Der Pentameter ist ein antiker Vers, der aus sechs Versfüßen gebildet wird. Grundsätzlich besteht der Pentameter aus sechs Daktylen (eine Hebung, zwei Senkungen), wobei nach dem dritten und sechsten Daktylus beide Senkungen entfallen. Dadurch folgen die dritte und vierte Hebung im Pentameter unmittelbar aufeinander, was als Hebungsprall bezeichnet wird (→ Versmaß).
Der Begriff lässt sich aus dem Griechischen ableiten (pente ~ fünf, metron ~ Maß) und folglich mit Fünfmaß übersetzen. Die Übersetzung des Wortes ist allerdings irreführend, da das Versmaß aus sechs Hebungen gebildet wird. Es ist also dem Hexameter recht ähnlich, wenn auch metrisch ein wenig strenger definiert. Schauen wir nun auf den Aufbau. Die Hebungen, Senkungen und die Zäsur ( || ) wurden markiert.
Das obige Beispiel zeigt, dass im Pentameter erst zwei vollständige Daktylen aufeinanderfolgen, der dritte verkürzt ist und nur aus einer einzigen Hebung besteht, woraufhin die Zäsur folgt und sich das Ganze dann wiederholt. Wenn ein Versfuß unvollständig ist, wird dieser Umstand als katalektisch bezeichnet und wenn zwei Hebungen nebeneinander stehen, sprechen wir von einem Hebungsprall. Beides liegt hierbei vor.
Dieser Vers stammt aus den Xenien, einem gemeinsamen Werk von Goethe und Schiller. Hierbei wird der offenkundige Aufbau des Pentameters strikt eingehalten: drei Daktylen, wobei der letzte einsilbig katalektisch ist, die Zäsur mit Hebungsprall und erneut drei Daktylen, wobei der letzte einsilbig katalektisch bleibt.
Die antike Metrik zählte jedoch fünf Versfüße im Pentameter und nicht sechs, wodurch sich auch der Name des Verses erklärt. Dies geschah sehr wahrscheinlich durch eine falsche Messung über die Diärese, also dem Einschnitt zwischen zwei Metren, hinweg, wobei wir den Pentameter dann als Zusammenschluss von zwei Daktylen, einem Spondeus und zwei Anapästen verstehen müssen, was folgendermaßen aussähe:
Hinweis: Im Deutschen hat sich allerdings die erste Variante durchgesetzt. Dennoch gibt es noch einige Besonderheiten, die es mitunter schwierig machen, den Pentameter auf den ersten Blick zu erkennen. Das liegt vordergründig am Trochäus und Spondeus, die teilweise Verwendung finden.
Inhaltsverzeichnis
Spondeus und Trochäus im Pentameter
Der antike Vers ist metrisch recht eindeutig definiert. Um Eintönigkeit vorzubeugen gab es aber schon damals den Ansatz, einige der Daktylen durch den Spondeus zu ersetzen, einem Versfuß, der aus zwei betonten Silben besteht. Im Deutschen wird er meist durch den Trochäus ersetzt.
Das heißt, dass es grundsätzlich im Pentameter erlaubt ist, den ersten und zweiten Daktylus, also die beiden vollständigen Versfüße vor der Zäsur, durch Spondeen zu ersetzen. Jedoch ist der Spondeus im Deutschen kaum nachzubilden, da wir beim Sprechen grundsätzlich eine Silbe stärker betonen. Deshalb wich man hierbei auf den Trochäus, also die Abfolge einer betonten und einer unbetonten Silbe, aus.
Dieses Beispiel ist die zweite Zeile eines Merkverses von Friedrich Schiller, um den Pentameter zu verdeutlichen. Schauen wir auf die betonten und unbetonten Silben, wird ersichtlich, dass ein Daktylus durch einen Trochäus ersetzt wurden. Schiller ersetzte hierbei kurzerhand den ersten Versfuß. Dennoch kann der Vers als Pentameter identifiziert werden, wofür außerdem der Hebungsprall charakteristisch ist.
– υ | – υ υ | – || – υ υ | – υ υ | –
Hinweis: Das bedeutet, dass es wichtig ist, nicht vorschnell über das Metrum eines Verses zu urteilen. Ergibt sich in einer Zeile ein durchgängiger Daktylus, wenn auch anfangs mit einem Trochäus oder Spondeus eingestiegen wurde, kann die Zeile eben dennoch als Pentameter entpuppen.
