Franz Grillparzer

Franz Seraphicus Grillparzer, * 15. Januar 1791 in Wien, † 21. Januar 1872 in Wien, war ein östereichischer Schriftsteller, der sich hauptsächlich als Dramatiker hervortat.


In seiner konservativen Grundhaltung, seinem Festhalten an Traditionen und seinen melancholischen Darstellungen lässt sich Grillparzers künstlerisches Œuvre klar dem Biedermeier zuordnen. In seiner dramatischen Dichtung finden sich aber sowohl Elemente der antiken Literatur als auch der spanischen Barocktragödie, des Wiener Volkstheaters sowie der Weimarer Klassik (vgl. Literaturepochen).

Grillparzer Werk zeichnet sich durch große Gattungsvielfalt aus. So begegnet man der Schicksalstragödie, dem Trauerspiel, dem Künstlerdrama, dem Besserungsstück, der Liebestragödie sowie dem Geschichtsdrama.

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Lebenslauf

  • 1791 wird Franz Seraphicus Grillparzer am 15. Januar in Wien geboren. Er ist der Sohn des Rechtsgelehrten Wenzel E. J. Grillparzer, der am Hof und bei Gericht arbeitet, und dessen Frau Anna Franziska, geborene Sonnleithner.

  • Mit seinen Geschwistern wächst Grillparzer im wohlständischen Haus seiner verschuldeten Eltern am Wiener Bauernmarkt auf.

  • 1807 bis 1811 studiert Grillparzer Jura an der Unversität Wien. Als Schüler und Student erlebt er innerhalb dieser Zeit das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1806) und die Besetzung Wiens durch Napoleon (1809). Das Erleben ebendieser Ereignisse beeinflusst Grillparzers Geschichtsverständnis und seine Dramatik.[1] Er hält an der Habsburger-Dynastie fest, pocht auf Tradition und lässt seine dramatischen Helden am Traditionsbruch scheitern, wie etwa in Die Ahnfrau, 1817 und König Ottokars Glück und Ende, 1825.
  • Der Widerspruch zwischen dem Festhalten an der Habsburgischen Monarchie und den neuen ideellen Werten politischer Autonomie[2], lässt Grillparzer in einen desolaten Zustand verfallen, den er 1811 in seinem Tagebuch festhält:
„Ich kann nicht länger mehr so fort leben! Dauert dieses unerträgliche, lauwarme Hinschleppen noch länger, so werd‘ ich ein Opfer meiner Verhältnisse. Dieses schlappe geistertötende Einerlei, dieses immerwährende Zweifeln an meinem eigenen Werte, dieses Sehnen meines Herzens nach Nahrung, ohne je befriedigt zu werden; ich kann es nicht mehr aushalten.“
  • 1807 bis 1809 arbeitet Grillparzer an seinem Erstlingswerk[3], dem Jugenddrama Blanka von Kastilien[4]. Die historischen Dramen Friedrich Schillers dienen ihm hierbei als Vorbild.

  • Am 10. November 1809 stirbt sein Vater.

  • Nach dem Studienabschluss 1811 nimmt Grillparzer eine Stelle als Hauslehrer an, wodurch er die Familie nach dem Tod des Vaters finanziell unterstützen kann.

  • 1813 beginnt seine Beamtenlaufbahn am königlich-kaiserlichen Hof mit einer Praktikantenstelle bei der Hofkammer.

  • Mit der Schicksalstragödie Die Ahnfrau beginnt 1817 Grillparzers literarischer Erfolg.[5] Das Werk spiegelt seine Angst vor dem Verlust der Tradition wider.[6] Im selben Jahr begeht sein Bruder Adolf Selbstmord.

  • 1818 entsteht Sappho, ein Künstlerdrama, in dem eine Dichterin ihre Kunstidee aufgibt und häuslich wird. Grillparzer bedient das Element der Häuslichkeit, was für die Epoche des Biedermeier typisch ist.

