Bei einem Gedichtvergleich geht es darum, zwei oder mehrere lyrische Texte (Gedichte), miteinander zu vergleichen. Dadurch erhält die einfache Gedichtanalyse eine zusätzliche Ebene und kann weitere Impulse für die Auseinandersetzung geben. Prinzipiell werden dafür Werke herangezogen, die in irgendeiner Weise miteinander zu vergleichen sind und bestimmte Gemeinsamkeiten aufweisen.
Die Grundlage des Gedichtvergleichs bildet die Gedichtanalyse. Das heißt, dass die Herangehensweise hierfür klar sein muss. Wer nicht weiß, wie er ein Gedicht analysiert, wird sich schwertun, zwei verschiedene Werke miteinander zu vergleichen. Dafür benötigen wir nämlich die Erkenntnisse einer vorangegangenen Analyse oder auch Interpretation. Diese Erkenntnisse können wir im nächsten Schritt vergleichen.
Gedichte können aufgrund vielfältiger Merkmale verglichen werden. Es ist selten, dass ein Vergleich eine Gegenüberstellung aller Aspekte verlangt. Das wäre in zahlreichen Klausuren oder Abitur-Prüfungen zeitlich nicht zu bewältigen. Deshalb ist ein Gedichtvergleich meist aspektorientiert. Das bedeutet, dass einzelne Merkmale in den Gedichten untersucht und miteinander verglichen sowie gegenübergestellt werden.
Es gibt drei Methoden, ein Gedicht mit einem anderen zu vergleichen. Für welche wir uns beim Schreiben entscheiden, ist in der Regel uns überlassen. Wir unterscheiden dabei die folgenden Verfahren:
- 1. Analyse von Gedicht B, dann Gedicht A, dann der Gedichtvergleich
- 2. Analyse von Gedicht A, dann Gedicht B vergleichend dazu (diachrone Methode)
- 3. Vergleichende Gedichtanalyse beider Gedichte (synchrone Methode)
- Prinzipiell ist es uns überlassen, welches Verfahren gewählt wird. Allerdings verweisen einige Aufgaben darauf, welches anzuwenden ist → Aufgabenstellungen des Gedichtvergleichs.
Hinweis: Nachfolgend möchten wir Ihnen die drei Verfahren genauer vorstellen und dabei auf den Aufbau der Methoden eingehen. Außerdem geben wir Tipps zur Arbeitsweise in Prüfungssituationen.
Inhaltsverzeichnis
Aufbau eines Gedichtvergleichs
Bevor Sie sich ans Schreiben machen, ist es natürlich wichtig, sich entsprechend vorzubereiten. Lesen Sie beide Texte, markieren Sie wichtige Textstellen und schlagen Sie Unklarheiten nach.
Nachfolgend möchten wir Ihnen den Aufbau aller drei Verfahren vorstellen und einige allgemeine Hinweise zu diesen geben. Bevor Sie sich also für einen Aufbau entscheiden, ist es also wichtig, dass Sie herausfinden, welches Verfahren Sie anwenden sollen oder welches sich am besten für ihren Gedichtvergleich eignet.
Methode I: Gedichtanalyse, dann Gedichtvergleich
In diesem Verfahren wird zuerst das eine Gedicht analysiert und danach das zweite. Im Anschluss stellen wir die Erkenntnisse gegenüber und schreiben daraus einen Gedichtvergleich. Diese Methode kostet viel Zeit, ist im Gegenzug aber die einfachste. Wir bearbeiten nämlich erst das eine Gedicht, dann das andere und blicken dann mithilfe der Vergleichsaspekte nochmals interpretierend auf beide Texte.
- Aufbau der ersten Methode
- Gedicht A
- Einleitung (Titel, Autor, Erscheinungsjahr, Gedichtart, Deutungshypothese)
- Hauptteil (Formale Gedichtanalyse; Stilmittel, Reimschema etc.)
- Schluss (Zusammenfassung der Analyse, Literaturepoche → begründen)
- Gedicht B
- Einleitung (Titel, Autor, Erscheinungsjahr, Gedichtart, Deutungshypothese)
- Hauptteil (Formale Gedichtanalyse; Stilmittel, Reimschema etc.)
