenfiguren in ihren Werken allerdings zahlreiche Klischees (Materialismus, Aussehen, Kleidung) zur Definition ebendieser Charaktere aufrecht (evtl. unbewusst) .

Auch den Weg zum Drama fand Marie von Ebner-Eschenbach schließlich mit dialogischen Novellen und Werken wie Ohne Liebe von 1888 sowie Am Ende von 1895. Beide Werke kamen auf der Freien Bühne Berlins sehr gut an.

Im Jahr 1898 wurde ihr der höchste zivile Orden Österreichs verliehen: das Ehrenkreuz für Kunst und Literatur. Nur wenig später, 1990, bekam sie als erste Frau einen Ehrendoktortitel der Universität von Wien zugesprochen.

Tod in Wien mit 85 Jahren

Nachdem Marie von Ebner-Eschenbachs Ehemann im Jahr 1898 verstarb, begab sich Marie auf Reisen nach Italien. Sie veröffentlichte einige Jahre danach ihre Erinnerungen an Kindertage und Erziehung mit der Erzählung Meine Kindertage, die 1906 erschien.

Marie von Ebner-Eschenbach verstarb am 12. März 1916 in Wien. Zu Ehren der bekannten und beliebten Schriftstellerin ließ die Universität von Wien eine Gedenktafel anfertigen und an dem Universitätsgebäude anbringen. Außerdem benannte die Stadt Wien einen Park nach der Dichterin, die posthum auch noch weitere Ehrungen erfuhr.

Werke

  • Hirzepinzchen (Märchen)
  • Aus Franzensbad (1858, Briefnovelle)
  • Maria Stuart in Schottland (1860, Schauspiel)
  • Das Veilchen (1861, Lustspiel)
  • Marie Roland (1867, Trauerspiel)
  • Doktor Ritter (1869, Dramatisches Gedicht)
  • Die Prinzessin von Banalien (1872, Märchen)
  • Das Waldfräulein (1873, Lustspiel)
  • Božena (1876, Erzählung)
  • Die Freiherren von Gemperlein (1878, Erzählung)
  • Lotti, die Uhrmacherin (1880, Erzählung)
  • Aphorismen (1880)
  • Dorf- und Schloßgeschichten (1883, darin enthalten: Jacob Szela, Krambambuli, Die Resel u.a.)
  • Zwei Comtessen (1885, Erzählung)
  • Neue Dorf- und Schloßgeschichten (1886, Erzählungen; darin enthalten: Der gute Mond u.a.).
  • Das Gemeindekind (1897, Roman)
  • Unsühnbar (1890, Erzählung)
  • Drei Novellen (1892, darin enthalten: Oversberg)
  • Glaubenslos? (1893, Erzählung)
  • Das Schädliche. Die Totenwacht. (1894, zwei Erzählungen)
  • Rittmeister Brand. Bertram Vogelweid. (1896, zwei Erzählungen)
  • Alte Schule (1897, Erzählungen; darin enthalten: Ein Verbot, Der Fink, Eine Vision, Schattenleben u.a.).
  • Am Ende (1897, Szene in einem Aufzug)
  • Aus Spätherbsttagen (1901, Erzählungen)
  • Agave (1903, Roman)
  • Die unbesiegbare Macht (1905, Erzählungen)
  • Meine Kinderjahre (1906, biographische Skizzen)
  • Altweibersommer (1909)