  • 1819 verarbeitet Grillparzer in der Trilogie Das goldene Vließ antike Stoffe, wie beispielsweise das Schicksal von Medea und Jason. Der große Erfolg lässt ihn in den folgenden Jahren zu einem der bevorzugtesten Dramatiker werden.

  • Im selben Jahr reist Grillparzer nach Italien. Seine Mutter begeht nun ebenfalls Selbstmord. Der Freitod des Bruders und der Mutter sind einschneidende Erlebnisse, an denen er lange leidet.

  • 1820 stellt Grillparzer in dem Gedicht Campo vaccino die Kultur der heidnischen Antike über die des Christentums. Die sogenannte Campo-vaccino-Affäre hat Folgen. Grillparzers Bewerbungen in ein anderes Amt bleiben erfolglos, bei Beförderungen wird er nicht berücksichtigt.

  • In diesem Zusammenhang bekommt Grillparzer in den folgenden Jahren Schwierigkeiten mit der Zensurbehörde. So soll die Aufführung des Ottokar-Dramas (1825) verhindert werden. Das Trauerspiel Ein treuer Diener seines Herrn versucht der Kaiser privat zu erwerben, um den Druck zu vereiteln.

  • 1821 lernt Grillparzer Katharina (Kathi) Fröhlich kennen. Sie verloben sich, heiraten allerdings nie, sodass Kathi als ewige Braut Grillparzers bezeichnet wird.

  • Mehrfach trifft Grillparzer auf Ludwig van Beethoven. 1822/23 verfasst er für ihn das Opernlibretto Melusine, das Beethoven allerdings nicht vertont.[7]

  • 1825 verfasst Grillparzer das Geschichtsdrama König Ottokars Glück und Ende.

  • 1826 reist Grillparzer nach Deutschland, wo er unter anderem Ludwig Tieck, Johann Wolfgang von Goethe und Georg Wilhelm Friedrich Hegel trifft.

  • Im März 1827 verfasst Grillparzer die Trauerrede zur Beerdigung Beethovens. Im selben Jahr verfasst er die Novelle Das Kloster bei Sendomir.

  • 1830 entsteht das Trauerspiel Ein treuer Diener seines Herrn, welches wie der Ottokar-Stoff von der Zensur bedroht ist.

  • 1831 schreibt Grillparzer die Liebestragödie Des Meeres und der Liebe Wellen und bezieht sich dabei auf die Fabel von Hero und Leander aus der griechischen Mythologie.

  • In den folgenden Jahren führen ihn weitere Reisen nach Paris und London (1836) sowie nach Athen und Konstantinopel 1843. In seiner Selbstbiografie von 1853 schreibt Grillparzer, dass die Reisen ihn frei Atem holen ließen.

  • Zwischen 1832 und 1856 ist Grillparzer Direktor des Hofkammerarchivs. Er ist dem Metternich-System (Überwachung, Zensur, Bespitzelung) ausgesetzt. Der berühmte, aber von der Zensur schikanierte, Dichter leidet unter den Einschränkungen von oben und seiner eigenen Labilität und hält dies 1853 wie folgt in seiner Selbstbiographie fest:
„In mir nämlich leben zwei völlig abgesonderte Wesen. Ein Dichter von der übergreifendsten, ja sich überstürzenden Phantasie und ein Verstandesmensch der kältesten und zähesten Art.“
  • 1834 entsteht das dramatische Märchen Der Traum ein Leben. Es ist Grillparzers letztes publikumswirksames Stück.

  • 1838 scheitert Grillparzer mit seinem philosophischen Lustspiel Weh dem, der lügt! beim Theaterpublikum und zieht sich daraufhin gekränkt aus dem literarischen Leben zurück.

  • Die Dramen Libussa, Ein Bruderzwist in Habsburg und Die Jüdin von Toledo entstehen in den darauffolgeneden Jahrzehnten, werden aber erst posthum veröffentlicht und aufgeführt.