- Schluss (Zusammenfassung der Analyse, Literaturepoche → begründen)
- Vergleich zwischen A und B
- inhaltlicher Vergleich
- formaler Vergleich
- sprachlich/stilistischer Vergleich
- Gedicht A
- Hinweis: Wenn die Aufgabenstellung einen Aspekt vorgibt oder verlangt, dass Sie die Gedichte aufgrund dieser oder jener Motive untersuchen, sollte dies natürlich besonders hervorgestellt werden.
Methode II: Diachroner Gedichtvergleich
Beim diachronen Verfahren wird zuerst die Deutung des ersten Textes erarbeitet, woraufhin der zweite mit Blick auf den Vergleichsaspekt (z. B. Naturmotive, Liebesmotive etc.) als Ergänzungstext dazu genommen wird. Durch diese Methode kann die Deutungs des ersten Textes um bestimmte Erkenntnisse erweitert werden. Idealerweise konzentrieren wir uns hierbei auf die angegebenen Vergleichsaspekte.
- Aufbau der zweiten Methode
- Gedicht A
- Einleitung (Titel, Autor, Erscheinungsjahr, Gedichtart, Deutungshypothese)
- Hauptteil (Formale Gedichtanalyse; Stilmittel, Reimschema etc.)
- Schluss (Zusammenfassung der Analyse, Literaturepoche → begründen)
- Gedicht B und Gedichtvergleich
- knappe Analyse der Form (Ergänzunganalyse)
- Anschließend werden die Aspekte der Gedichts herausgegriffen, die sich für den Gedichtvergleich anbieten. Es wird also nur bearbeitet, was für die Aufgabenstellung relevant ist
- Gedicht A
- Hinweis: Wenn die Aufgabenstellung einen Aspekt vorgibt oder verlangt, dass Sie die Gedichte aufgrund dieser oder jener Motive untersuchen, sollte dies natürlich besonders hervorgestellt werden.
Methode III: Synchroner Gedichtvergleich
Beim synchronen Gedichtvergleich stehen vor allem die gewählten Aspekte im Vordergrund. Hier werden die Gedichte gleichzeitig untersucht, wobei Merkmal für Merkmal oder Aspekt für Aspekt abgearbeitet und miteinander verglichen wird. Demzufolge geht diese Methode von dern Vergleichaspekten aus, wobei abwechselnd gezeigt wird, wie dieses oder jenes in Gedicht A und Gedicht B dargestellt wird.
- Aufbau der dritten Methode
- Gedicht A und B
- Einleitung (Titel, Autor, Erscheinungsjahr, Gedichtart, Deutungshypothese)
- Hauptteil (Formale Gedichtanalyse; Stilmittel, Reimschema etc.)
- Schluss (Zusammenfassung der Analyse)
- Zentrale Gemeinsamkeiten/Unterschiede
- Vergleich der Autoren
- Vergleich der Epochen
- Vergleich der Intentionen
- Gedicht A und B
- Hinweis: Es ist entscheidend, hierbei die Gedichte parallel zu untersuchen. Das heißt, dass die genannten Aspekte immer für beide Werke untersucht und dann aufeinander bezogen werden müssen.
Vergleichaspekte im Gedichtvergleich
Wie beschrieben, gibt es immer bestimmte Motive oder Merkmale, die bei einer solchen Untersuchung verglichen werden sollen. Diese werden grundsätzlich als Vergleichsaspekte bezeichnet.
Solche Vergleichaspekte sind meistens Merkmale, die sich in beiden Gedichten finden lassen oder verwandte Motive sowie Themen der Gedichte (Natur, Tod, Krieg etc.). Natürlich können es auch rein formale Aspekte sein, wie beispielsweise der Aufbau, die verwendeten Stilmittel, die Bildhaftigkeit sowie die Form und die Art des Gedichtes (Sonett, Elegie, Ode etc.).
In diesem Zusammenhang gibt es genau zwei Möglichkeiten: entweder werden diese Vergleichsaspekte vorgegeben oder wir können selbst bestimmen, nach welchen Kriterien die Werke untersucht werden sollen. Wenn Sie die Möglichkeit haben, die Aspekte selbst festzulegen, stellen Sie unbedingt sicher, dass diese aussagekräftig und wirklich für beide Texte charakteristisch sind.