Distichon: Hexameter und Pentameter
Der Pentameter kommt in der Literatur nahezu ausschließlich zusammen mit dem Hexameter vor. Wird ein Verspaar dabei aus einem Hexameter und einem Pentameter gebildet, bezeichnen wir dieses als Distichon. Das Distichon ist vor allem typisch für das Epigramm und die Elegie.
Der Hexameter besteht ebenso aus Daktylen, wobei diese auch durch Spondeen oder Trochäen ersetzt werden können. Der letzte Daktylus ist im Hexameter um eine Silbe verkürzt, also zweisilbig katalektisch, und somit unbetont, was als weibliche Kadenz bezeichnet wird. Allerdings kann auch letzte Versfuß durch einen Spondeus ersetzt werden und somit betont sein. Die letzte Silbe ist also wechselhaft (→ Syllaba anceps).
Diese Zeile verdeutlicht somit den grundsätzlichen Aufbau. Im vorherigen Abschnitt wurde ein Vers von Friedrich Schiller vorgestellt. Dieser ist der zweite Teil eines Merkverses, der den Titel Distichon trägt und somit aus einem Hexameter und einem Pentameter gebildet wird. Schauen wir uns das an.
Im Pen | tame ter | drauf || fällt sie me | lodisch he | rab.
Dieses Werk ist selbsterklärend: der erste Vers ist ein Hexameter und der zweite ein Pentameter. Wichtig ist hierbei, dass der Hexameter ebenfalls nicht rein daktylisch ist, sondern teils aus Trochäen gebildet wird. Hierbei wurden der erste, dritte und vierte Daktylus im Hexameter durch den Trochäus ersetzt, wobei der letzte Versfuß ein verkürzter Daktylus ist. Eine genaue Erläuterung findet sich im Beitrag zum Distichon.
Wirkung und Funktion des Pentameter
Grundsätzlich ist es schwierig, einem Vers eine bestimmte Wirkung oder Funktion zuzuschreiben. Denn natürlich muss diese nicht immer stimmig sein, sondern kann von Gedicht zu Gedicht stark variieren. Dennoch gibt es einen ganz bestimmten Effekt, den der Pentameter auf den Leser ausüben kann und diesen wollen wir beschreiben.
- Der antike Pentameter ist ein Vers, der aus fünf Metra (Versfüßen) besteht. Oftmals ist jedoch der elegische Pentameter gemeint, der aus sechs Versfüßen gebildet wird. Grundsätzlich ist dies ein sechshebiger Daktylus, wobei der dritte und sechste einsilbig katalektisch sind, weshalb es nach der dritten Hebung zum Hebungsprall kommt.
- Allerdings können die ersten beiden Daktylen grundsätzlich durch Spondeen oder Trochäen ersetzt werden. Demzufolge ist es mitunter schwierig, den Pentameter unmittelbar zu erkennen, wenn nicht der gesamte Korpus des Werkes untersucht wird.
- Jedoch tritt er oft gemeinsam mit dem Hexameter auf. Diese Einheit wird als Distichon bezeichnet. Ein solches Verspaar ist vor allem für die Elegie und das Epigramm typisch, wobei das Epigramm meist aus einem Distichon besteht und die Elegie aus der Reihung von Disticha.
- Der Pentameter hat nicht den fortlaufenden Schwung des Hexameters, sondern erhält durch das zweimalige Abreißen im Rhythmus (Katalexe) eine größere Bewegtheit. Diese äußert sich vor allem im Hebungsprall, da der Rhythmus unterbrochen wird und eine Pause entsteht.
- Demzufolge eignet er sich vor allem für den Ausdruck von Unruhe, heftigen Gefühlbewegungen und Erregung oder auch Kummer. Durch die starke Zäsur wird er häufig mit der Antithese oder dem Parallelismus kombiniert, wobei er die Wirkung dieser Stilmittel stark unterstreicht.
- Hinweis: Mitunter wird als Pentameter auch ein fünfhebiger Jambus bezeichnet. Dieser findet sich im Deutschen entweder ungereimt im Blankvers oder als einfacher gereimter Vers.