  • Außerdem verfasst Grillparzer das Dramenfragment Esther und 1847 die Rahmennovelle Der arme Spielmann, die in der Darstellung des Protagonisten Jakob autobiografische Züge enthält.[8]

  • Ab 1849 lebt Grillparzer bis zu seinem Tod gemeinsam mit Katharina Fröhlich und ihren Schwestern in einer Wohnung in Wien.

  • 1853 schreibt Grillparzer an seiner Selbstbiographie.

  • Im Alter werden Grillparzer seine längst verdienten Ehrungen zuteil. 1847 wird er zum Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ernannt. 1859 wird ihm von der Universität Leipzig anlässlich Schillers 100. Geburtstags der Ehrendoktor verliehen, 1861 wird er lebenslanges Mitglied des österreichischen Herrenhauses und 1864 Ehrenbürger seiner Heimatstadt Wien.

  • Am 21. Januar 1872 stirbt Franz Grillparzer. Er hinterlässt Katharina Fröhlich und ihren Schwestern seinen gesamten Besitz.
  • [1] Die Tragödie König Ottokars Glück und Ende sollte ursprünglich ein Drama über Napoleon werden. Die Befürchtung, das Stück könnte zensiert werden, ließ Grillparzer den Böhmenkönig Přemysl Ottokar II. wählen, dessen Charakterzüge eindeutige Parallelen zu Napoleon aufweisen.

  • [2] Als Autonomie wird die Möglichkeit bezeichnet, nach eigenen Regeln zu leben (vgl. autonom).

  • [3] Blanka von Kastilien befindet sich nicht in der Erstausgabe Grillparzers Werke durch den Burgtheaterdirektor Heinrich Laube. Deshalb wird fälschlicherweise häufig Die Ahnfrau als Erstlingswerk bezeichnet.

  • [4] Das Jugenddrama gilt als nicht besonders gelungen, ist aber im Hinblick auf seine späteren literarisch bedeutsamen Dramen von literaturgeschichtlicher Bedeutung.

  • [5] Die Ahnfrau zählt zu den meistgespielten Stücken des 19. Jahrhunderts.

  • [6] Tradition bedeutet für Grillparzer einerseits Kontinuität, um den gesicherten, historischen Sinn zu gewährleisten und andererseits die Sicherheit und Stabilität der Identität. Der Traditionsbruch findet in den inzestuösen Beziehungen seiner Figuren, im Vatermord und im Erscheinen von Gespenstern statt.

  • [7] Die romantische Oper wird 1833 mit der Komposition Conradin Kreutzers uraufgeführt.

  • [8] In dieser Erzählung beschreibt Grillparzer die Politik und ihre Wirkung im Vormärz und zeigt „mit seiner Erzähltechnik den Übergang von der klassischen Novelle zur realistischen Schilderung“.

Werke

  • Dramen
      Blanka von Kastilien, Jugenddrama, 1807–1809
    • Die Ahnfrau, 1817
    • Sappho, 1818
    • Das goldene Vlies, 1819
    • Melusina, 1822/23, als Oper 1833 von Conradin Kreutzer vertont und uraufgeführt.
    • König Ottokars Glück und Ende, 1825
    • Ein treuer Diener seines Herrn, 1830
    • Des Meeres und der Liebe Wellen, 1831
    • Der Traum ein Leben, 1834
    • Weh dem, der lügt!, 1838
    • Libussa, um 1848, posthum veröffentlicht
    • Ein Bruderzwist in Habsburg, um 1848, posthum veröffentlicht
    • Esther, um 1848, posthum veröffentlicht
    • Die Jüdin von Toledo, um 1848, posthum veröffentlicht
  • Novellen
      Das Kloster bei Sendomir, 1827
    • Der arme Spielmann, 1847
  • Sonstiges
      Selbstbiographie, 1853
    • Tagebücher


Stichwortverzeichnis

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