Mögliche Vergleichsaspekte beim Gedichtvergleich | ||
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Motiv / Inhalt / Thema | Aufbau / Struktur / Form | Sprache / Rhetorik / Stil |
Aufbruch, Neuanfang, Krieg, Frieden, Liebe, Verlust, Not, Großstadt, Schmerz, Heimat, Ferne, Natur, Apokalypse etc. |
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Aspekte können meist auf die Literaturepoche bezogen werden und diesem Zusammenhang analysiert werden. |
Mögliche Aufgabenstellungen (Vergleichsaspekte)
Oftmals verrät uns die Aufgabenstellung ganz genau, welche Form des Gedichtvergleichs wir wählen sollten. Sie gibt außerdem Aufschluss darüber, welche Vergleichsaspekte betrachtet werden sollen.
- Methode I (Gedichtanalyse, dann Gedichtvergleich):
- 1. Interpretieren Sie das Gedicht von Goethe.
- 2. Interpretieren Sie das Gedicht von Schiller und vergleichen Sie es mit dem von Goethe.
- Methode II (Diachroner Gedichtvergleich):
- 1. Analysieren Sie das Gedicht Die Wanderratten von Heine.
- 2. Vergleichen Sie anschließend die Darstellung der Gesellschaft in Heines Werk mit der Darstellung im Gedicht von Brecht.
- Methode III (Synchroner Gedichtvergleich):
- 1. Vergleichen Sie, inwiefern sich die Gedichte von Rilke sprachlich und gedanklich ähneln. Erörtern Sie außerdem, was Rilke zum Schreiben der Gedichte bewogen haben könnte.
Gedichtvergleich schreiben
Nachdem wir die Aufgabenstellung gelesen und uns für eine Methode entschieden haben, geht es ans Schreiben der Arbeit. Nachfolgend möchten wir Ihnen einige Tipps zum Formulieren vorstellen.
Im Vergleich zu einer normalen Gedichtanalyse muss man bei einem Gedichtvergleich in der Regel auf einige Dinge verzichten. Halten wir uns zu lange bei der Analyse der einzelnen Strophen auf, verlieren wir natürlich Zeit, die vor allem in Prüfungssituationen wichtig ist. Deshalb sollten wir uns beim Schreiben auf das Wesentliche konzentrieren.
Vollkommen gleich, ob die Gedichte nun nacheinander oder eben parallel untersucht werden, ist es sogar für einen sehr schnellen Schreiber ein Ding der Unmöglichkeit, auf alle Einzelheiten der Texte näher einzugehen. Deshalb müssen die wesentlichen Punkte der Interpretation zwar ausgearbeitet werden, doch das Beiwerk kann durchaus nur am Rande erwähnt werden.
Wie bereits dargestellt, gibt es drei gängige Verfahren, lyrische Werke miteinander zu vergleichen. Bei der ersten Methode wird jedes Gedicht einzeln betrachtet und anschließend mit dem anderen Werk verglichen. Das hat den Vorteil, dass wir nicht Gefahr laufen, das Wichtigste zu vergessen, dafür geht diese Vorgehensweise jedoch enorm auf die Zeit.
Entscheiden wir uns für die diachrone Methode, sieht das anders aus. Hierbei untersuchen wir zuerst das eine Gedicht und ziehen lediglich für die einzelnen Vergleichsaspekte den anderen Text heran. Dieser wird demnach nur ergänzend betrachtet. Der Vorteil ist, dass dieses Vorgehen natürlich eleganter erscheint und zeitsparender ist. Der Nachteil ist allerdings, dass schnell wesentliche Aspekte des zweiten Gedichtes vernachlässigt werden.
Sollte es das synchrone Verfahren werden, birgt diese Vorgehensweise wohl das größte Zeitersparnis. Wir untersuchen die Gedichte gleichzeitig, schreiben für beide eine Einleitung, betrachten beide im Hauptteil und können hierbei gleich den Vergleich wagen. Diese Vorgehensweise ist anspruchsvoll, da die Gedichte permanent aufgrund ihrer Aspekte zusammengebracht werden müssen.